Stand: 10.12.1999
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Zu § 2 UStG

21 UStR2000 Organschaft

21 Organschaft

UStR2000 ( Umsatzsteuer-Richtlinien 2000 )

(1) 1Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG liegt vor, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert ist. 2Es ist nicht erforderlich, daß alle drei Eingliederungsmerkmale gleichermaßen ausgeprägt sind; Organschaft kann auch gegeben sein, wenn die Eingliederung auf einem dieser drei Gebiete nicht vollkommen, dafür aber auf den anderen Gebieten um so eindeutiger ist, so daß sich die Eingliederung aus dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse ergibt (vgl. BFH-Urteile vom 23. 4. 1964 - BStBl III S. 346 - und vom 22. 6. 1967 - BStBl III S. 715). 3Liegt Organschaft vor, sind die untergeordneten juristischen Personen (Organgesellschaften, Tochtergesellschaften) ähnlich wie Angestellte des übergeordneten Unternehmens (Organträger, Muttergesellschaft) als unselbständig anzusehen; Unternehmer ist der Organträger. (2) 1Als Organgesellschaften kommen nur juristische Personen des Zivil- und Handelsrechts in Betracht (vgl. BFH-Urteil vom 20. 12. 1973 - BStBl 1974 II S. 311). 2Organträger kann jeder Unternehmer sein. 3War die seit dem Abschluß eines Gesellschaftsvertrages bestehende Gründergesellschaft einer später in das Handelsregister eingetragenen GmbH nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert, so besteht die Organschaft zwischen der GmbH und dem Unternehmen bereits für die Zeit vor der Eintragung der GmbH in das Handelsregister (BFH-Urteil vom 9. 3. 1978 - BStBl II S. 486). 4Eine GmbH, die an einer Kommanditgesellschaft als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt ist, kann nicht als Organgesellschaft in das Unternehmen dieser Kommanditgesellschaft eingegliedert sein (BFH-Urteil vom 14. 12. 1978 - BStBl 1979 II S. 288). (3) Die Voraussetzungen für die umsatzsteuerliche Organschaft sind nicht in vollem Umfange identisch mit den Voraussetzungen der körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Organschaft. (4) 1Unter der finanziellen Eingliederung ist der Besitz der entscheidenden Anteilsmehrheit an der Organgesellschaft zu verstehen, die es ermöglicht, Beschlüsse in der Organgesellschaft durchzusetzen. 2Entsprechen die Beteiligungsverhältnisse den Stimmrechtsverhältnissen, so ist die finanzielle Eingliederung gegeben, wenn die Beteiligung mehr als 50 v. H. beträgt. 3An einer finanziellen Eingliederung in ein übergeordnetes Unternehmen fehlt es, wenn die Anteile zweier Kapitalgesellschaften ausschließlich von natürlichen Personen im Privatvermögen gehalten werden.4In diesem Fall ist keine der beiden Gesellschaften in das Gefüge des anderen Unternehmens eingeordnet, sondern es handelt sich vielmehr um gleichgeordnete Schwestergesellschaften (vgl. BFH-Urteil vom 18. 12. 1996 -BStBl 1997 II S. 441). 5Der Annahme einer finanziellen Eingliederung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft steht es jedoch nicht entgegen, wenn sich die Anteile nicht im Besitz der Personengesellschaft befinden, sondern den Gesellschaftern der Personengesellschaft selbst zustehen (vgl. RFH-Urteil vom 12. 7. 1940 - RStBl S. 910). 6Die maßgebliche Beteiligung von stillen Gesellschaftern einer offenen Handelsgesellschaft an einer GmbH muß bei der Beurteilung einer finanziellen Eingliederung der GmbH in die offene Handelsgesellschaft - im Wege mittelbarer Beteiligung - außer Betracht bleiben (BFH-Urteil vom 2. 8. 1979 - BStBl 1980 II S. 20). (5) 1Wirtschaftliche Eingliederung bedeutet, daß die Organgesellschaft gemäß dem Willen des Unternehmers im Rahmen des Gesamtunternehmens, und zwar in engem wirtschaftlichem Zusammenhang mit diesem, es fördernd und ergänzend, wirtschaftlich tätig ist (BFH-Urteil vom 22. 6. 1967 - BStBl III S. 715). 2Für die Frage der wirtschaftlichen Verflechtung kommt der Entstehungsgeschichte der Tochtergesellschaft eine wesentliche Bedeutung zu. 3Die Unselbständigkeit einer hauptsächlich im Interesse einer anderen Firma ins Leben gerufenen Produktionsfirma braucht nicht daran zu scheitern, daß sie einen Teil ihrer Erzeugnisse auf dem freien Markt absetzt. 4Der Fremdanteil ihres Absatzes darf aber, wenn die für die wirtschaftliche Eingliederung gebotene enge wirtschaftliche Verflechtung mit der anderen Firma erhalten bleiben soll, im Durchschnitt der Jahre nicht überwiegen (BFH-Urteil vom 27. 8. 1964 - BStBl III - S. 539). 5Ist dagegen eine Produktionsgesellschaft zur Versorgung eines bestimmten Marktes gegründet worden, kann ihre wirtschaftliche Eingliederung als Organgesellschaft auch dann gegeben sein, wenn zwischen ihr und der Muttergesellschaft Warenlieferungen nur in geringem Umfange oder überhaupt nicht vorkommen (vgl. BFH-Urteil vom 15. 6. 1972 - BStBl II S. 840). 6Anders als bei der Gewerbesteuer ist bei der Umsatzsteuer nicht Voraussetzung für das Vorliegen einer Organschaft, daß die Muttergesellschaft einen nach außen in Erscheinung tretenden Gewerbebetrieb unterhält, sofern die erforderliche wirtschaftliche Verflechtung gegeben ist (vgl. BFH-Urteil vom 17. 4. 1969 - BStBl II S. 413). 7Bei einer Betriebsaufspaltung in eine Besitzgesellschaft (Personengesellschaft) und eine Betriebsgesellschaft (Kapitalgesellschaft) und Verpachtung des Betriebsvermögens von der Besitzgesellschaft an die Betriebsgesellschaft steht die durch die Betriebsaufspaltung entstandene Kapitalgesellschaft im allgemeinen in einem Abhängigkeitsverhältnis zu der Besitzgesellschaft (vgl. BFH-Urteile vom 28. 1. 1965 - BStBl III S. 243 - und vom 17. 11. 1966 - BStBl 1967 III S. 103). 8Auch wenn bei einer Betriebsaufspaltung nur das Betriebsgrundstück ohne andere Anlagegegenstände verpachtet wird, kann eine wirtschaftliche Eingliederung vorliegen (BFH-Urteil vom 9. 9. 1993 - BStBl 1994 II S. 129). 9Die wirtschaftliche Eingliederung wird jedoch nicht aufgrund von Liquiditätsproblemen der Organtochter beendet (vgl. BFH-Urteil vom 19. 10. 1995 - UR 1996 S. 265). (6) 1Die organisatorische Eingliederung liegt vor, wenn der Organträger durch organisatorische Maßnahmen sicherstellt, daß in der Organgesellschaft sein Wille auch tatsächlich ausgeführt wird. 2Dies ist z. B. durch Personalunion der Geschäftsführer in beiden Gesellschaften der Fall (vgl. BFH-Urteile vom 23. 4. 1959 - BStBl III S. 256 - und vom 13. 4. 1961 - BStBl III S. 343). 3Nicht von ausschlaggebender Bedeutung ist, daß die Organgesellschaft in eigenen Räumen arbeitet, eine eigene Buchhaltung und eigene Einkaufs- und Verkaufsabteilungen hat, da dies dem Willen des Organträgers entsprechen kann (vgl. BFH-Urteil vom 23. 7. 1959 - BStBl III S. 376). 4Bei Organgesellschaften, bei denen der Organträger Geschäftsführer der Organgesellschaft ist, endet die Organschaft nur dann bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters im Rahmen der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter den maßgeblichen Einfluß auf die Organgesellschaft erhält und ihm eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung in der Organgesellschaft möglich ist (vgl. BFH-Urteil vom 13. 3. 1997 - BStBl II S. 580 für den Sequester im früheren Konkursverfahren).5Dies gilt auch bei einer Insolvenz des Organträgers.6Das Insolvenzverfahren steht der Organschaft grundsätzlich nicht entgegen, solange dem vorläufigen Insolvenzverwalter eine vom Willen des Vorstands abweichende Willensbildung beim Organträger nicht möglich ist.7Die Organschaft kann aber ausnahmsweise mit der Insolvenz des Organträgers enden, wenn sich die Insolvenz nicht auf die Organgesellschaft erstreckt (vgl. BFH-Urteil vom 28. 1. 1999 - BStBl II S. 258 für das frühere Konkursverfahren).