I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erwarb durch Vertrag vom 6. Dezember 1976 mit Wirkung vom 1. Januar 1977 sämtliche Anteile an der M-GmbH in Höhe von insgesamt 700.000 DM. Nach dem Vertrag wurde der Kaufpreis mit einem Betrag vereinbart, der dem buchmäßigen Reinvermögen der M-GmbH per 31. Dezember 1976 entspricht (Stammkapital zuzüglich offener Rücklagen, zuzüglich bzw. abzüglich Jahresergebnis 1976 und abzüglich etwaiger festgestellter und ausgeschütteter Zwischendividenden). Im Frühjahr 1977 beschloß die Gesellschafterversammlung der M-GmbH eine Gewinnausschüttung für 1976 in Höhe von 440.000 DM, die der Klägerin mit Wertstellung zum 31. Mai 1977 gutgeschrieben und mit dem Restkaufpreis verrechnet wurde.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -FA-) erkannte die gesonderte Aktivierung des Anspruchs auf Gewinnausschüttungen nicht an, sondern behandelte den in 1977 ausgeschütteten Gewinn als erfolgswirksam zu buchende Betriebseinnahme.
Die nach erfolglosem Einspruch eingelegte Klage sah das Finanzgericht (FG) in dem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1985,
Das FA rügt mit der Revision unzutreffende Auslegung des Kaufvertrages vom 6. Dezember 1976 zwischen der Klägerin und der Verkäuferin durch das FG und die Verletzung von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1977).
Es beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
II. Die Revision ist begründet.
Das Urteil des FG wird aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Die Klägerin kann nicht geltend machen, daß deswegen kein Gewinnanteil aufgrund der im Jahre 1977 beschlossenen Gewinnausschüttung angefallen sei, weil mit der Ausschüttung ein gleichhoher Aktivposten "Gewinnanspruch" weggefallen sei. Ein derartiger Aktivposten bestand nicht.
1.1. Der Kaufpreis, der aufgrund des Vertrages vom 6. Dezember 1976 ermittelt wurde, entspricht den Anschaffungskosten der von der Klägerin erworbenen Beteiligung, so daß Anschaffungskosten für ein anderes erworbenes Wirtschaftsgut nicht in Betracht kommen können. Die Klägerin erwarb nur ein Wirtschaftsgut, nämlich die Beteiligung an der M-GmbH. Das "Jahresergebnis 1976" ist nur eine Komponente für den Wert der Beteiligung bzw. für die Ermittlung des Kaufpreises und schlägt sich damit in den Anschaffungskosten der Beteiligung nieder. Die erworbene Beteiligung umfaßt auch die Gewinne, die im Zeitpunkt des Anteilserwerbs noch nicht festgestellt sind. Dies ergibt sich aus dem Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) und der Rechtsprechung hierzu. Die Gesellschafter haben Anspruch auf den Reingewinn nach § 29 Abs. 1 GmbHG in der für das Streitjahr gültigen Fassung, wobei der Gewinnanspruch erst mit dem Gewinnverteilungsbeschluß entsteht (Urteil des Reichsgerichts -RG- vom 16. April 1920
Damit erhält der Erwerber einer Beteiligung u.a. auch die Möglichkeit, den Anspruch gegen die GmbH entsprechend den erworbenen Geschäftsanteilen (§ 29 Abs. 2 GmbHG in der für das Streitjahr gültigen Fassung) hinsichtlich des Gewinns zu erlangen, der beim Erwerb der Beteiligung noch nicht festgestellt war. Der mit dem Gewinnverteilungs- bzw. Feststellungsbeschluß entstehende Anspruch auf Ausschüttung dieses Gewinns ist Ausfluß des Gewinnbezugsrechts, das gemäß § 29 Abs. 1 GmbHG den Gesellschaftern zusteht und als unselbständiger Bestandteil des erworbenen Mitgliedschaftsrechts anzusehen ist (vgl. RGZ 98,
1.2. Demgegenüber ist unerheblich, daß der Gewinnanspruch abgetreten werden kann (vgl. Urteil in RGZ 98,
Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß von einer anderen Betrachtung auszugehen wäre, wenn die Gewinnansprüche zeitlich vor der Beteiligung übertragen würden. Die Anschaffungskosten für die Gewinnansprüche und für die Beteiligung wären mit dem Beteiligungserwerb als Anschaffungskosten anzusehen, die ausschließlich auf die Beteiligung entfallen. Erwirbt jemand einen abspaltbaren Teil eines Wirtschaftsguts und danach das Wirtschaftsgut als solches, setzen sich die Anschaffungskosten des Wirtschaftsguts aus den Anschaffungskosten für den vorweg erworbenen Teil und den danach entstandenen Anschaffungskosten zusammen. Auf den vergleichbaren Fall, daß ein Steuerpflichtiger eine Beteiligung durch den Erwerb weiterer Anteile aufstockt (vgl. hierzu Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 14. Februar 1973 I R 76/71 , BFHE 108, 532, BStBl II 1973, 397) oder zu einem Grundstück noch einen Grundstücksstreifen hinzu erwirbt, der als unselbständiger Teil des Gesamtgrundstücks anzusehen ist (vgl. BFH-Urteil vom 6. Dezember 1978
1.3. Der Annahme, neben der Beteiligung werde noch ein Wirtschaftsgut erworben, steht eine weitere Erwägung entgegen. Würde man es für zulässig halten, daß der beim Erwerb einer Beteiligung zu zahlende Kaufpreis als nicht auf die Beteiligung fallend ausgewiesen wird, soweit er sich auf Jahresüberschüsse bezieht, die zum Zeitpunkt des Erwerbs noch nicht in die Gewinnfeststellung eingegangen sind, könnte mit demselben Recht verlangt werden, die Teile des Kaufpreises nicht als Anschaffungskosten der Beteiligung anzusehen, die dem Gewinnvortrag, den Rücklagen und den stillen Reserven der GmbH entsprechen. Sieht man die gesonderte Erfassung hinsichtlich des Jahresüberschusses mit dem Argument für zulässig an, daß künftige Gewinnansprüche abgetreten werden können, muß man auch die gesonderte Erfassung des auf Gewinnvortrag, Rücklagen und stille Reserven der GmbH entfallenden Kaufpreises für zulässig halten. Letztlich können nämlich auch diese Positionen zu Gewinnausschüttungen an den Erwerber der Beteiligung führen (vgl. auch Becker, GmbH-Rundschau -GmbHR- 1941,
1.4. Die Klägerin kann sich für ihre Auffassung nicht auf den Beschluß des Großen Senats des BFH vom 16. Juli 1968
1.5. Der Senat folgt mit seiner Auffassung der Rechtsprechung des VIII. Senats, der in vergleichbaren Fällen im Rahmen des Privatvermögens stets von einheitlichen Anschaffungskosten ausgegangen ist (vgl. Urteile vom 3. August 1976
1.6. Die Klägerin kann aus der Vorschrift des § 101 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nicht herleiten, daß sie neben der Beteiligung ein weiteres Wirtschaftsgut erworben hat. § 101 BGB regelt den Fall, daß jemand berechtigt ist, die Früchte eines Rechts bis zu einem bestimmten Zeitpunkt bzw. von einem bestimmten Zeitpunkt an zu ziehen. Die Vorschrift kommt damit auch bei der Übertragung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zum Zuge. Die Gewinnausschüttungen der Kapitalgesellschaft sind die Früchte der Beteiligung (§ 99 Abs. 2 BGB). Bis zum Wirksamwerden der Übertragung ist der bisherige Inhaber, ab dem Wirksamwerden der Übertragung der Neuinhaber zur Ziehung der Früchte berechtigt, d.h. der Neuinhaber des Anteils erlangt aus einem Gewinnverteilungsbeschluß nach Wirksamwerden der Übertragung einen Anspruch auf Gewinn. Wenn nichts anderes bestimmt ist, gebührt, wenn die Früchte in Gewinnanteilen bestehen, dem Berechtigten ein der Dauer seiner Berechtigung entsprechender Anteil. Die Vorschrift regelt dabei lediglich die schuldrechtlichen Verhältnisse zwischen zwei aufeinanderfolgenden Fruchtziehungsberechtigten (vgl. Dilcher in Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, § 101 Anm. 1). Haben die Vertragsparteien -was außergewöhnlich sein dürfte- nichts über den Ausgleich vereinbart, ist die Anwendung der Vorschrift auf den Übergang von GmbH-Anteilen nicht eindeutig. Die Fragen sind letztlich deswegen nicht geklärt, weil die Vertragsparteien regelmäßig eine Vereinbarung treffen, die einen Rückgriff auf die Vorschrift des § 101 BGB nicht notwendig macht. Grundlage des Kaufpreises ist vielmehr bei dem Erwerb eines GmbH-Anteils neben dem Ertragswert regelmäßig die vor der Übertragung aufgestellte Bilanz der GmbH. Da die Höhe des Jahresüberschusses, der bis zur Übertragung angefallen ist, regelmäßig nicht bekannt ist, wird darüber im Rahmen des Kaufvertrags eine Vereinbarung getroffen. Dies kann einmal in der Form geschehen, daß die Beteiligten von dem geschätzten Betrag ausgehen und vereinbaren, daß es bei einem Abweichen des tatsächlich bis zur Übertragung angefallenen Jahresüberschusses von dem geschätzten Betrag zu keiner gegenseitigen Ausgleichspflicht kommt. Denkbar ist auch, daß die Beteiligten eine Ausgleichspflicht vereinbaren. In jedem Fall ist durch eine derartige Vereinbarung eine andere Bestimmung i.S. des § 101 BGB getroffen, obwohl sich die Vereinbarung nicht auf die Gewinnanteile bezieht, hinsichtlich derer § 101 BGB eine Ausgleichspflicht vorsieht. Die Vereinbarung stellt nicht darauf ab, ob der Erwerber eine Gewinnausschüttung erhält, sondern nur auf den bis zur Übertragung angefallenen Jahresüberschuß der GmbH.
