Die Beteiligten zu 1 und zu 2 sind die einzigen lebenden Kinder der Erblasserin und ihres vorverstorbenen Ehemannes. Letztere setzten sich durch Testament vom 27.6.1951 gegenseitig zu Alleinerben ein. Am 29.8.1957 ergänzten sie es wie folgt:
»Wer von unseren Kindern (Erben) nach dem Tode des von uns beiden Erstversterbenden seinen Pflichtteil verlangt, der soll auch nach dem Tod des Letztversterbenden nur seinen Pflichtteil erhalten.«
Nach dem Tode des Ehemannes am 16.4.1979, bei dem keiner der Beteiligten den Pflichtteil verlangt hatte, errichtete die Erblasserin am 4.2.1981 ein notarielles Testament. Dieses Testament enthielt Vorausvermächtnisse zugunsten der Kinder des Beteiligten zu 1. Am 23.4.1985 errichtete die Erblasserin ein weiteres notarielles Testament. In diesem Testament setzte sie den Beteiligten zu 1 als ihren alleinigen Erben ein. Zugunsten des Beteiligten zu 2 enthielt das Testament nur ein Vermächtnis. Nach dem Tod der Erblasserin am 22.10.1990 beantragte der Beteiligte zu 1 die Erteilung eines Erbscheines des Inhalts, daß er Alleinerbe der Erblasserin sei.
Amtsgericht und Landgericht haben diesen Antrag zurückgewiesen. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 hatte keinen Erfolg.
Die Erblasserin war 1985 in ihrer Testierfreiheit hinsichtlich der Einsetzung des Beteiligten zu 1 als Alleinerbin durch das gemeinschaftliche Testament vom 27.6.1951 nebst Zusatz vom 29.8.1957 beschränkt. Die Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1 und zu 2 als Schlußerben zu gleichen Teilen in dem Testament von 1951 nebst Zusatz von 1957 konnte von der Erblasserin gem. § 2271 Abs. 2 BGB nach dem Tode des Ehemannes wegen der nach § 2270 Abs. 2 BGB bestehenden Wechselbezüglichkeit nicht mehr widerrufen werden.
einheitliches gemeinschaftliches Testament Die Annahme des Landgerichts, in den letztwilligen Verfügungen von 1951 und 1957 sei ein einheitliches gemeinschaftliches Testament zu sehen, in dem die Beteiligten als Schlußerben des gemeinsamen Vermögens eingesetzt seien, ist nicht zu beanstanden. Die Feststellung des Inhalts einer Verfügung von Todes wegen - auch soweit sie im Wege der Auslegung erfolgt - liegt im wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet. Die Tatsachenfeststellung und die Auslegung durch das Landgericht können im Verfahren der weiteren Beschwerde nur auf Rechtsfehler (§
Vor diesen für das Rechtsbeschwerdeverfahren geltenden Grundsätzen begegnet die Auslegung des Testamentes von 1951 nebst Zusatz von 1957 durch das Landgericht Bonn keinen Bedenken. Es ist anerkannt, daß in der Anordnung der Enterbung für den Fall der Geltendmachung eines Pflichtteils, wie sie hier getroffen worden ist, eine Erbeinsetzung gesehen werden kann (vgl. Palandt/Edenhofer, BGB, 52. Aufl., 1992, § 2269 Rdn. 5 m.w.Nachw.). Darüber hinaus legt der Wortlaut des Zusatzes von 1957 »... von unseren Kindern (Erben) ... « den Schluß auf den für die Auslegung maßgeblichen Willen der Eheleute nahe, daß die Beteiligten zu 1 und zu 2 als Schlußerben je zur Hälfte eingesetzt werden sollen (vgl. zur Auslegung eines gemeinschaftlichen Testamentes BGH, DNotZ 1993,
Die Einsetzung der Beteiligten zu 1 und zu 2 als Schlußerben in dem gemeinschaftlichen Testament konnte die Erblasserin 1985 nicht mehr widerrufen. Gem. § 2271 Abs. 2 BGB war ihr Recht zum Widerruf nach dem Tode des Ehemannes 1979 erloschen, da es sich bei der Schlußerbeneinsetzung der Beteiligten durch die Erblasserin im Testament von 1951 um eine wechselbezügliche Verfügung handelt. Nach § 2270 Abs. 1 BGB sind Verfügungen von Todes wegen in einem gemeinschaftlichen Testament wechselbezüglich, wenn anzunehmen ist, daß die Verfügung des einen Ehegatten nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen worden wäre. Die Verfügungen müssen nach dem Willen der Eheleute so eng miteinander verbunden sein, daß sie nach dem beiderseitigen Willen miteinander stehen und fallen sollen (vgl. Musielak, in: MünchKomm, 2. Aufl., 1989, § 2270 Rdn. 2; Palandt/Edenhofer, § 2270 Rdn. 1; Nieder, Hdb. d. Testamentsgestaltung, 1992, S. 246; BGH, NJW-RR 1987,
