I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war seit 1996 als Wachmann bei der A-GmbH beschäftigt. Zwischen dem Kläger und der A-GmbH kam es nach einer im Jahre 1997 ausgesprochenen Änderungskündigung der A-GmbH zu einem Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht, in dessen Verlauf der Kläger in den Jahren 1997 und 1998 vom Arbeitsamt Arbeitslosengeld in Höhe von 21 149 DM erhielt. Nach ihrer Verurteilung zur Nachzahlung von Lohn in Höhe von 56 061 DM für die Jahre 1997 und 1998 leistete die A-GmbH im Streitjahr (1999) die Lohnnachzahlung, wobei sie einen Teilbetrag von 21 149 DM unmittelbar an das Arbeitsamt zahlte (Rückzahlungsbetrag).
Im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung bei der A-GmbH änderte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) und erhöhte den Bruttoarbeitslohn um die Lohnnachzahlung der A-GmbH. Der hiergegen gerichtete Einspruch des Klägers hatte nur insoweit Erfolg, als das FA in der Einspruchsentscheidung vom 29. Oktober 2002 in Höhe des Rückzahlungsbetrags einen negativen Progressionsvorbehalt nach § 32b des Einkommensteuergesetzes (EStG) berücksichtigte und die festgesetzte Einkommensteuer auf 23 315 DM verminderte. Zu dem Hilfsantrag des Klägers, eine Besteuerung der Lohnnachzahlung gemäß § 34 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung (a.F.) vorzunehmen, führte das FA in der Begründung der Einspruchsentscheidung aus, dass eine Anwendung dieser Vorschrift unterblieben sei, da eine Prüfberechnung für diesen Fall eine höhere Steuerfestsetzung ergeben habe.
Mit seiner Klage vor dem Finanzgericht (FG) begehrte der Kläger die Minderung der steuerlichen Bemessungsgrundlage um den Rückzahlungsbetrag unter Wegfall des negativen Progressionsvorbehalts. Im Klageverfahren legte das FA eine Steuerberechnung vor, aus der sich bei Anwendung des § 34 Abs. 1 EStG a.F. für das Streitjahr eine festzusetzende Einkommensteuer von 27 724 DM ergab.
Das FG gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004,
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und zur überwiegenden Abweisung der Klage. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Entgegen der Ansicht der Vorinstanz ist dem Kläger im Streitjahr Arbeitslohn auch in Höhe des Rückzahlungsbetrags zugeflossen. Die Einkommensteuer auf die Lohnnachzahlung der A-GmbH in Höhe von 56 061 DM ist nach § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG zu berechnen.
1. Der unmittelbar an das Arbeitsamt gezahlte Betrag ist dem Kläger als Arbeitslohn zuzurechnen. Zum Arbeitslohn gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Nach den mit Revisionsrügen nicht angegriffenen und den Senat daher gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG erfolgte die Zahlung der A-GmbH an das Arbeitsamt aufgrund des Urteils des Arbeitsgerichts, durch das die A-GmbH zugunsten des Klägers zur Nachzahlung von Lohn für die Jahre 1997 und 1998 verurteilt wurde. Der infolge der Zahlung des Arbeitslosengeldes nach §
2. Der Arbeitslohn ist dem Kläger auch im Streitjahr zugeflossen. Arbeitslohn, der --wie im Streitfall-- nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird, wird in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt (§ 11 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG).
a) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Einnahmen dem Steuerpflichtigen zugeflossen, sobald er über sie wirtschaftlich verfügen kann und infolgedessen bei ihm eine Vermögensmehrung eingetreten ist (zuletzt Urteil vom 12. April 2007 VI R 6/02, BStBl II 2007, 581, m.w.N.). Die Form des Übergangs der wirtschaftlichen Verfügungsmacht ist unerheblich. Der Steuerpflichtige erlangt diese auch dann, wenn der Geld- oder Sachwert im abgekürzten Zahlungsweg an einen Dritten für Rechnung des Steuerpflichtigen geleistet wird (vgl. BFH-Urteile vom 24. März 1992
b) Nach diesen Grundsätzen hält die Entscheidung des FG, dass der Kläger im Streitjahr keine wirtschaftliche Verfügungsmacht an dem Rückzahlungsbetrag erlangt habe, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
aa) Die Auszahlung des Rückzahlungsbetrags an das Arbeitsamt wurde von der A-GmbH im Hinblick auf den gesetzlichen Forderungsübergang nach §
bb) Dem Zufluss des Rückzahlungsbetrags beim Kläger steht --im Gegensatz zur Auffassung des FG-- nicht entgegen, dass der Kläger im Streitjahr keinen wirtschaftlichen Vorteil in Form einer Schuldbefreiung erlangt hat.
(1) Bei Lohnansprüchen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber wird der Zufluss des Arbeitslohns nicht bereits mit der Einräumung der Ansprüche, sondern erst mit deren Erfüllung gegenüber dem Arbeitnehmer bewirkt (BFH-Urteil in BStBl II 2007, 581, m.w.N.). Bei einem gesetzlichen Forderungsübergang nach §
(2) Das Vorliegen eines abgekürzten Zahlungswegs beim gesetzlichen Forderungsübergang nach §
(3) Für den Zufluss des Rückzahlungsbetrags im Streitjahr spricht schließlich auch ein Vergleich mit der Entstehungsgeschichte des § 3 Nr. 2 EStG. Durch das Steueränderungsgesetz 1992 vom 25. Februar 1992 (BGBl I 1992,
3. Der dem Kläger zugeflossene Rückzahlungsbetrag ist nicht gemäß § 3 Nr. 2 EStG steuerfrei. Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 2 EStG erstreckt sich --wie ausgeführt-- nur auf Zahlungen, die im Konkurs-, Gesamtvollstreckungs- oder Insolvenzverfahren vom ehemaligen Arbeitgeber aufgrund des gesetzlichen Forderungsübergangs gemäß §
4. Die Lohnnachzahlung der A-GmbH unterliegt aber der Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG a.F. (Fünftelregelung).
a) Die Fünftelregelung ist gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F. für die Berechnung der Einkommensteuer heranzuziehen, die auf die im zu versteuernden Einkommen enthaltenen außerordentlichen Einkünfte entfällt. Sie ist neben dem negativen Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG anwendbar (vgl. FG des Landes Brandenburg, Urteil vom 11. Dezember 2002
Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG hat der Kläger im Einspruchsverfahren --hilfsweise-- den für die Anwendung des § 34 Abs. 1 EStG a.F. erforderlichen Antrag gestellt, ihm für die Lohnnachzahlung die Tarifermäßigung nach dieser Vorschrift zu gewähren.
Die Lohnnachzahlung gehört als Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten zu den außerordentlichen Einkünften i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG a.F., da sie für die Jahre 1997 und 1998 erfolgte (vgl. BFH-Urteile vom 14. Dezember 2006 IV R 57/05, BFHE 216, 247, BStBl II 2007, 180, unter II. 3. b; vom 14. Oktober 2004 VI R 46/99, BFHE 206, 573, BStBl II 2005, 289, m.w.N.; Schmidt/Seeger, EStG, 26. Aufl., § 34 Rz 40).
b) Entgegen der vom FA vorgenommenen Steuerberechnung führt die Anwendung des § 34 Abs. 1 EStG a.F. im Streitfall nicht dazu, dass die festzusetzende Einkommensteuer höher ist als die im angefochtenen Steuerbescheid --unter Anwendung des negativen Progressionsvorbehalts nach § 32b EStG -- festgesetzte Einkommensteuer.
aa) Für die Fälle, in denen die Tarifermäßigung des § 34 Abs. 1 EStG a.F. mit dem negativen Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG zusammentrifft, ergibt sich aus dem Gesetz keine eindeutige Methode zur Berechung der Einkommensteuer (Siegel/Korezkij, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2005,
(1) Nach § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG beträgt die für die außerordentlichen Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass die für die Ermittlung des Unterschiedsbetrags maßgeblichen Einkommensteuerbeträge nach den Tarifvorschriften des EStG zu berechnen sind, zu denen auch § 32b EStG gehört (Naujok in Lademann, EStG, § 32b EStG Rz 18; vgl. zur Drittelregelung des § 34 Abs. 3 EStG i.d.F. des Steuerreformgesetzes 1990 vom 25. Juli 1988 --BGBl I 1988,
(2) § 32b Abs. 1 EStG sieht für den negativen Progressionsvorbehalt die Anwendung eines besonderen Steuersatzes auf das nach § 32a Abs. 1 EStG zu versteuernde Einkommen vor. Als besonderer Steuersatz ist gemäß § 32b Abs. 2 EStG der Steuersatz anzusetzen, der sich ergibt, wenn bei der Berechnung der Einkommensteuer das nach § 32a Abs. 1 EStG zu versteuernde Einkommen um die Progressionseinkünfte --im Streitfall das an das Arbeitsamt zurückgezahlte Arbeitslosengeld-- vermindert wird. Die Bezugnahme auf die Berechnung der Einkommensteuer führt dazu, dass bei der Ermittlung des besonderen Steuersatzes auch die in § 32a Abs. 1 EStG ausdrücklich genannte Tarifermäßigung des § 34 Abs. 1 EStG a.F. zu berücksichtigen ist. Die Fünftelregelung ist danach im Rahmen des negativen Progressionsvorbehalts anzuwenden (vgl. Berechnungsbeispiel von Eggesiecker/Ellerbeck, DStR 2007,
(3) Die für das Zusammentreffen von Fünftelregelung und negativem Progressionsvorbehalt im Schrifttum vertretene sog. additive Lösung (Siegel, Betriebsberater --BB-- 2004,
bb) Zweck der Fünftelregelung ist es, die Progressionswirkung durch Besteuerung der außerordentlichen Einkünfte mit einem ermäßigten Steuersatz abzumildern (Schmidt/Seeger, aaO., § 34 Rz 2; Blümich/Lindberg, § 34 EStG Rz 21, jeweils m.w.N.). Bei Anwendung des § 34 Abs. 1 EStG a.F. muss sich daher nach dem Zweck der Vorschrift eine geringere Einkommensteuer ergeben als bei einer Besteuerung der außerordentlichen Einkünfte nach § 32a Abs. 1 EStG. Dies gilt in gleicher Weise, wenn die Tarifermäßigung des § 34 Abs. 1 EStG a.F. mit dem negativen Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG zusammentrifft. Die Berechnung der Einkommensteuer darf daher bei Anwendung beider Vorschriften nicht zu einer höheren Steuerbelastung führen als bei ausschließlicher Anwendung des negativen Progressionsvorbehalts (vgl. Siegel, BB 2004,
Die --im Streitfall vom FA vorgenommene-- Steuerberechnung durch Anwendung des negativen Progressionsvorbehalts im Rahmen der Tarifermäßigung des § 34 Abs. 1 EStG a.F. ist mit diesen Grundsätzen nicht vereinbar, da sich nach dieser Methode eine höhere Steuerbelastung ergibt als im angefochtenen Steuerbescheid, in dem die Einkommensteuer nur unter Anwendung des negativen Progressionsvorbehalts berechnet worden ist. Die umgekehrte Reihenfolge der Anwendung der Tarifermäßigung des § 34 Abs. 1 EStG a.F. im Rahmen des negativen Progressionsvorbehalts führt im Streitfall dagegen zu einer geringeren Steuerbelastung als im angefochtenen Steuerbescheid. Dies folgt daraus, dass die Ermittlung des besonderen Steuersatzes i.S. des § 32b Abs. 2 EStG infolge der Einbeziehung der Tarifermäßigung für Teile des zu versteuernden Einkommens auf der Grundlage einer geringeren Einkommensteuer erfolgt als bei Ansatz des zu versteuernden Einkommens ohne Berücksichtigung der Tarifermäßigung. Die Anwendung der Tarifermäßigung des § 34 Abs. 1 EStG a.F. hat daher im Streitfall dergestalt zu erfolgen, dass die ermäßigt besteuerten außerordentlichen Einkünfte --entsprechend der unter II. 4. b aa (2) dargestellten Methode-- bei der Ermittlung des besonderen Steuersatzes i.S. des § 32b Abs. 2 EStG einbezogen werden.
cc) Der Senat kann offenlassen, ob der negative Progressionsvorbehalt und die Fünftelregelung in gleicher Weise anzuwenden sind, wenn sich die Steuerberechnung für die außerordentlichen Einkünfte --anders als im Streitfall-- aufgrund eines negativen verbleibenden zu versteuernden Einkommens nach § 34 Abs. 1 Satz 3 EStG richtet (vgl. hierzu FG des Landes Brandenburg in EFG 2003,
5. Das FA hat die Änderung des Einkommensteuerbescheids des Klägers für das Streitjahr zu Recht auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gestützt, da die Lohnnachzahlung der A-GmbH dem FA nachträglich bekannt geworden ist.
6. Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, ist das vorinstanzliche Urteil aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr in Gestalt der Einspruchsentscheidung des FA ist dahingehend abzuändern, dass die Einkommensteuer auf die Lohnnachzahlung nach der Fünftelregelung des § 34 Abs. 1 EStG a.F. berechnet wird. Die Neuberechnung der Einkommensteuer nach Maßgabe der für die Anwendung der Fünftelregelung vorgegebenen Berechnungsmethode wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2, § 121 FGO).