Die Parteien streiten in den Rechtsmittelinstanzen nur noch darüber, ob der Kläger infolge einer Betriebsänderung entlassen worden ist und gegen die Beklagte einen Anspruch auf Nachteilsausgleich hat.
Die Beklagte betrieb eine im Nah- und im Fernverkehr tätige Spedition. Sie beschäftigte etwa 24 Arbeitnehmer, darunter den Kläger. Er war seit 1985 als Lkw-Fahrer gegen ein Entgelt von zuletzt 4. 500,-- DM brutto monatlich tätig. Es bestand ein Betriebsrat. Nachdem die Beklagte in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, kündigte sie im Oktober 1993 einer nicht näher festgestellten Zahl von Arbeitnehmern, unter denen sich der Kläger befand, zum 15. Oktober 1993. Sie begründete die Kündigungen damit, daß die Geschäftstätigkeit eingestellt werde. Im vorliegenden Rechtsstreit hat das Arbeitsgericht festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten durch die Kündigung nicht aufgelöst worden ist, weil der Betriebsrat nicht gehört wurde. Insoweit ist das Urteil rechtskräftig.
Die Beklagte hat nicht versucht, über die Einstellung ihrer Geschäftstätigkeit einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat herbeizuführen. Sie hat ihre werbende Tätigkeit im Lauf des Monats Oktober 1993 aufgegeben. Ein Antrag der AOK Köln auf Eröffnung des Konkursverfahrens wurde am 20. Dezember 1993 mangels Masse abgelehnt.
Zwischen dem Kläger und der M GmbH, einem anderen Speditionsunternehmen, ist noch ein Rechtsstreit darüber anhängig, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten auf dieses Unternehmen übergegangen ist. Der Kläger hat geltend gemacht, die M GmbH habe von der Beklagten die Geschäftsräume und sonstigen sächlichen Betriebsmittel sowie die Kundenbeziehungen im Nahverkehr übernommen. Sie beschäftige einen Teil der früheren Belegschaft der Beklagten.
Im vorliegenden Verfahren hat der Kläger die Auffassung vertreten' er habe Anspruch auf eine Abfindung. Die Beklagte habe einen Betriebsteil, den Tätigkeitsbereich Fernverkehr, stillgelegt' ohne daß ein Interessenausgleich versucht worden sei. Er, der Kläger, sei deswegen entlassen worden. Daß die Kündigung unwirksam gewesen sei, stehe der Annahme einer Entlassung nicht entgegen. Entscheidend sei, daß er durch die Betriebsstillegung tatsächlich seinen Arbeitsplatz verloren habe. Für den Anspruch auf Nachteilsausgleich komme es auch nicht darauf an, daß das Arbeitsverhältnis möglicherweise auf die M GmbH übergegangen sei. Insoweit müsse es genügen, daß die Beklagte tatsächlich eine Kündigung ausgesprochen habe und - ebenso wie die M GmbH - das Vorliegen eines Betriebsübergangs leugne. Im übrigen sei ein Nachteil, der einen Anspruch auf Ausgleich begründen könne, auch schon in der Unsicherheit über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zu sehen.
Der Kläger hat, soweit für die Revision von Interesse, zuletzt noch beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine Abfindung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach ihrer Meinung hat der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Abfindung. Ein Interessenausgleich sei nicht in Betracht gekommen, da sie, die Beklagte, keine Betriebsänderung geplant habe. Die Einstellung der Geschäftstätigkeit sei vielmehr kurzfristig wegen ihrer Zahlungsunfähigkeit notwendig geworden. Diese sei die Folge der Pfändung sämtlicher Forderungen und nicht sicherungsübereigneten Fahrzeuge durch das Finanzamt Ende September 1993 gewesen. Es komme hinzu, daß der Kläger nicht entlassen worden sei. Er habe seinen Arbeitsplatz nicht verloren, da der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses rechtskräftig festgestellt wurde. Ein Anspruch auf Nachteilsausgleich wegen Entlassung könne nur dann in Betracht kommen, wenn die Kündigung Bestand habe, weil der betroffene Arbeitnehmer sie nicht - oder nicht erfolgreich - angreife. Dafür, daß der Kläger trotz Fortbestands des Arbeitsverhältnisses wirtschaftliche Nachteile erlitten habe, sei nichts vorgetragen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage auf Zahlung einer Abfindung abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es hat die Zulassung der Revision nicht mit der Urteilsformel verkündet, sondern lediglich in den schriftlichen Entscheidungsgründen mitgeteilt. Hierzu hat es ausgeführt, eine Aufnahme der Zulassung in die Urteilsformel sei zwar vorgesehen gewesen, aber versehentlich unterblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger den Abfindungsantrag weiter. Die Beklagte bittet, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision ist zulässig (A), aber unbegründet (B).
A. Die Revision ist statthaft, weil sie das Landesarbeitsgericht in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zugelassen hat.
I. Die Revisionszulassung wurde allerdings nicht ordnungsgemäß verkündet. Sie ergibt sich nur aus den schriftlichen Entscheidungsgründen, die den Parteien erst mehr als zwei Monate nach dem Verkündungstermin zugestellt wurden. Das ist jedoch unschädlich. Die gegenteilige Auffassung, die der Senat bisher in Übereinstimmung mit anderen Senaten des Bundesarbeitsgerichts vertreten hat, wird aufgegeben.
1. Das Bundesarbeitsgericht hat früher in ständiger Rechtsprechung angenommen, die Zulassung eines Rechtsmittels müsse im arbeitsgerichtlichen Verfahren zusammen mit der rechtsmittelfähigen Entscheidung verkündet werden. Sie sei nur dann wirksam, wenn sie im Verkündungstermin entweder zusammen mit dem Urteilstenor oder mit der mündlichen Begründung bekanntgemacht werde. Das Gebot der Rechtsmittelklarheit und damit der Rechtssicherheit forderten, daß die Parteien von Anfang an wüßten, in welchem Umfang Rechtsmittel in Betracht kämen. Nur ausnahmsweise lasse sich die nicht verkündete Revisionszulassung durch Berichtigungsbeschluß nach §
2. Diese Auffassung stand im Widerspruch zur Rechtsprechung aller anderen Obersten Gerichtshöfe des Bundes (BGHZ 78, 22 = AP Nr. 19 zu §
Aus diesem Grunde haben alle Senate des Bundesarbeitsgerichts, die die beanstandete Rechtsprechung bisher vertreten hatten, auf Anfrage des Vierten Senats erklärt, daß sie an dieser nicht festhalten und der vom Vierten Senat beabsichtigten Korrektur im Ergebnis beitreten (vgl. Urteil des Vierten Senats vom 23. November 1994 -
II. Um eine rechtsstaatswidrige Erschwerung des Zugangs zur Rechtsmittelinstanz zu vermeiden, lassen sich zwei Lösungswege denken: Entweder sind die Voraussetzungen der nachträglichen Korrektur von Irrtümern oder die formalen Anforderungen an die Rechtsmittelzulassung zu lockern. Nur der zweite Weg ist nach Ansicht des Senats auf der Grundlage des geltenden Prozeßrechts mit dem Mittel der verfassungskonformen Auslegung gangbar.
1. Nach §
Die besondere Problematik der Rechtsmittelzulassung rechtfertigt keine Durchbrechung dieser Grundsätze. Das Merkmal der "offenbaren Unrichtigkeit" kann nicht je nach dem zu berichtigenden Teil eines Urteils oder der Art des Irrtums unterschiedlich interpretiert werden. Die erleichterte Berichtigungsmöglichkeit bei irrtümlich unterlassenen Rechtsmittelzulassungen würde im übrigen zu unhaltbaren Ergebnissen führen. Die Rechtsmittelfähigkeit könnte dann durch bloßen Berichtigungsbeschluß zeitlich unbegrenzt nachgeholt werden, und zwar selbst dann, wenn die Parteien bereits auf die Rechtskraft eines Urteils vertrauen durften. Das widerspricht dem Zweck des §
2. Aufzugeben ist hingegen der Grundsatz, daß die Zulassung eines Rechtsmittels mündlich verkündet werden müsse, um Wirksamkeit zu erlangen.
a) Nach §
b) Das Bundesarbeitsgericht begründete seine strengere Rechtsprechung mit dem Erfordernis der Rechtssicherheit, die auch Rechtsmittelklarheit gebiete. In der Tat haben die Parteien ein berechtigtes Interesse daran, möglichst schon bei der Urteilsverkündung über die Statthaftigkeit eines Rechtsmittels informiert zu werden. Dieses Interesse hat aber keine so große Bedeutung, daß es uneingeschränkt geschützt werden müßte. Das ergibt sich nicht nur aus der Wertung des Bundesverfassungsgerichts (aaO), sondern auch aus Grundsätzen des geltenden Prozeßrechts. So muß die obsiegende Partei stets mit einer Nichtzulassungsbeschwerde rechnen, deren Aussicht u.U. erst nach Vorliegen der Entscheidungsgründe erkennbar wird, weil erst diese die grundsätzliche Bedeutung der Entscheidung aufzeigen oder eine Divergenz enthalten. Im übrigen kann schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Zulassung einer Revision noch in den Entscheidungsgründen eingeschränkt werden, was sich mit dem strengen Verkündungserfordernis kaum vereinbaren ließ (vgl. Matthes, aaO, und Neumann, RdA 1983, 170, m.w.N.).
Die Wirksamkeit der Rechtsmittelzulassung hängt danach nicht von deren Verkündung ab. Dennoch sollte die Zulassung grundsätzlich verkündet werden. Das entspricht einhelliger Auffassung (vgl. BGH Urteil vom 10. März 1956 - IV ZR 268/55 - NJW 1956, 831; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, aaO, §
3. Im Gegensatz zur Auffassung des Ersten Senats will der Vierte Senat weiterhin am Erfordernis einer Verkündung der Rechtsmittelzulassung festhalten und nur für den seltenen Fall eines versehentlichen Unterbleibens der Verkündung eine Ausnahme zulassen; nur in einem solchen Ausnahmefall soll die Revisionszulassung noch in den Entscheidungsgründen wirksam bekanntgemacht werden können (Urteil vom 23. November 1994, aaO). Der Siebte Senat hat sich dem angeschlossen (Urteil vom 26. April 1995 - 7 AZR 984/93 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Dieser Mittellösung kann der erkennende Senat nicht folgen (vgl. auch die Kritik von Brehm, Anm. zu EzA §
a) Die formalen Anforderungen, die an die Verkündung eines Urteils zu stellen sind, können nicht davon abhängen, ob sie der Richter kennt oder aus welchen sonstigen Gründen er sie nicht beachtet. Das bloße Versehen eines Gerichts, das für die Parteien nicht erkennbar ist, kann deshalb kein taugliches Unterscheidungsmerkmal für Verfahrensgrundsätze sein, die der Rechtsmittelklarheit dienen sollen. In den Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzes und der Zivilprozeßordnung findet sich für eine solche Unterscheidung kein Anhaltspunkt.
Unter welchen Voraussetzungen offenbare Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche Unrichtigkeiten korrigiert werden dürfen, wird in §
b) Trotz dieser Divergenz ist es nicht erforderlich, ein Verfahren nach §
Das Landesarbeitsgericht hat in den Entscheidungsgründen mitgeteilt, daß die Zulassung in der Urteilsformel vorgesehen war und nur versehentlich unterblieben ist. Bei dieser Fallgestaltung betrachtet auch der Vierte Senat die Revision als statthaft, begründet dies nur anders als der erkennende Senat. Daß der Vierte Senat die Unterschiede der Begründung selbst nicht für entscheidungserheblich hält, zeigt der Umstand, daß er in seinem Urteil vom 23. November 1994 lediglich die im Ergebnis zustimmende Stellungnahme des erkennenden Senats, nicht jedoch dessen abweichende Begründung mitgeteilt hat (aaO, unter A II 6). Eine abschließende Klärung wird erst dann erforderlich werden, wenn ein Gericht das Rechtsmittel in den Entscheidungsgründen zuläßt, ohne sich ausdrücklich auf ein Versehen zu berufen.
