I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) berücksichtigte im Streitjahr 2000 bei der Ermittlung seiner gewerblichen Einkünfte u.a. Verluste aus Aktiengeschäften. Die im Laufe des Streitjahres für Aktienkäufe verwandten betrieblichen Mittel hatte er in seinem Gewerbebetrieb als Entnahme und die Erlöse aus Aktienverkäufen als Einlage gebucht. In einer für das Streitjahr erstellten Arbeitsbilanz vom 4. Oktober 2001 wies der Kläger erstmals die Wertpapiere als Gegenstände des Betriebsvermögens (Umlaufvermögens) aus, stornierte die vorangegangenen Entnahme- und Einlagebuchungen und buchte sie auf ein Bestandskonto "Wertpapiere" im Umlaufvermögen um.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ordnete den Verlust aus Aktiengeschäften den sonstigen Einkünften nach § 23 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu und versagte einen Verlustausgleich mit den gewerblichen Einkünften.
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte in den Streitpunkten keinen Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006,
Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verfassungswidrigkeit von § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG.
Der Kläger beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Einkommensteuer des Streitjahres unter unbeschränktem Verlustausgleich der sonstigen Einkünfte mit den gewerblichen Einkünften festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Wertveränderungen der Aktien sowie die Erlöse und Verluste des Klägers aus Aktienverkäufen nicht bei seinen gewerblichen Einkünften zu berücksichtigen sind.
1. Das Einbeziehen in die Ermittlung des gewerblichen Gewinns hat das FG zu Recht abgelehnt, weil die Aktien kein Betriebsvermögen des Gewerbetriebs des Klägers sind. Die im Streitfall allein in Betracht kommende Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen scheidet aus, weil nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit den Senat bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) im Zeitpunkt der Einlage der Aktien bereits fest stand, dass sie dem Betrieb keinen Nutzen, sondern nur Verluste bringen würden (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. Oktober 1999
2. Zu Unrecht macht der Kläger jedoch geltend, die Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften seien mit den im Streitjahr erzielten positiven Einkünften aus Gewerbebetrieb im Wege des sog. vertikalen Verlustausgleichs zu verrechnen.
a) Der Wortlaut des § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG schließt einen solchen sog. vertikalen Verlustausgleich zwischen privaten Veräußerungsverlusten i.S. des § 23 Abs. 1 EStG und positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausdrücklich aus. Danach sind Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften nur bis zur Höhe des Gewinns, den der Steuerpflichtige im gleichen Kalenderjahr aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt hat, auszugleichen, nicht aber nach § 10d EStG abzuziehen. Sie mindern lediglich nach Maßgabe des § 10d EStG die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum oder in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus privaten Veräußerungsgeschäften nach Abs. 1 erzielt hat oder erzielt (§ 23 Abs. 3 Satz 9 EStG).
b) Diese Regelungen sind nicht --wie vom Kläger vorgebracht-- wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verfassungswidrig.
aa) Ausgangspunkt für die verfassungsrechtliche Prüfung ist die nach der Rechtsprechung des BFH gegebene und zu Recht weder von den Beteiligten noch vom FG in Zweifel gezogene generelle Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG i.d.F. ab 1999 und damit auch für das Streitjahr 2000 (vgl. BFH-Urteil vom 29. November 2005
Des Weiteren ist der BFH in seinem Urteil vom 1. Juni 2004
bb) Dass Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften nach den Regelungen in § 23 Abs. 3 Satz 8 und 9 EStG nur beschränkt abziehbar sind, führt zu keiner verfassungswidrigen Ungleichbehandlung.
aaa) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln; er ist (nur) verletzt, wenn
- sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt oder
- eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfG-Urteil vom 6. März 2002
Im Rahmen bereichsspezifischer Konkretisierung der allgemeinen gleicheitsrechtlichen Maßstäbe wird die Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte tatbestandlich zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, auf dem Gebiet des Steuerrechts und speziell des Einkommensteuerrechts durch die Gebote der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und der Folgerichtigkeit begrenzt (vgl. m.w.N. näher BVerfGE 105,
bbb) Nach diesen Maßstäben ist ein Verstoß der angegriffenen Regelungen gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht gegeben.
Die privaten Veräußerungsgeschäfte und ihre einkommensteuerrechtliche Erfassung in § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG weisen Besonderheiten auf, die es rechtfertigen, für daraus erzielte Verluste nicht die für Verluste aus anderen Einkunftsarten geltenden Regelungen für den Verlustabzug (einschließlich des vertikalen Verlustausgleichs) anzuwenden, sondern Sonderregelungen wie diejenigen in § 23 Abs. 3 Satz 8 und 9 EStG vorzusehen.
(1) Eine solche --die angefochtene Sonderregelung rechtfertigende-- Besonderheit ist die Tatsache, dass der Gesetzgeber die Gewinne und Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht uneingeschränkt der Einkommensbesteuerung unterwirft, sondern --anders als bei anderen Einkunftsarten-- nur, soweit sie durch Veräußerungsgeschäfte innerhalb einer bestimmten Frist nach Erwerb der Veräußerungsgegenstände entstanden sind. Daran hat sich durch die Verlängerung der Veräußerungsfristen im Grundsatz nichts geändert.
Denn nach dem Sinn und Zweck des § 23 EStG sollen --unberührt durch die seit 1999 geltenden Änderungen-- (nur) Wertmehrungen aus verhältnismäßig kurzfristigen Wertdurchgängen eines Wirtschaftsguts im Privatvermögen des Steuerpflichtigen der Einkommensteuer unterworfen werden (vgl. BFH-Urteile vom 30. November 1976
Die Vorschrift räumt dem Steuerpflichtigen damit --anders als die Regelungen anderer Einkunftsarten-- die Möglichkeit ein, durch die Wahl des Veräußerungszeitpunkts über den Eintritt des Steuertatbestandes zu entscheiden und damit sein Grundrecht der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG in Anspruch zu nehmen (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 204,
(2) Diese entscheidungserhebliche Besonderheit der --grundsätzlichen-- Dispositionsmöglichkeit rechtfertigt es, die streitigen Einkünfte i.S. des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG von dem vertikalen Verlustausgleich nach Maßgabe des § 10d EStG auszuschließen und den Verlustausgleich nur durch Verrechnung mit positiven Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften in früheren oder späteren Veranlagungszeiträumen nach § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG zuzulassen. Denn ohne den Ausschluss des vertikalen Verlustausgleichs hätte es der Steuerpflichtige in der Hand, einerseits Verluste steuermindernd geltend zu machen, aber andererseits Gewinne durch entsprechende Disposition über den Zeitpunkt der Veräußerung steuerfrei vereinnahmen zu können. Damit würde der Steuerpflichtige mit seinen Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften gegenüber Steuerpflichtigen mit (ausschließlichen) Einkünften aus anderen Einkunftsarten im Hinblick auf den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ohne hinreichenden sachlichen Grund begünstigt.
(3) Das sog. Nettoprinzip als eine Ausprägung des Leistungsfähigkeitsprinzips (Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl., § 4 Rz. 113, § 9 Rz. 42 f.; Mellinghoff, Die Steuerberatung --Stbg-- 2005,
Es gebietet zwar den Abzug von (erwerbssichernden) Aufwendungen, die mit der Einkunftserzielung in einem unmittelbaren Sachzusammenhang stehen, allerdings von Verfassungs wegen nicht notwendigerweise in jedem einzelnen --aus rein erhebungstechnischen Gründen gewählten-- Veranlagungszeitraum. Danach wird eine Beschränkung des vertikalen Verlustausgleichs durch das allgemeine Leistungsfähigkeitsprinzip nicht grundsätzlich ausgeschlossen, solange nur tatsächlich entstandene Verluste überhaupt, ggf. in einem anderen Veranlagungszeitraum, steuerlich berücksichtigt werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 9. Mai 2001
Diesen Anforderungen genügt die nach § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG mögliche Verlustverrechnung mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften in Rücktrags- und Vortragsjahren; sie führt im Ergebnis hinsichtlich der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften zu einer zutreffenden Ermittlung des Totalgewinns (BFH-Urteil in BFHE 206,
(4) Der Einwand des Klägers, § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG lasse unter Verstoß gegen das subjektive Nettoprinzip echte --mit dem Entzug von Liquidität verbundene-- negative Einkünfte einstweilen unberücksichtigt, die höher seien als die positiven Einkünfte aus anderen Einkunftsarten, vermag unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG allenfalls die Notwendigkeit eines uneingeschränkten vertikalen Verlustausgleichs zwischen sich in ihrer Struktur entsprechenden Einkunftsarten zu begründen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 6. März 2003,
c) Der Kläger rügt auch zu Unrecht die Verfassungswidrigkeit des § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG in Bezug auf Art. 14 GG. Eine Beeinträchtigung seines Eigentums durch diese Regelung ist weder von ihm schlüssig vorgebracht noch sonst ersichtlich.
mit Kurzkommentar, AuA 2007, 170