BMF-Schreiben zum Abkommen über den steuerlichen Informationsaustausch TIEA

Das BMF hat sich in einem aktuellen Schreiben über die Anwendung der Abkommen über den steuerlichen Informationsaustausch (Tax Information Exchange Agreement – TIEA) geäußert.

Die Bundesrepublik Deutschland hat mit verschiedenen Staaten entsprechende zwischenstaatliche Abkommen über einen steuerlichen Informationsaustausch abgeschlossen. In diesem Rahmen kann die behördliche Unterstützung durch andere Staaten sowohl im Besteuerungsverfahren als auch im Steuerstraf- und Bußgeldverfahren erfolgen.

Umgekehrt gewährt die Bundesrepublik auch auf Ersuchen anderen Staaten einen entsprechenden Informationsaustausch. Ein spontaner oder automatischer Informationsaustausch ist allerdings in den entsprechenden Abkommen nicht vorgesehen. Vielmehr erfolgt eine Unterstützung jeweils im Einzelfall.


Hinweis:

Das Tax Information Exchange Agreement (TIEA) ist unabhängig zu sehen zum Gesetz zum automatischen Informationsaustausch in Steuersachen, das Ende 2015 von Bundestag und Bundesrat beschlossen wird.


Allgemeines zur TIEA

Die TIEAs erfüllen eine Doppelfunktion. Sie stellen zunächst Abkommen dar, in denen sich die Bundesrepublik Deutschland und der betreffende andere Staat zur Amtshilfe verpflichtet haben. Die Amtshilfe erfolgt auf Ersuchen im Einzelfall durch Übermittlung von voraussichtlich steuerlich relevanten Informationen. Im Wesentlichen sind die folgenden Steuerarten betroffen: Einkommen-, Körperschaft-, Gewerbe-, Vermögen-, Umsatz-, Versicherung-, Erbschaftsteuer sowie die ggf. darauf erhobenen Zuschläge.

Die Abkommen sind nicht auf den reinen Informationsaustausch beschränkt. In einigen Abkommen ist die Möglichkeit vorgesehen, dass auch Personal in einem anderen Staat tätig werden darf. Dafür sehen die Abkommen allerdings sehr strenge Auflagen vor.

Neben der beschriebenen Amtshilfe sind die Abkommen zugleich auch als bilaterale Verträge auf dem Gebiet der justiziellen Rechtshilfe in Steuerstrafsachen anzusehen. Diese zweite Funktion der TIEA dient dem Zweck der Strafverfolgung. Es gelten insoweit auch die Grundsätze der justiziellen Rechtshilfe. Nach den entsprechenden Abkommen ist diese Form der Rechtshilfe auf die Übermittlung von Informationen, die der Förderung eines Steuerstraf- oder Bußgeldverfahrens dienen, beschränkt. Eine weitergehende Rechtshilfe ist danach nicht vorgesehen.

Der Staat, an den das Rechtshilfeersuchen gerichtet wurde, bestimmt den Umfang strafprozessualer Maßnahmen, wie z.B. Durchsuchungen oder Zeugenvernehmungen. Herr des Verfahrens bleibt damit immer der Staat, an den das Ersuchen im Rahmen der Rechtshilfe gerichtet wurde.


Hinweis:

Die Rechtshilfe aufgrund anderer Abkommen oder sogar ohne vertragliche Grundlage bleibt unberührt und ist daher weiterhin möglich.


Zwischenstaatliche Amtshilfe

Die Grundsätze zur zwischenstaatlichen Amtshilfe sind im BMF-Schreiben vom 25.05.2012 geregelt. Sie wird durch Informationsaustausch beansprucht und gewährt, wenn die Finanzbehörden grenzüberschreitende Sachverhalte nicht angemessen aufklären können, weil sie bei ihren Ermittlungen auf das eigene Staatsgebiet beschränkt sind. Der zwischenstaatliche Informationsaustausch dient auch der Sachverhaltsaufklärung zugunsten des Steuerpflichtigen.

Auch bei grenzüberschreitenden Sachverhalten soll er den deutschen Finanzbehörden eine den deutschen Steuergesetzen und den Finanzbehörden des anderen Staates eine den dort geltenden Steuergesetzen entsprechende gleichmäßige und wettbewerbsneutrale Besteuerung ermöglichen.

Bei der Durchführung des Informationsaustauschs haben die Finanzbehörden den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, den gesetzmäßigen Schutz des Steuerbürgers (einschließlich der Wahrung des Steuergeheimnisses) sowie die Gegenseitigkeit und Ausgewogenheit des Informationsaustauschs zu wahren.

Im Rahmen von Auskunftsersuchen nach TIEA müssen die Finanzämter Standardformulare verwenden. Dabei ist der Sachverhalt umfassend und ausführlich darzustellen, um Rückfragen zu vermeiden.


Hinweis:

Grundsätzlich sind Auskünfte nur für Besteuerungszeiträume zulässig, die am Tag oder nach dem Tag des Inkrafttretens des jeweiligen Abkommens beginnen. Wenn es keine Besteuerungszeiträume gibt, sind die Abkommen für Steuerbeträge anwendbar, die am oder ab dem Tag des Inkrafttretens entstehen.


Verhältnis von Amtshilfe zum Steuerstrafverfahren

Die Steuerfahndung kann wahlweise als Strafverfolgungsbehörde oder als Finanzbehörde im Besteuerungsverfahren tätig werden. Das BMF hebt hervor, dass ein anhängiges Steuerstrafverfahren den Amtshilfeweg nicht sperrt. Für die Frage, ob der Amtshilfeweg oder im Strafverfahren der Rechtshilfeweg beschritten wird, gelten die folgenden Grundsätze:

Haben sich erste Anhaltspunkte für die Begehung einer Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit zu einem Anfangsverdacht verdichtet und ist daher ein Steuerstraf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet worden, ist der Rechtshilfeweg zu beschreiten, wenn das Steuerstrafverfahren gefördert werden soll. Unerheblich ist dabei, wenn im Zusammenhang mit den steuerstrafrechtlichen bzw. bußgeldrechtlichen Ermittlungen die Besteuerungsgrundlagen ermittelt werden sollen. Die auf diese Weise erlangten Erkenntnisse können dann auch unmittelbar im Besteuerungsverfahren verwendet werden.

Auch nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens können Informationen im Wege der Amtshilfe in anderen Staaten eingeholt werden, wenn mit der im Ersuchen begehrten Auskunft das Besteuerungsverfahren gefördert werden soll. Dabei ist allerdings § 393 AO zu beachten, nach dem insbesondere Zwangsmittel nicht mehr zulässig sind. Nach Einleitung des Steuerstrafverfahrens kann damit nur im Wege der Amtshilfe um die Erteilung von Auskünften ersucht werden, soweit die Ermittlungsmaßnahme objektiv nicht der Verfolgung der Steuerstraftat dient.

In Fällen, in denen davon auszugehen ist, dass Steuern hinterzogen wurden und die Besteuerungsgrundlagen im Wege der Amtshilfe ermittelt werden sollen, kann das Ersuchen, da es sich auf eine „Steuerstrafsache“ im Sinne der Abkommen bezieht, auch für Zeiträume vor dem Inkrafttreten der Abkommen gestellt werden. Davon ausgenommen sind die Abkommen mit Liechtenstein, Bermuda und Bahamas.

Die TIEAs, die sich auf Rechtshilfe zur Förderung eines Steuerstraf- oder Bußgeldverfahrens beziehen, beinhalten ebenfalls die Informationsübermittlung durch den ersuchten Staat. Wie sich der ersuchte Staat die erbetenen Informationen verschafft, hängt vom dortigen innerstaatlichen Recht ab. Die betreffenden deutschen Finanzbehörden müssen ihr Ersuchen auf dem jeweils vorgesehenen Dienstweg an das Bundesamt für Justiz als Bewilligungsbehörde leiten.

Einreise von ausländischen Bediensteten

Die entsprechenden Abkommen mit den einzelnen Staaten können auch vorsehen, dass Bedienstete des ersuchenden Staates in das Gebiet des ersuchten Staates einreisen. Sie können dort zwecks einer besseren Kommunikation mit dem Ziel einer leichteren und schnelleren Sachverhaltsaufklärung bestimmte eigenständige Ermittlungshandlungen vornehmen.

Danach dürfen Bedienstete des ersuchenden Staates im Hoheitsgebiet des anderen Staates Befragungen vornehmen und Unterlagen prüfen. Voraussetzung hierfür ist, dass diese Vorgehensweise nach dem Recht des ersuchten Staates zulässig ist und die zuständige Behörde des ersuchten Staates die Einreise zum Zweck der vorgenannten Ermittlungshandlungen gestattet hat.

Allerdings müssen die Beteiligten diesem Vorgehen zustimmen. Sofern ein entsprechendes Ersuchen an die deutsche Finanzverwaltung gerichtet wird, muss das BZSt in Absprache mit der zuständigen obersten Landesfinanzbehörde die betroffenen inländischen Beteiligten unterrichten und um Abgabe einer schriftlichen Einwilligungserklärung bitten, die inhaltlich begrenzt werden kann.

Außerdem ist die Zustimmung des Bundeszentralamts für Steuern und der zuständigen obersten Landesfinanzbehörde nötig, die Ermittlungshandlungen der ausländischen Bediensteten zu dulden. Die Zustimmung wird nur unter der Bedingung erteilt, dass inländische Bedienstete während der gesamten Dauer der Befragung und der Einsichtnahme der Unterlagen anwesend sind. Wichtig ist dabei, dass die ausländischen Bediensteten keine eigenen Prüfungshandlungen vornehmen dürfen, sondern vielmehr eine passive Rolle einnehmen.

Fazit: BMF zu den TIEAs

Das neue BMF-Schreiben verdeutlicht die Bedeutung des internationalen Informationsaustauschs in Steuersachen aus Sicht des BMF. Aus Sicht des Steuerberaters bzw. des Beteiligten ist wichtig, dass ausländische Finanzbehörden keine eigenen Prüfungshandlungen in Deutschland vornehmen dürfen. Vielmehr bleibt die nationale Finanzbehörde Herrin des Verfahrens.

Quellen:

Steuer-Telex, Ausgabe 47/ 2015

BMF -Schreiben v. 10.11.2015 - IV B 6 - S 1301/11/10002

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