2003-48-EG EG 2003/48
Stand: 24.03.2014
zuletzt geändert durch:
Richtlinie 2014/48/EU, ABl. L 111 vom 15. 4. 2014 S. 50
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EG des Rates vom 3. Juni 2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen

2003-48-EG Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3. Juni 2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen

Einführung

2003-48-EG ( Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3. Juni 2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen )

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION - gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 94, auf Vorschlag der Kommission, nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses, in Erwägung nachstehender Gründe: (1)  Die Artikel 56 bis 60 des Vertrags garantieren den freien Kapitalverkehr. (2)  Zinserträge aus Forderungen stellen für die Gebietsansässigen sämtlicher Mitgliedstaaten steuerbares Einkommen dar. (3)  Gemäß Artikel 58 Absatz 1 des Vertrags haben die Mitgliedstaaten das Recht, die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln, und die unerlässlichen Maßnahmen zu treffen, um Zuwiderhandlungen gegen innerstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften, insbesondere auf dem Gebiet des Steuerrechts, zu verhindern. (4)  Gemäß Artikel 58 Absatz 3 des Vertrags dürfen die steuerrechtlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von Missbrauch und Steuerhinterziehung weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs im Sinne des Artikels 56 des Vertrags darstellen. (5)  Da es an jeglicher Koordinierung der nationalen Systeme zur Besteuerung von Zinserträgen fehlt, insbesondere was die steuerliche Behandlung von Zinsen anbelangt, die von Gebietsfremden vereinnahmt werden, können in einem Mitgliedstaat Ansässige derzeit häufig jegliche Besteuerung von in einem anderen Mitgliedstaat vereinnahmten Zinsen im Mitgliedstaat ihres Wohnsitzes vermeiden. (6)  Dieser Zustand führt zu Verzerrungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten, die nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar sind. (7)  Die vorliegende Richtlinie beruht auf dem Konsens, den der Europäische Rat auf seiner Tagung vom 19. und 20. Juni 2000 in Santa Maria da Feira und der Rat "Wirtschaft und Finanzen" auf seinen Tagungen vom 26. und 27. November 2000, 13. Dezember 2001 und 21. Januar 2003 erzielt haben. (8)  Diese Richtlinie soll es letztendlich ermöglichen, dass Erträge, die in einem Mitgliedstaat im Wege von Zinszahlungen an wirtschaftliche Eigentümer, die natürliche Personen und in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind, erzielt werden, nach den Rechtsvorschriften dieses letzteren Mitgliedstaats effektiv besteuert werden. (9)  Das Ziel dieser Richtlinie lässt sich am besten dadurch erreichen, dass die Zinszahlungen erfasst werden, die von einem in den Mitgliedstaaten niedergelassenen Wirtschaftsbeteiligten an wirtschaftliche Eigentümer, die als natürliche Personen in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind, geleistet oder zu deren Gunsten eingezogen werden. (10) Da das mit dieser Richtlinie angestrebte Ziel mangels Koordinierung der nationalen Systeme zur Besteuerung von Zinserträgen auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden kann und daher besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen ist, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip beschränkt sich diese Richtlinie auf das zum Erreichen dieses Ziels notwendige Mindestmaß und geht nicht über das dafür erforderliche Maß hinaus. (11) Die Zahlstelle ist derjenige Wirtschaftsbeteiligte, der dem wirtschaftlichen Eigentümer Zinsen zahlt oder eine Zinszahlung zu dessen unmittelbaren Gunsten einzieht. (12) Bei der Definition des Begriffs der Zinszahlung und des Zahlstellenmechanismus sollte, wo dies angebracht ist, auf die Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) Bezug genommen werden. (13) Der Anwendungsbereich dieser Richtlinie sollte auf die Besteuerung von Zinserträgen aus Forderungen beschränkt werden, so dass unter anderem Fragen im Zusammenhang mit der Besteuerung von Renten und Versicherungsleistungen unberührt bleiben. (14) Die als letztliches Ziel angestrebte Ermöglichung der effektiven Besteuerung von Zinszahlungen in dem Mitgliedstaat, in dem der wirtschaftliche Eigentümer steuerlich ansässig ist, kann im Wege des Austauschs von Informationen über Zinszahlungen zwischen den Mitgliedstaaten erreicht werden. (15) Die Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom 19. Dezember 1977 über die Amtshilfe der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten und indirekten Steuern bietet den Mitgliedstaaten bereits eine Grundlage für die zu steuerlichen Zwecken erfolgende gegenseitige Auskunftserteilung über die von der vorliegenden Richtlinie erfassten Einkommen. Sie sollte deshalb in Ergänzung zu der vorliegenden Richtlinie auf die betreffenden Auskunftserteilungen weiterhin angewandt werden, soweit in der vorliegenden Richtlinie nichts anderes bestimmt ist. (16) Der automatische Austausch von Auskünften zwischen den Mitgliedstaaten über die von dieser Richtlinie erfassten Zinszahlungen ermöglicht eine effektive Besteuerung dieser Zinszahlungen in dem Mitgliedstaat, in dem der wirtschaftliche Eigentümer steuerlich ansässig ist, entsprechend den nationalen Rechtsvorschriften dieses Staates. Daher ist festzulegen, dass sich die Mitgliedstaaten, die Auskünfte nach dieser Richtlinie austauschen, nicht auf die in Artikel 8 der Richtlinie 77/799/ EWG niedergelegten Grenzen des Auskunftsaustauschs berufen dürfen. (17) In Anbetracht struktureller Unterschiede können Österreich, Belgien und Luxemburg die automatische Auskunftserteilung nicht zur gleichen Zeit wie die anderen Mitgliedstaaten anwenden. Da ein Minimum an effektiver Besteuerung durch Erhebung einer Quellensteuer, insbesondere einer solchen, deren Steuersatz schrittweise auf 35 % angehoben wird, gewährleistet werden kann, sollten diese drei Mitgliedstaaten während eines Übergangszeitraums eine Quellensteuer auf die von dieser Richtlinie erfassten Zinserträge anwenden. (18) Um Ungleichbehandlungen zu vermeiden, sollten Österreich, Belgien und Luxemburg nicht verpflichtet sein, die automatische Auskunftserteilung anzuwenden, bevor die Schweizerische Eidgenossenschaft, das Fürstentum Andorra, das Fürstentum Liechtenstein, das Fürstentum Monaco und die Republik San Marino die effektive Auskunftserteilung über Zinszahlungen auf Ersuchen sicherstellen. (19) Diese Mitgliedstaaten sollten den größeren Teil ihrer Einnahmen aus der Quellensteuer an den jeweiligen Wohnsitzmitgliedstaat des wirtschaftlichen Eigentümers der Zinsen weiterleiten. (20) Diese Mitgliedstaaten sollten ein Verfahren vorsehen, das es in anderen Mitgliedstaaten steuerlich ansässigen wirtschaftlichen Eigentümern ermöglicht, die Erhebung dieser Quellensteuer dadurch zu vermeiden, dass sie ihre Zahlstelle zur Meldung der Zinszahlungen ermächtigen oder dass sie eine von der zuständigen Behörde des Mitgliedstaates, in dem sie steuerlich ansässig sind, ausgestellte Bescheinigung vorlegen. (21) Der Mitgliedstaat des steuerlichen Wohnsitzes des wirtschaftlichen Eigentümers sollte jegliche Doppelbesteuerung von Zinszahlungen, die sich aus der Erhebung dieser Quellensteuer nach den Verfahren dieser Richtlinie ergeben könnte, ausschließen. Dies sollte in der Weise geschehen, dass er diese Quellensteuer bis zur Höhe des Steuerbetrags gutschreibt, der in seinem Gebiet geschuldet würde, und dem wirtschaftlichen Eigentümer den Betrag der eventuell zu viel einbehaltenen Steuer erstattet. Der Mitgliedstaat kann jedoch anstelle der Steuergutschrift eine Rückzahlung der Quellensteuer vorsehen. (22) Zur Vermeidung von Marktstörungen sollte diese Richtlinie während des Übergangszeitraums nicht für die Zahlung von Zinsen auf bestimmte umlauffähige Schuldtitel gelten. (23) Diese Richtlinie sollte die Mitgliedstaaten nicht daran hindern, auf in ihren Gebieten entstehende Zinsen andere Arten der Quellensteuer als die in dieser Richtlinie bezeichnete zu erheben. (24) Solange die Vereinigten Staaten von Amerika, die Schweiz, Andorra, Liechtenstein, Monaco, San Marino und die relevanten abhängigen oder assoziierten Gebiete der Mitgliedstaaten nicht insgesamt Maßnahmen erlassen, die den Bestimmungen dieser Richtlinie gleichwertig sind oder sich mit diesen decken, könnte die Kapitalflucht hin zu diesen Ländern und Gebieten die Erreichung ihrer Ziele gefährden. Daher ist es erforderlich, dass die Richtlinie von dem Zeitpunkt an gelten sollte, zu dem alle diese Länder und Gebiete die entsprechenden Maßnahmen anwenden. (25) Die Kommission sollte alle drei Jahre über die Anwendung dieser Richtlinie berichten und dem Rat gegebenenfalls die Änderungen vorschlagen, die erforderlich sind, um die effektive Besteuerung von Zinserträgen sowie die Beseitigung unerwünschter Wettbewerbsverzerrungen besser zu gewährleisten. (26) Diese Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und den Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden - HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN: