12.2 Der Asset Deal

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12.2.2 Erwerberhaftung nach § 75 AO

12.15

Aus steuerlicher Sicht ist die fehlende Übernahme der steuerlichen Verbindlichkeiten und Risiken aus dem Betrieb ein wesentlicher Vorzug des Asset Deals. Dieser Vorteil wird durch § 75 AO für bestimmte Steuern eingeschränkt, indem der Erwerber hiernach für betriebsbezogene Steuern (insbesondere Umsatz-, Lohn- und Gewerbesteuer) sowie Abzugsteuern (insbesondere Kapitalertragsteuern) bei Übernahme eines Betriebs oder Teilbetriebs in Anspruch genommen werden kann (ausführlich zur Haftung nach § 75 AO unter Rdnr. 25.2 ff.).

12.16

Aus Sicht des Erwerbers ist hierbei auf zwei Aspekte besonders hinzuweisen:

1.

Es handelt sich um eine Haftung für Steuern, die eigentlich der Verkäufer gegenüber dem Finanzamt schuldet. Sie kommt nach § 219 Satz 1 AO nur dann in Betracht, wenn das Finanzamt den Verkäufer erfolglos in Anspruch genommen hat bzw. dies offensichtlich aussichtslos ist. Mit anderen Worten: Der Erwerber trägt für bestimmte Steuern das Insolvenzrisiko des Verkäufers.

2.

Für die Haftung nach § 75 AO kommt es auf verschiedene Zeiträume an.3) Der Erwerber muss jedoch damit rechnen, ggf. noch vier Jahre nach dem Erwerb für Steuern des Verkäufers in Anspruch genommen zu werden.4)

12.17

Praxistipp

Bei der Bemessung des potentiellen Risikos ist zu beachten, dass zu den betrieblichen Steuern auch die Gewerbesteuer zählt. Im Fall eines hohen Veräußerungsgewinns auf Seiten des Verkäufers könnte der Erwerber damit für die vollständige Abführung der Gewerbesteuer auf den Veräußerungsgewinn haften, wobei der Umfang der Haftung umstritten ist.5)

12.18

Aus Erwerbersicht empfiehlt es sich, entsprechende Absicherungen im Vertrag vorzusehen. Da eine Inanspruchnahme die Insolvenz des Verkäufers voraussetzt, sollte sichergestellt werden, dass die Absicherung in diesem Fall auch werthaltig ist. Mögliche Absicherungen sind:

Freistellungspflicht des Verkäufers (nur mit zusätzlichem Garantiegeber)

Eine Freistellungsverpflichtung des Verkäufers kann nur in Kombination mit einem unabhängigen Garantiegeber als Absicherung gegen eine Inanspruchnahme nach § 75 AO dienen. Der Käufer trägt hier jedoch weiterhin das Solvenzrisiko des Garantiegebers.

Kaufpreiseinbehalt/Bankgarantie

Ein Kaufpreiseinbehalt oder eine Bankgarantie bieten für den Käufer die meiste Sicherheit. Aufgrund des Zeitraums (siehe Rdnr. 12.16), über den noch eine Inanspruchnahme drohen kann, ist dies für einen Verkäufer regelmäßig nicht akzeptabel.

Kaufpreiseinbehalt mit Unbedenklichkeitsbescheinigung

Im Fall eines erheblichen Risikos kommt es in Betracht, einen angemessenen Kaufpreiseinbehalt vorzusehen, der nach Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung (nach Ablauf des diesbezüglichen Haftungszeitraums von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebserwerbs) freigegeben wird.6) Dies kann einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Absicherungsinteresse des Erwerbers und dem Interesse an einer zeitnahen Mittelfreigabe auf Seiten des Verkäufers darstellen.

12.19

Je nach Relevanz im Einzelfall ist aus Erwerbersicht zudem eine Absicherung gegen eine Inanspruchnahme auf Grundlage paralleler Haftungsnormen zu prüfen (vgl. § 11 Abs. 2 GrStG sowie § 13c UStG) und ggf. sind in gleicher Weise entsprechende Absicherungen im Vertrag vorzusehen.