1.1 Echte Neugründung

...

1.1.1.5 Typische Haftungsgefahren bei der Gründung

1.21

Das GmbHG sieht eine Reihe von Vorschriften zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Kapitalaufbringung vor. Verstöße führen zu einer Neuerfüllungs- bzw. Schadenersatzpflicht. Zu den besonderes haftungsträchtigen Fällen gehören:

1.22

Wertlose Sacheinlage: Ist die Sacheinlage zum Anmeldungszeitpunkt nicht ausreichend werthaltig, so kann das Registergericht die Eintragung verweigern. Falls sie akzeptiert wird, kann vom Inferenten aber nachträglich - unabhängig vom Verschulden - der Differenzbetrag als Bareinlage gefordert werden (§ 9 Abs. 1 GmbHG).

1.23

Falsche Angaben: Werden dem Handelsregister gegenüber falsche Angaben gemacht (z.B., wenn Einlagen gar nicht in das Vermögen der GmbH eingebracht wurden), so haften alle Gesellschafter dafür (§ 9a Abs. 1 GmbHG). Allerdings können einzelne Gesellschafter nachweisen, dass sie kein Verschulden trifft, in diesem Fall ist die Haftung ausgeschlossen.

1.24

Überhöhte Gründungskosten: Die Gesellschafter haften auch für überhöhte Gründungskosten, soweit ihnen mindestens grobe Fahrlässigkeit trifft. Auch hier ist eine Exkulpationsmöglichkeit gegeben.

1.25

Verdeckte Sacheinlage: Wird zunächst eine Bareinlage erbracht, und kurze Zeit (bis zu ca. sechs Monate) danach veräußert der Gesellschafter eine Sache oder eine Forderung an die GmbH, so gilt die ursprüngliche Bareinlage als nicht erbracht und muss wiederholt werden (§ 19 Abs. 4 GmbHG). Es wird unterstellt, dass schon bei Erbringung der Bareinlage eine Verabredung zur (späteren) Sacheinlage getroffen wurde, so dass die Bareinlage nie der Gesellschaft "zur freien" Verfügung stand. Allerdings wird auf die Bareinlageverpflichtung der Wert der Sacheinlage angerechnet.

1.26

Hin- und Herzahlen: Wird eine Bareinlage erbracht, aber kurze Zeit danach dem Gesellschafter oder einer ihm nahestehenden Person zurückgewährt, so gilt die Bareinlage als nicht erbracht und muss wiederholt werden (§ 19 Abs. 5 GmbHG). Dies gilt vor allem auch dann, wenn dem Gesellschafter oder einem Angehörigen durch die Gesellschaft ein Darlehen gewährt wird. Ausnahmsweise ist die Darlehensvergabe unschädlich, wenn der Vorgang zum Handelsregister angemeldet wird, das Darlehen jederzeit fällig gestellt werden kann und der Gesellschafter nachweisen kann, dass der Darlehensnehmer zum Zeitpunkt der Handelsregisteranmeldung solvent war.

1.27

Unterbilanzhaftung/Verlustdeckungshaftung: Zum Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister (nicht: Anmeldung) muss das Stammkapital den Gläubigern in voller Höhe als Sicherungsmasse zur Verfügung stehen. Ist es bereits durch Geschäftsvorfälle angegriffen, so haften die Gesellschafter im Rahmen einer sogenannten "Unterbilanzhaftung" (oder auch "Vorbelastungshaftung" genannt) für die entstandene Unterbilanz anteilig und unbeschränkt.5) In dieser Bilanz sind die Aktiva mit ihren Zeitwerten zu bilanzieren. Dabei ist von einer Fortführung auszugehen. Wurde ein Unternehmen eingebracht, kommt auch eine Bewertung nach dem Ertragswertverfahren in Betracht. Eigenkapitalersetzende Darlehen (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO) sind grundsätzlich zu passivieren, auch wenn eine einfache Rangrücktrittsvereinbarung besteht.6)

1.28

Eine Unterbilanz liegt dann vor, wenn die Aktiva abzüglich der Schulden das gezeichnete Kapital nicht decken. Die Gesellschafter haften anteilig und unbeschränkt, wenn das Stammkapital zum Eintragungszeitpunkt nicht vom Nettovermögen gedeckt ist. Kommt es nicht zur Eintragung, ist maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung, ob und inwieweit eine Haftung gegeben ist, das Scheitern der Eintragung. Man spricht dann von einer "Verlustdeckungshaftung".