Stand: 10.12.1999
zuletzt geändert durch:
-, -
Zu § 2 UStG

18 UStR2000 Gewerbliche oder berufliche Tätigkeit

18 Gewerbliche oder berufliche Tätigkeit

UStR2000 ( Umsatzsteuer-Richtlinien 2000 )

(1) 1Der Begriff der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit im Sinne des UStG geht über den Begriff des Gewerbebetriebes nach dem Einkommensteuergesetz und dem Gewerbesteuergesetz hinaus (vgl. BFH-Urteil vom 5. 9. 1963 - BStBl III S. 520). 2Eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit setzt voraus, daß Leistungen im wirtschaftlichen Sinne ausgeführt werden. 3Betätigungen, die sich nur als Leistungen im Rechtssinne, nicht aber zugleich auch als Leistungen im wirtschaftlichen Sinne darstellen, werden von der Umsatzsteuer nicht erfaßt (vgl. BFH-Urteil vom 31. 7. 1969 - BStBl II S. 637). 4Die Unterhaltung von Giro-, Bauspar- und Sparkonten sowie das Eigentum an Wertpapieren begründen für sich allein noch nicht die Unternehmereigenschaft einer natürlichen Person (vgl. BFH-Urteile vom 1. 2. 1973 - BStBl II S. 172 - und vom 11. 10. 1973 - BStBl 1974 II S. 47). 5Auch das bloße Erwerben und Halten von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften oder von Schuldverschreibungen ist keine nachhaltige gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG. 6Eine unternehmerische Betätigung kann aber dann vorliegen, wenn jemand durch geschäftsmäßigen An- und Verkauf von Kapital- oder Gesellschaftsbeteiligungen aller Art wie ein Händler auftritt und damit eine nachhaltige, auf Einnahmeerzielung gerichtete Tätigkeit entfaltet (vgl. BFH-Urteil vom 15. 1. 1987 - BStBl II S. 512). (2) 1Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nachhaltig ausgeübt, wenn sie auf Dauer zur Erzielung von Entgelten angelegt ist (vgl. BFH-Urteile vom 30. 7. 1986 - BStBl II S. 874 - und vom 18. 7. 1991 - BStBl II S. 776). 2Ob dies der Fall ist, richtet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall. 3Die für und gegen die Nachhaltigkeit sprechenden Merkmale müssen gegeneinander abgewogen werden. 4Als Kriterien, die für die Nachhaltigkeit sprechen können, kommen nach dem BFH-Urteil vom 18. 7. 1991 (a. a. O.) insbesondere in Betracht: - mehrjährige Tätigkeit, - planmäßiges Handeln, - auf Wiederholung angelegte Tätigkeit, - die Ausführung mehr als nur eines Umsatzes, - Vornahme mehrerer gleichartiger Handlungen unter Ausnutzung derselben Gelegenheit oder desselben dauernden Verhältnisses, - langfristige Duldung eines Eingriffs in den eigenen Rechtskreis, - Intensität des Tätigwerdens, - Beteiligung am Markt, - Auftreten wie ein Händler, - Unterhalten eines Geschäftslokals, - Auftreten nach außen, z. B. gegenüber Behörden. 5Eine Verwaltungs- oder eine Auseinandersetzungs-Testamentsvollstreckung, die sich über mehrere Jahre erstreckt, ist in der Regel nachhaltig (vgl. BFH-Urteile vom 7. 8. 1975 - BStBl 1976 II S. 57 -, vom 26. 9. 1991 - ;UR 1993 S. 194 - und vom 30. 5. 1996 - UR 1997 S. 143). 6Ein Angehöriger einer Automobilfabrik, der von dieser unter Inanspruchnahme des Werksangehörigenrabatts fabrikneue Automobile erwirbt und diese nach einer Behaltefrist von mehr als einem Jahr wieder verkauft, ist nach dem BFH-Urteil vom 18. 7. 1991 (BStBl II S. 776) nicht nachhaltig als Unternehmer tätig. 7Ein Briefmarkensammler, der aus privaten Neigungen sammelt, unterliegt nicht der Umsatzsteuer, soweit er Einzelstücke veräußert (wegtauscht), die Sammlung teilweise umschichtet oder die Sammlung ganz oder teilweise veräußert (BFH-Urteil vorn 29. 6. 1987 - BStBl II S. 744). 8Das gilt auch für die Tätigkeit eines Münzsammlers (vgl. BFH-Urteil vom 16. 7. 1987 - BStBl II S. 752). 9Der Erwerb eines Einzelunternehmens zu dem Zweck, es unmittelbar in eine Personengesellschaft einzubringen, begründet keine unternehmerische Betätigung, weil damit regelmäßig keine auf gewisse Dauer angelegte geschäftliche Tätigkeit entfaltet wird (vgl. BFH-Urteil vom 15. 1. 1987 - BStBl II S. 512). 10Zur Frage der Nachhaltigkeit bei Unterlassen des Wettbewerbs (vgl. BFH-Urteile vom 30. 7. 1986 - BStBl II S. 874). 11Wer einmalig einen Nießbrauch an seinem Grundstück bestellt, erbringt eine nachhaltige Duldungsleistung (vgl. BFH-Urteil vom 16. 12. 1971 - BStBl 1972 II S. 238). 