Ob der Wille der gemeinschaftlich testierenden Eheleute dahin ging, die Schlußerbeneinsetzung als wechselbezüglich auszugestalten, ist eine Frage der Auslegung. Diese Auslegung ist Aufgabe des Tatrichters und kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nach §
Die Auslegungsregel greift - soweit die übrigen Voraussetzungen der genannten Vorschrift vorliegen -, wenn nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden kann, daß keine Wechselbezüglichkeit gewollt war. Den - insoweit allerdings recht knappen - Ausführungen des Landgerichts ist, obwohl es die Frage der Wechselbezüglichkeit positiv prüft, mit ausreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß es sich zu einer Feststellung weder in positiver noch in negativer Hinsicht in der Lage gesehen hat. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Landgericht geht rechtsfehlerfrei davon aus, daß keine Feststellungen dahin möglich sind, daß die Schlußerbeneinsetzung gerade nicht wechselbezüglich sein sollte. Aus der beruflichen Stellung des Ehemannes als »Justizamtmann« kann nicht geschlossen werden, daß er umfangreiche Kenntnisse im Erbrecht besaß und durch die Formulierung des Zusatzes von 1957 ohne eine ausdrückliche Anordnung der Wechselbezüglichkeit diese gerade ausschließen wollte. Auch die Vermögensverhältnisse der Ehegatten, die bei erheblicher Unterschiedlichkeit ein Indiz gegen die Wechselbezüglichkeit sein könnten (vgl. BayObLG, FamRZ 1984,
Da fehlende Wechselbezüglichkeit nicht festgestellt ist, hat das Landgericht zu Recht die Auslegungsregelung des § 2270 Abs. 2 BGB eingreifen lassen. Nach § 2270 Abs. 2 BGB ist die Wechselbezüglichkeit im Zweifel anzunehmen, wenn sich die Ehegatten gegenseitig bedenken (Alt. 1) oder wenn dem einen Ehegatten von dem anderen eine Zuwendung gemacht und für den Fall des Überlebens des Bedachten eine Verfügung zugunsten einer Person getroffen wird, die mit dem anderen Ehegatten verwandt ist oder ihm sonst nahe steht (Alt. 2). Die zweite Alternative des § 2270 Abs. 2 BGB erfaßt auch die gemeinsamen Kinder (vgl. etwa RGZ 116,
Bei einem gemeinschaftlichen Testament mit Schlußerbeneinsetzung der gemeinsamen Kinder sind folgende Verfügungen nach § 2270 Abs. 2 BGB als wechselbezüglich anzusehen: (1) Die Erbeinsetzung des Mannes zugunsten der Frau: (a) mit der Erbeinsetzung der Frau zugunsten des Mannes, (b) mit der Erbeinsetzung der Frau zugunsten der Kinder; (2) die Erbeinsetzung der Frau zugunsten des Mannes: (a) mit der Erbeinsetzung des Mannes zugunsten der Frau, (b) mit der Erbeinsetzung des Mannes zugunsten der Kinder (vgl. etwa Kipp/Coing, ErbR, 14. Aufl., 1990, § 35 II 1; Staudinger/Kanzleiter, § 2270 Rdn. 28; Musielak, in: MünchKomm, § 2270 Rdn. 12). Ob die Verfügung des Ehemannes zugunsten der Kinder mit der der Frau zugunsten der Kinder nach § 2270 Abs. 2 BGB wechselbezüglich ist (in diese Richtung, da keine Einschränkung vornehmend: Brox, ErbR, 13. Aufl., 1991, Rdn. 190, Schlüter, ErbR, 12. Aufl., 1986, S. 184) oder nicht, kann letztlich dahingestellt bleiben. Die Wechselbezüglichkeit der Schlußerbeneinsetzung der Beteiligten zu 1 und zu 2 durch die Erblasserin in dem Testament von 1951 nebst Zusatz von 1957 besteht jedenfalls gegenüber der Erbeinsetzung der Erblasserin durch den Ehemann. Die Erbeinsetzung der Erblasserin durch den Ehemann ist sowohl wechselbezüglich mit der Erbeinsetzung des Ehemanns durch die Erblasserin als auch mit der Erbeinsetzung beider Beteiligten als Schlußerben durch die Erblasserin. Beide Alternativen des § 2270 Abs. 2 BGB können miteinander verbunden werden; dies trifft insbesondere auf den häufig vorkommenden - hier vorliegenden - Fall zu, daß die Eheleute sich gegenseitig zu Erben einsetzen und die gemeinsamen Kinder zu Schlußerben des Letztversterbenden bestimmen (vgl. nur Erman/Hense/Schmidt, BGB, 8. Aufl., 1989, § 2270 Rdn. 5; Musielak, in: MünchKomm, § 2270 Rdn. 12).
Rechtsprechung des BayObLG Die Anwendung des § 2270 Abs. 2 BGB auf die vorliegende Fallgestaltung steht - entgegen der Ansicht des Beteiligten zu 1 - nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des BayObLG; zu einer Vorlage an den BGH gem. §
Die Anwendung der Auslegungsregel selbst wurde in beiden Fällen aus anderen Gründen (FamRZ 1985,