BVerfG - Beschluss vom 16.10.2020
1 BvR 1024/19
Normen:
GG Art. 5 Abs. 1 S. 1; GG Art. 5 Abs. 2; StGB § 185;
Fundstellen:
FamRZ 2021, 325
NJW 2021, 301
StV 2022, 384
Vorinstanzen:
LG Landshut, vom 19.11.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 307 Js 2438/18
BayObLG, vom 01.04.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 206 StRR 378/19

Eingriff in die Meinungsfreiheit durch strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Beleidigung aufgrund der Äußerung auf das berufliche Tätigwerden des betroffenen Richters in einer Dienstaufsichtsbeschwerde; Gewährleistung des hinreichenden Schutzes der Persönlichkeitsrechte von Amtsträgern und Politikern bzgl. der Reichweite und Grenzen zulässiger Machtkritik

BVerfG, Beschluss vom 16.10.2020 - Aktenzeichen 1 BvR 1024/19

DRsp Nr. 2020/18080

Eingriff in die Meinungsfreiheit durch strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Beleidigung aufgrund der Äußerung auf das berufliche Tätigwerden des betroffenen Richters in einer Dienstaufsichtsbeschwerde; Gewährleistung des hinreichenden Schutzes der Persönlichkeitsrechte von Amtsträgern und Politikern bzgl. der Reichweite und Grenzen zulässiger Machtkritik

1. Der Charakter einer Äußerung als Schmähung oder Schmähkritik folgt nicht schon aus einem besonderen Gewicht der Ehrbeeinträchtigung als solcher und ist damit nicht ein bloßer Steigerungsbegriff. Auch eine überzogene, völlig unverhältnismäßige oder sogar ausfällige Kritik macht eine Äußerung noch nicht zur Schmähung, so dass selbst eine Strafbarkeit von Äußerungen, die die persönliche Ehre erheblich herabsetzen, in aller Regel eine Abwägung erfordert. Eine Äußerung nimmt den Charakter als Schmähung dann an, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht.