Das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 24. März 2014 wird geändert.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 26. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.
I
Die Klägerin wendet sich gegen einen Haftungsbescheid, mit dem die Beklagte sie für Steuerschulden einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts für das Jahr 2001 in Anspruch nimmt.
Die Klägerin betrieb ab Februar 1998 zusammen mit einem Mitgesellschafter eine Gemeinschaftspraxis für Physiotherapie in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Stadtgebiet der Beklagten (künftig: Gesellschaft). Im Oktober 2001 kündigte der Mitgesellschafter den Gesellschaftervertrag fristlos. Mit einem an die Klägerin adressierten Bescheid vom 21. Juli 2003 setzte die Beklagte u.a. die Gewerbesteuer 2001 in Höhe von 168 820,00 DM (= 86 316,30 €) zuzüglich Verspätungszuschlag und Nachzahlungszinsen fest. Am 25. Juli 2003 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass die Gesellschaft seit dem 23. Oktober 2001 nicht mehr bestehe. Sie beantragte bei der Beklagten mit Schreiben vom 10. September 2003 die Stundung der Gewerbesteuer 2001. Mit Bescheid vom 19. Januar 2004 setzte die Beklagte die Steuerforderungen herab, nachdem das Finanzamt den zu Grunde liegenden Steuermessbetrag verringert hatte. Nachdem die Klägerin gegen den Gewerbesteuermessbescheid Klage erhoben und das Finanzamt die Vollziehung des Gewerbesteuermessbetragsbescheides 2001 ausgesetzt hatte, setzte die Beklagte, die bereits mit Schreiben vom 10. März und 21. Oktober 2004 Stundungen bewilligt hatte, mit Schreiben vom 2. Mai 2006 die Vollziehung ihres Steuerbescheides widerruflich bis zur Erledigung des Rechtsstreits aus. Mit einem an die Klägerin adressierten Bescheid vom 6. Oktober 2009 setzte die Beklagte die Gewerbesteuer 2001 auf 13 363,00 DM (= 6 832,39 €) fest und erhob einen Verspätungszuschlag, nachdem der Steuermessbetrag für 2001 auf 2 905,00 DM (= 1 485,30 €) reduziert worden war. Durch ein an die Gesellschaft adressiertes Schreiben vom 7. Oktober 2009 hob die Beklagte die Aussetzung der Vollziehung für den Erhebungszeitraum 2001 auf.
Mit Haftungsbescheid vom 6. November 2009 verlangte die Beklagte von der Klägerin als Gesamtschuldnerin die Zahlung von 10 713,77 € für die Steuerverbindlichkeiten der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus Gewerbesteuern 2001 in Höhe von 6 832,39 €, Nachzahlungssowie Aussetzungszinsen in Höhe von 571,11 € und 3 162,00 € sowie einem Verspätungszuschlag in Höhe von 148,27 €. Die Beklagte führte aus, sie sei aufgrund der Subsidiarität des Haftungsanspruchs zunächst gehalten gewesen, sich an die Steuerschuldnerin zu wenden. Eine Vollstreckung gegen die Steuerschuldnerin (GbR) erscheine aussichtslos, weil diese nicht mehr existiere. Da der Haftungstatbestand keine Beschränkung der Haftungsschuld der Höhe nach vorsehe, sei es grundsätzlich ermessensgerecht, den Haftungsanspruch in voller Höhe geltend zu machen. Sie habe sich entschieden, sämtliche Gesellschafter als Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen, weil sie nicht davon ausgehe, dass ein Gesellschafter allein für die Steuerforderungen aufkommen könne.
Die Klage gegen den Haftungsbescheid vom 6. November 2009 hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 26. Oktober 2010 abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat auf die von ihm zugelassene Berufung das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und den Bescheid der Beklagten vom 6. November 2009 aufgehoben. Der Haftungsbescheid habe gemäß § 191 Abs. 4 AO nicht erlassen werden dürfen, da der Haftungsanspruch zum Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheides in entsprechender Anwendung des § 159 Abs. 1 HGB verjährt gewesen sei.
Der Beklagte trägt zur Begründung der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision im Wesentlichen vor, der Anspruch sei nicht verjährt, denn die Verjährung sei nach § 231 AO unterbrochen gewesen. Der entsprechend anwendbare § 159 Abs. 4 HGB erfasse auch den steuerrechtlichen Tatbestand der Verjährungsunterbrechung nach § 231 AO.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 24. März 2014 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 26. Oktober 2010 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
II
Die Revision der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 i.V.m. §
Das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§
1. Zwar ist das Oberverwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die aufgelöste Gesellschaft für den Erhebungszeitraum von 1. Januar bis 23. Oktober 2001 gewerbesteuerpflichtig (§§ 2, 5, 14 Satz 3 GewStG) war. Die Gewerbesteuer ist mit Ablauf des Erhebungszeitraums (§ 18 GewStG) entstanden. Der Gewerbesteuerbescheid vom 21. Juli 2003 wahrte die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO. Die Steuerforderung war im Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheides auch noch nicht durch Zahlungsverjährung erloschen (§ 47 i.V.m. § 228 AO). Denn die fünfjährige Verjährungsfrist (§ 228 Satz 2 AO), die mit Ablauf des Jahres 2003, in dem die Gewerbesteuer nach § 20 Abs. 2 GewStG fällig geworden war, erstmals zu laufen begonnen hatte (§ 229 Abs. 1 Satz 1 AO), war durch die Stundungen vom 10. März und 21. Oktober 2004 und sodann durch die am 2. Mai 2006 ausgesprochene Aussetzung der Vollziehung des Steuerbescheides unterbrochen worden (§ 231 Abs. 1 Satz 1 AO) und hatte nach Ende der Aussetzung im Oktober 2009 erst mit Ablauf dieses Kalenderjahres neu begonnen (§ 231 Abs. 3 AO).
Das Oberverwaltungsgericht hat weiter zutreffend angenommen, dass für die bestehende Steuerschuld der Gesellschaft die Klägerin als Gesellschafterin persönlich und gesamtschuldnerisch haftet. Dabei schließt sich der Senat abweichend von der früheren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 13. August 1993 -
2. Mit Bundesrecht nicht vereinbar ist jedoch die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts, der angefochtene Haftungsbescheid habe gemäß § 191 Abs. 4 AO nicht ergehen dürfen, da der Haftungsanspruch in diesem Zeitpunkt bereits verjährt gewesen sei.
a) Für die Verjährung des Steuerhaftungsanspruchs gegen die Gesellschafter einer aufgelösten Gesellschaft bürgerlichen Rechts gilt in analoger Anwendung von § 159 Abs. 1 HGB eine Frist von fünf Jahren, sofern nicht der Anspruch gegen die Gesellschaft einer kürzeren Verjährung unterliegt (BFH, Urteil vom 26. August 1997 -
b) Bei Erlass des Haftungsbescheides vom 6. November 2009 war die fünfjährige Verjährungsfrist gleichwohl nicht abgelaufen, weil die Beklagte mittlerweile den Neubeginn der Frist bewirkt hatte. Gemäß § 159 Abs. 4 HGB wirkt der Neubeginn der gegenüber der aufgelösten Gesellschaft laufenden Verjährung - die dort gleichfalls genannte Hemmung der Verjährung nach § 204 BGB kommt hier nicht in Betracht - auch gegenüber den Gesellschaftern, die der Gesellschaft zur Zeit der Auflösung angehört haben. Wie oben dargelegt, wurde die Verjährung der Steuerforderung gegenüber der Gesellschaft gemäß § 231 Abs. 1 Satz 1 AO dadurch unterbrochen, dass die Beklagte, die die Steuerforderung bereits im Jahr 2004 gestundet hatte, mit Schreiben vom 2. Mai 2006 die Vollziehung des Steuerbescheides aussetzte, so dass nach § 231 Abs. 3 AO erst mit Ablauf des Jahres 2009 eine neue Verjährungsfrist begann. Soweit das Berufungsgericht meint, ein Gesellschafter müsse sich im Rahmen des § 159 Abs. 4 HGB nur den Neubeginn der Verjährung nach § 212 BGB (bzw. ihre Hemmung nach § 204 BGB), nicht aber die abgabenrechtliche Verjährungsunterbrechung entgegenhalten lassen, kann der Senat dem nicht folgen.
aa) Der Gesetzeswortlaut ermöglicht jedenfalls eine Auslegung dahin, dass der in § 159 Abs. 4 HGB erwähnte Neubeginn der Verjährung über den Anwendungsbereich des § 212 BGB hinaus auch die Unterbrechungstatbestände des § 231 Abs. 1 AO einschließt; denn Rechtsfolge der Unterbrechung ist gemäß § 231 Abs. 3 AO ebenfalls der Beginn einer neuen Verjährungsfrist (so auch FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2011 -
bb) Die Systematik des Gesetzes stützt dieses Auslegungsergebnis. Die Regelung in § 159 Abs. 4 HGB ordnet nicht selbst den Neubeginn der Verjährung an. Vielmehr setzt sie den Neubeginn der Verjährung gegenüber der Gesellschaft voraus und überträgt lediglich seine Wirkung auf die ehemaligen Gesellschafter (vgl. BFH, Urteil vom 26. August 1997 -
Die Frage, ob ein steuerrechtlicher Anspruch gegenüber der Gesellschaft verjährt oder ob die Verjährungsfrist wirksam unterbrochen ist, kann sich dabei nur nach dem zu Grunde liegenden Fachrecht, also nach der Abgabenordnung, richten (BFH, Urteil vom 26. August 1997 -
cc) Auch der aus der Entstehungsgeschichte ersichtliche Normzweck des § 159 Abs. 4 HGB bestätigt das beschriebene Normverständnis. Die Vorschrift geht zurück auf das Gesetz zur zeitlichen Begrenzung der Nachhaftung von Gesellschaftern (Nachhaftungsbegrenzungsgesetz) vom 18. März 1994 (BGBl. I S.
Auch die jüngste Änderung des § 159 Abs. 4 HGB aufgrund der Neuregelung der Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26. November 2001 (BGBl. I S.
3. Ermessensfehler sind der Beklagten bei Erlass des Haftungsbescheides nicht unterlaufen. Sie durfte sich darauf stützen, im öffentlichen Interesse verpflichtet zu sein, geschuldete Abgaben einzutreiben, und hat eine Möglichkeit, den Steueranspruch anderweitig zu realisieren, nicht gesehen. Sie hat auch beide Gesellschafter mit Haftungsbescheid in Anspruch genommen.
4. Gemäß § 219 Satz 1 AO durfte die Klägerin auch mit einer Zahlungsaufforderung, die mit dem Haftungsbescheid verbunden werden konnte (BFH, Beschluss vom 8. Februar 2008 -
Die Kostenentscheidung beruht auf §
Beschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 10 713,77 € festgesetzt (§