I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, betrieb im Streitjahr 2003 einen Autohandel. Ihr Stammkapital hielt die X-GmbH & Co. KG, die gleichermaßen alleinige Anteilseignerin einer anderen GmbH, der A-GmbH, --ebenfalls ein Autohandelsbetrieb-- war. Im Gegensatz zu Letzterer erwirtschaftete die Klägerin mehrere Jahre lang Verluste. Nachdem der Hersteller der von ihr vertriebenen Automobile den mit ihr geschlossenen Händlervertrag gekündigt hatte, meldete sie ihr Gewerbe ab und verlegte den Ort ihrer Geschäftsleitung in die Räumlichkeiten der X-GmbH & Co. KG.
Durch notariellen Vertrag vom 27. August 2004 übertrug die A-GmbH ihr Vermögen als Ganzes auf die Klägerin gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme. Die Übernahme des Vermögens der übertragenden Gesellschaft erfolgte im Innenverhältnis rückwirkend mit Ablauf des 31. Dezember 2003. Zugleich änderte die Klägerin ihre Firma in A-GmbH.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) vertrat die Auffassung, die bestehenden Verlustvorträge der Klägerin zur Körperschaftsteuer und die vortragsfähigen Gewerbeverluste seien auf Grund der Verschmelzung nicht mehr berücksichtigungsfähig. Er ging von einem Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 der Abgabenordnung (AO) i.d.F. vom 1. Oktober 2002 (BGBl I 2002,
Mit ihrer dagegen gerichteten Klage beantragte die Klägerin sinngemäß, diese Bescheide dahingehend abzuändern, dass der verbleibende Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2003 um ... € auf ... € und der vortragsfähige Gewerbeverlust zum 31. Dezember 2003 um ... € auf ... € erhöht und "dass diese Erhöhungen auch bei den o.g. Folgebescheiden ... berücksichtigt" werden. Die Klage blieb erfolglos. Auch das Thüringer Finanzgericht (FG) sah die Verschmelzung unter den gegebenen Umständen als rechtsmissbräuchlich an. Sein abweisendes Urteil vom 28. September 2011
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt unter Aufrechterhaltung ihres ursprünglichen Klageantrags das FG-Urteil aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision, über die der Senat gemäß § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur antragsgemäßen Änderung der angefochtenen Bescheide (vgl. § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
1. Der erkennende Senat legt den mehrdeutig formulierten Klage- und Revisionsantrag dergestalt aus, dass die Klägerin nicht sämtliche Körperschaftsteuerbescheide, Gewerbesteuermessbescheide und Feststellungsbescheide anficht. Ein solcher Antrag wäre im überwiegenden Maß unzulässig, weil die Körperschaftsteuerbescheide und die Gewerbesteuermessbescheide 2004 bis 2007 sowie die Feststellungsbescheide auf den 31. Dezember 2004 bis 31. Dezember 2007 Folgebescheide der gesonderten Feststellungen des vortragsfähigen Gewerbeverlustes und des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31. Dezember 2003 sind (zu dem Verhältnis der Bescheide vgl. Heuermann in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10d Rz D 84 ff.; Schmidt/Heinicke, EStG, 32. Aufl., §
2. Unter Zugrundelegung dieses Antrags ist das FG zu Unrecht davon ausgegangen, die aus der Zeit vor der Verschmelzung stammenden körperschaftsteuerlichen Verlustvorträge und die vortragsfähigen Gewerbeverluste seien danach nicht mehr anzuerkennen.
a) Der Verlustvortrag scheidet nicht gemäß § 8 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 i.d.F. bis zur Änderung durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007,
Voraussetzung für den Verlustabzug nach § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) ist hiernach (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG a.F.) bei einer Körperschaft, dass sie nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch ist, die den Verlust erlitten hat. Wirtschaftliche Identität liegt insbesondere dann nicht vor, wenn mehr als die Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft übertragen werden und die Kapitalgesellschaft ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortführt oder wieder aufnimmt (§ 8 Abs. 4 Satz 1 und 2 KStG 2002 a.F.).
Im Streitfall liegt die erforderliche rechtliche und insbesondere auch die wirtschaftliche Identität vor. Die wirtschaftliche Identität ist nicht gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 2002 a.F. entfallen, weil nicht mehr als die Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft übertragen worden sind; die Anteilsverhältnisse sind durch die Verschmelzung unberührt geblieben. Aus dem gleichen Grund liegt kein Fall der Generalklausel des § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG 2002 a.F. vor. Denn die Verschmelzung fällt nur dann unter diese Norm, wenn sich das personale Substrat der aufnehmenden Gesellschaft verändert (hierzu Senatsurteil vom 23. Januar 2013
b) Auch § 12 Abs. 3 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG 2002) steht der Berücksichtigung der Verluste nicht entgegen.