B. In der Sache bleibt die Revision erfolglos. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Abfindung. Er hat keinen Nachteil erlitten, der nach §
I. Ein Abfindungsanspruch nach §
1. Es erscheint schon zweifelhaft, ob überhaupt eine Betriebsänderung i.S. des §
a) Bei der Maßnahme, von welcher der Kläger betroffen war, handelte es sich möglicherweise um einen Betriebsübergang. Der Kläger vertritt selbst diese Auffassung. Das Landesarbeitsgericht hat hierzu keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Folge eines Betriebsübergangs wäre nach § 613 a BGB, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die M GmbH überginge.
Sollte tatsächlich ein Betriebsübergang vorliegen, so würde das die Annahme verbieten, der Kläger sei von einer Betriebsstillegung und damit von einer Betriebsänderung betroffen. Ein Betriebsübergang ist als solcher keine Betriebsänderung. Allerdings hat der Senat kürzlich entschieden, daß ein Arbeitgeber, der mit dem Ziel der Betriebsstillegung alle Arbeitnehmer entläßt, obwohl der Betrieb auf einen anderen Arbeitgeber übergeht, gegen die Sozialplanpflichtigkeit dieses Vorgangs nicht einwenden kann, in Wirklichkeit habe ein Betriebsübergang vorgelegen. Dies hat der Senat aus dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) hergeleitet (Beschluß vom 27. Juni 1995 - 1 ABR 62/94 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, zu B III 2 c der Gründe). Hier liegt der Fall indessen anders. Die Beklagte beruft sich nicht auf einen Betriebsübergang, sondern leugnet ihn. Hingegen macht der Kläger selbst geltend, der Betrieb sei übergegangen. Er ist es also, der sich insoweit widersprüchlich verhält.
b) Läßt man die Möglichkeit eines Betriebsübergangs unberücksichtigt und unterstellt zugunsten des Klägers, bei der Maßnahme der Beklagten habe es sich um eine Betriebsstillegung und damit um eine Betriebsänderung gehandelt, so ergibt sich daraus noch nicht zwingend, daß §
Nach der Rechtsprechung des Senats können Arbeitnehmer nicht in jedem Fall einen Nachteilsausgleich nach §
Ein solcher Ausnahmefall ist freilich nicht schon dann anzunehmen, wenn die Betriebsstillegung unausweichlich wird. Vielmehr muß hinzukommen, daß auch hinsichtlich des Zeitpunkts und aller sonstigen Modalitäten kein Spielraum mehr besteht, der einer Regelung durch Interessenausgleich zugänglich wäre (BAGE 47,
2. Die Frage, ob hier eine Betriebsänderung vorlag, für die ein Interessenausgleich versucht werden mußte, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Auch wenn die Beklagte den Betrieb oder einen Betriebsteil stillgelegt und dabei gegen ihre Verpflichtungen aus §
a) Die zum 15. Oktober 1993 von der Beklagten ausgesprochene Kündigung hat nicht zur Entlassung des Klägers geführt. Das Arbeitsverhältnis ist durch sie nicht beendet worden. Das hat das Arbeitsgericht rechtskräftig festgestellt. Eine Entlassung nach §
Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß das fortbestehende Arbeitsverhältnis für den Kläger kaum noch einen wirtschaftlichen Wert hat. Dies hat seinen Grund nicht in einer auf den Kläger bezogenen Maßnahme, sondern allein in der Zahlungsunfähigkeit der Beklagten. Hiergegen soll und kann aber der Nachteilsausgleich nach §
In diesem Zusammenhang bedarf es keiner Auseinandersetzung mit der im Schrifttum verbreiteten Auffassung, nach der ein Anspruch auf Abfindung wegen Entlassung nach §
b) Neben der von der Beklagten zum 15. Oktober 1993 ausgesprochenen Kündigung ist ein anderer Vorgang, der als Entlassung i. S. des §
II. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Nachteilsausgleich nach §
Soweit er geltend gemacht hat, die Rechtsunsicherheit über den Bestand des Arbeitsverhältnisses sei ein solcher Nachteil, konnte er keinen Erfolg haben. Die behauptete Unsicherheit kann einen Anspruch auf Nachteilsausgleich nach §