12Der Gesellschafter einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts kann allein durch Vermietung eines Gegenstandes an die Gesellschaft nachhaltig tätig werden (vgl. BFH-Urteil vom 7. 11. 1991 - BStBl 1992 II S. 269). 13Die Nachhaltigkeit des An- und Verkaufs mehrerer neuer Kfz kann nicht allein unter Berufung darauf verneint werden, es habe sich um "private Gefälligkeiten" gehandelt (BFH-Urteil vom 7. 9. 1995 - BStBl 1996 II S. 109).14Das Betreiben einer Photovoltaikanlage durch sonst nicht unternehmerisch tätige Personen ist als nachhaltige Tätigkeit anzusehen, wenn durch entsprechende Planung und Auslegung der Anlage von vornherein feststeht, daß dauernd überschüssiger Strom erzeugt werden wird, der dann dauerhaft gegen Entgelt in das allgemeine Stromnetz eingespeist wird.15Sofern die Photovoltaikanlage ausschließlich oder überwiegend der eigenen (privaten) Stromversorgung dient und nur gelegentlich ein Stromüberschuß entsteht, ist der Anlagenbetreiber nicht Unternehmer.16Bei der Vermietung von Gegenständen, die ihrer Art nach sowohl für unternehmerische als auch für nichtunternehmerische Zwecke verwendet werden können (z. B. sog. Freizeitgegenstände), sind alle Umstände ihrer Nutzung zu prüfen, um festzustellen, ob sie tatsächlich zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen verwendet werden (vgl. EuGH-Urteil vom 26. 9. 1996 - UR 1996 S. 418).17Die nur gelegentliche Vermietung eines (im übrigen privat genutzten) Wohnmobils durch den Eigentümer ist keine unternehmerische Tätigkeit.18Bei der Beurteilung, ob zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen vermietet wird, kann ins Gewicht fallen, daß nur ein einziges, seiner Art nach für die Freizeitgestaltung geeignetes Fahrzeug angeschafft, daß es überwiegend für private eigene Zwecke und für nichtunternehmerische Zwecke des Ehegatten genutzt worden ist, daß es nur mit Verlusten eingesetzt und weitestgehend von dem Ehegatten finanziert und unterhalten wurde, daß es nur für die Zeit der effektiven Nutzung als Mietfahrzeug versichert worden war und daß weder ein Büro noch besondere Einrichtungen zur Unterbringung und Pflege des Fahrzeugs vorhanden waren (BFH-Urteil vom 12. 12. 1996 - BStBl 1997 II S. 368). (3) 1Die Tätigkeit muß auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet sein. 2Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich. 3Eine Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen liegt vor, wenn die Tätigkeit im Rahmen eines Leistungsaustausches ausgeübt wird. 4Die Unternehmereigenschaft setzt somit voraus, daß Lieferungen oder sonstige Leistungen gegen Entgelt bewirkt werden. 5Eine bloße Absichtserklärung, entgeltliche Leistungen ausführen zu wollen, reicht nicht aus, die Unternehmereigenschaft zu begründen.6Zur Unternehmereigenschaft bei Vorbereitungshandlungen für eine beabsichtigte unternehmerische Tätigkeit, die nicht zu Umsätzen führt, vgl. Abschnitt 19 Abs. 1 bis 5. (4) 1Der persönlich haftende Gesellschafter einer Personengesellschaft ist mit einer Geschäftsführertätigkeit für die Gesellschaft kein Unternehmer (vgl. BFH-Urteil vom 17. 7. 1980 - BStBl II S. 622). 2Das gleiche gilt für den Vorstandsvorsitzenden einer kassenärztlichen Vereinigung, der als ihr Organverwalter keine geschäftliche Betätigung gegenüber einem Dritten erbringt (BFH-Urteil vom 4. 11. 1982 - BStBl 1983 II S. 156), jedoch nicht für die Tätigkeit eines Kommanditisten als Mitglied eines Beirates, dem vor allem Zustimmungs- und Kontrollrechte übertragen sind (vgl. BFH-Urteil vom 24. 8. 1994 - BStBl 1995 II S. 150) oder für die Tätigkeit einer GmbH als Liquidator einer GmbH & Co. KG, deren Geschäfte sie als alleiniger persönlich haftender Gesellschafter geführt hatte, wenn hierfür ein Sonderentgelt vereinbart wurde (vgl. BFH-Urteil vom 8. 11. 1995 - BStBl 1996 II S. 176). 3Das echte Factoring (Forderungskauf mit voller Übernahme des Ausfallwagnisses) stellt beim Factoring-Institut keine unternehmerische Tätigkeit dar, weil das Institut weder mit den Ankauf der Forderung noch mit ihrer Einziehung eine Leistung gegen Entgelt ausführt (vgl. BFH-Urteil vom 10. 12. 1981 - BStBl 1982 II S. 200). 4Eine Personenhandelsgesellschaft ist, soweit sie an anderen Gesellschaften beteiligt ist, regelmäßig nicht Unternehmer (BFH-Urteile vom 20. 1. 1988 - BStBl II S. 557 - und vom 28. 9. 1988 - BStBl 1989 II S. 122).