Die übernehmende Körperschaft tritt in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft ein, insbesondere bezüglich der Bewertung der übernommenen Wirtschaftsgüter, der Absetzungen für Abnutzung und der den Gewinn mindernden Rücklagen. Das gilt auch für einen verbleibenden Verlustvortrag i.S. des § 10d EStG 2002 unter der Voraussetzung, dass der Betrieb oder Betriebsteil, der den Verlust verursacht hat, über den Verschmelzungsstichtag hinaus in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden fünf Jahren fortgeführt wird (§ 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 UmwStG 2002).
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Die Vorschrift betrifft allein die Voraussetzungen, unter denen ein Verlustvortrag der übertragenden Gesellschaft auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht. Mit den hier relevanten Verlustvorträgen der übernehmenden Gesellschaft befasst sich die Norm nicht; der Gesetzgeber hat diesbezüglich auf eine (Sonder-)Regelung verzichtet.
c) Vor diesem Hintergrund scheitert die Verlustberücksichtigung nicht daran, dass gemäß § 42 Abs. 1 AO a.F. ein Gestaltungsmissbrauch vorliegt. Denn ein Gestaltungsmissbrauch, durch den der Steueranspruch so entsteht, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht (§ 42 Abs. 1 Satz 2 AO a.F.), ist nur gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die gemessen an dem erstrebten Ziel unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (BFH-Urteile vom 26. März 1996
aa) Eine rechtliche Gestaltung ist unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll (BFH-Urteile vom 17. Dezember 2003
Ob ein Ziel nach den Wertungen des Gesetzgebers nicht erreichbar sein soll, kann § 42 Abs. 1 AO a.F. selbst nicht entnommen werden; dieser enthält keinen normativen Maßstab für die Beurteilung der Angemessenheit. Die Angemessenheit ist vielmehr dem "umgangenen" Gesetz und den flankierenden (speziellen) Missbrauchsvorschriften zu entnehmen. Hat der Gesetzgeber ein missbrauchsverdächtiges Feld gesichtet und durch eine Spezialvorschrift abgesteckt, legt er für diesen Bereich die Maßstäbe fest und sichert eine einheitliche Rechtsanwendung, die Gestaltungssicherheit gewährleistet (Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 42 AO Rz 20b; Fischer, Finanz-Rundschau --FR-- 2008,
bb) Im Streitfall steht die Existenz von § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2002 auf der einen und von § 8 Abs. 4 KStG 2002 a.F. auf der anderen Seite der Annahme einer unangemessenen Gestaltung entgegen (so bereits Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 12 UmwStG Rz 786 [Altkommentierung]; ebenso Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 2. Aufl., § 12 Rz 110, Fn 10; vgl. auch zur aktuellen Rechtslage Oppen/Polatzky, GmbH-Rundschau 2012,
Für die gegenteilige Annahme ist für das hier zu beurteilende Regelungskonzept nichts ersichtlich. Eine solche Annahme liegt insbesondere fern, bedenkt man, dass die Verschmelzungsrichtung von der Verlustgesellschaft auf die übernehmende Gesellschaft in § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2002 ausdrücklich als gestaltungsmissbräuchlicher Fall behandelt wird (zum Charakter des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2002 als spezieller Missbrauchsvorschrift s. Senatsurteile vom 28. Oktober 2009 I R 4/09, BFHE 228,
Dem Gesetzgeber wäre es unbenommen gewesen, einen entsprechenden Tatbestand vorzuhalten und diesen auf die im Streitfall beachtliche Verschmelzung der Gewinn- auf die Verlustgesellschaft zu erstrecken. Während er darauf aber verzichtet, muss er sich das auch anlasten lassen. Die positiv-gesetzlich geregelten Ausschlusstatbestände wirken dann als regelungsabschließende materielle Typisierungen u.U. missbrauchsanfälliger Sachverhaltsgestaltungen, welche im Rahmen ihres Regelungsbereichs gleichermaßen tatsächlich missbräuchliche ebenso wie --in der Regelungswirkung "überschießend"-- missbrauchsverdächtige Gestaltungen erfassen. Darüber hinaus belassen sie jedoch keinen Raum für die Anwendung der allgemeinen Missbrauchsverhinderungsnorm des § 42 AO a.F. Der Rückgriff darauf wird versperrt. Die positiv-geregelten Ausschlusstatbestände wirken insoweit als abschließend. Für den umwandlungsbedingten Verlusttransfer wird dies neuerdings bestätigt durch § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 26. Juni 2013 (BGBl I 2013,