Im Streitfall ist keine Vereinbarung im dargelegten Sinne getroffen. Die Vertragsparteien haben die Höhe des Kaufpreises in dem am 6. Dezember 1976 abgeschlossenen Vertrag von der Höhe des Buchvermögens der M-GmbH zum 31. Dezember 1976 abhängig gemacht. Selbst wenn man der Auffassung der Klägerin folgen könnte, daß der Vertrag neben der Abtretung der Beteiligung die Abtretung eines Gewinnbezugsrechts vorsehe, könnte die Klägerin aus der Vereinbarung nicht ableiten, daß sie ein Entgelt für die Abgeltung des dem Verkäufer zustehenden Anspruchs aus § 101 BGB aufgewandt hat. Aus der getroffenen Vereinbarung ergibt sich, daß dem Verkäufer ein derartiger Anspruch von vornherein nicht zustand.
Der Kaufpreis für die Beteiligung kann auch nicht zum Teil als Erfüllung eines derartigen Anspruchs des Veräußerers angesehen werden (so das Schreiben des Bundesministers der Finanzen -BMF- vom 18. März 1980 IV B 7 - S 2999 b - 3/80, BStBl I 1980,
Ergänzend sei darauf hingewiesen, daß sich aus der Entscheidung des RG vom 14. November 1912
1.7. Der Senat setzt sich mit seiner Ansicht nicht in Widerspruch zu dem Urteil des BGH vom 3. November 1975
1.8. Die Klägerin kann sich für ihre Auffassung nicht auf § 21 Abs. 1 Nr. 4 EStG berufen. Danach zählen zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch Einkünfte aus der Veräußerung von Miet- und Pachtzinsforderungen, die in dem Veräußerungspreis von Grundstücken enthalten sind, wenn die Miet- oder Pachtzinsen sich auf einen Zeitraum beziehen, in dem der Veräußerer noch Besitzer war. Einer entsprechenden Anwendung der Vorschrift, die ohnehin nur die Besteuerung des Veräußerers regelt, steht schon entgegen, daß sie Ansprüche betrifft, die im Zeitpunkt der Veräußerung des Grundstücks schon entstanden sind, während im Streitfall die Behandlung von Ansprüchen fraglich ist, die dem Veräußerer einer Beteiligung im Zeitpunkt der Veräußerung noch nicht zustehen (vgl. auch RStBl 1929, 607).
1.9. Der Senat gibt seine im Urteil vom 30. Oktober 1973
1.10. Mit seiner Entscheidung weicht der Senat nicht von dem BFH-Urteil vom 22. Mai 1984 VIII R 316/83 (BFHE 141, 255, BStBl II 1984, 746) ab. Das Urteil betrifft Einkünfte aus Kapitalvermögen. Es bejaht -in Übereinstimmung mit der vorliegenden Entscheidung-, daß dem Erwerber die Gewinnausschüttungen zuzurechnen sind, die an ihn nach dem Anteilserwerb ausgeschüttet werden. Der VIII. Senat hat es ausdrücklich offengelassen, ob er der in dem Urteil in BFHE 111,
2. Die Gewinnausschüttung ist bei der Klägerin im Streitjahr 1977 zu erfassen, in dem sie ihr zugeflossen ist. Zwar ist nach den Urteilen des erkennenden Senats vom 2. April 1980
Das Urteil in BGHZ 65,
3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat -von seinem Standpunkt aus zu Recht- nicht geprüft, ob die von der Klägerin begehrte Minderung des steuerpflichtigen Einkommens nicht unter dem Gesichtspunkt des Ansatzes der Beteiligung mit dem niedrigeren Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG) in Betracht kommt. Der Teilwert der Beteiligung der Klägerin an der M-GmbH kann zu dem im Streitjahr liegenden Bilanzstichtag der Klägerin unter dem Buchwert liegen, wie er sich aufgrund der Rechtsansicht des Senats ergibt. Das FG erhält durch die Zurückverweisung Gelegenheit, die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu treffen.