Altersgrenze Die Altersgrenze, innerhalb derer die Behinderung eingetreten sein muss, ist nicht auf Grund entsprechender Anwendung des § 32 Abs. 5 Satz 1 EStG z. B. um den Zeitraum des vom Kind in früheren Jahren geleisteten Grundwehrdienstes zu verlängern (>BFH vom 2. 6. 2005 - BStBl II S. 756). Außerstande sein, sich selbst zu unterhalten - >A 19.4 DA-KG 2020: "(1) Bei Kindern mit Behinderung ist grundsätzlich der notwendige Lebensbedarf den kindeseigenen Mitteln gegenüberzustellen (vgl. aber Abs. 3). Übersteigen die kindeseigenen Mittel nicht den notwendigen Lebensbedarf, ist das Kind außerstande, sich selbst zu unterhalten. Falls die kindeseigenen Mittel den notwendigen Lebensbedarf überschreiten und ungleichmäßig zufließen (z. B. durch eine Nachzahlung oder die erstmalige Zahlung einer Rente), ist zu prüfen, ab welchem vollen Monat das Kind in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten. Führt eine Nachzahlung dazu, dass das Kind nicht länger außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, ist die Kindergeldfestsetzung erst ab dem Folgemonat des Zuflusses aufzuheben (vgl. BFH vom 11. 4. 2013, III R 35/11, BStBl II S. 1037). (2) Der notwendige Lebensbedarf des Kindes mit Behinderung setzt sich aus dem allgemeinen Lebensbedarf und dem individuellen behinderungsbedingten Mehrbedarf zusammen (vgl. BFH vom 15. 10. 1999, VI R 40/98 und VI R 182/98, BStBl 2000 II S. 75 und 79). Als allgemeiner Lebensbedarf ist der Grundfreibetrag nach § 32 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG i. H. v. 9 408 Euro (für 2019: 9 168 Euro, für 2018: 9 000 Euro, für 2017: 8 820 Euro, für 2016: 8 652 Euro) anzusetzen; zum behinderungsbedingten Mehrbedarf vgl. Abs. 4 und 5. Die kindeseigenen Mittel setzen sich aus dem verfügbaren Nettoeinkommen nach A 19.5 und sämtlichen Leistungen Dritter nach A 19.6 zusammen; das Vermögen des Kindes gehört nicht zu den kindeseigenen Mitteln (BFH vom 19. 8. 2002, VIII R 17/02 und VIII R 51/01, BStBl 2003 II S. 88 und 91). Einzelheiten insbesondere zu Sonderzuwendungen und einmaligen Nachzahlungen siehe BMF-Schreiben vom 22. 11. 2010 Abschnitt VI - BStBl I S. 1346. Die Umrechnung von nicht auf Euro lautenden kindeseigenen Mitteln erfolgt nach H 8.1 (1-4) "Ausländische Währung" LStH 2020. (3) Übersteigen die kindeseigenen Mittel nicht den allgemeinen Lebensbedarf, ist davon auszugehen, dass das Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Bei dieser vereinfachten Berechnung zählen zum verfügbaren Nettoeinkommen und den Leistungen Dritter keine Leistungen, die dem Kind wegen eines behinderungsbedingten Bedarfs zweckgebunden zufließen, insbesondere sind dies: - Pflegegeld bzw. -zulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung, nach § 35 BVG oder nach § 64 a SGB XII, - Ersatz der Mehrkosten für den Kleider- und Wäscheverschleiß (z. B. § 15 BVG), - die Grundrente und die Schwerstbeschädigtenzulage nach § 31 BVG, - Leistungen der Pflegeversicherung (§ 3 Nr. 1 a EStG), - Leistungen nach dem ContStifG, - die Eingliederungshilfe (§§ 90 ff. SGB IX). Wird nach dieser Berechnung der allgemeine Lebensbedarf überschritten, ist eine ausführliche Berechnung (vgl. Abs. 1 Satz 1 und Vordruck "Berechnungsbogen zur Überprüfung der Selbstunterhaltsfähigkeit eines volljährigen Kindes mit Behinderung") vorzunehmen. (4) Zum behinderungsbedingten Mehrbedarf gehören alle mit einer Behinderung zusammenhängenden außergewöhnlichen Belastungen, z. B. Aufwendungen für die Hilfe bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, für die Pflege sowie für einen erhöhten Wäschebedarf. Sofern kein Einzelnachweis erfolgt, bemisst sich der behinderungsbedingte Mehrbedarf grundsätzlich in Anlehnung an den Pauschbetrag für behinderte Menschen des § 33 b Abs. 3 EStG. Als Einzelnachweis sind beispielsweise zu berücksichtigen: - sämtliche Leistungen nach dem SGB XII, ggf. abzüglich des Taschengeldes und des Verpflegungsanteils (vgl. Abs. 6 Satz 4 und Abs. 7 Satz 2), - Pflegegeld aus der Pflegeversicherung (BFH vom 24. 8. 2004, VIII R 50/03, BStBl 2010 II S. 1052), - Landespflegegeld nach dem Bayerischen Landespflegegeldgesetz, - Blindengeld (BFH vom 31. 8. 2006, VIII R 71/05, BStBl 2010 II S. 1054) - Leistungen nach dem ContStifG, - Leistungen der Beihilfe zur Unterbringung, - Leistungen der Eingliederungshilfe (§§ 90 ff. SGB IX). Die Sätze 1 bis 3 sind bei allen Kindern mit Behinderung unabhängig von ihrer Wohn- oder Unterbringungssituation anzuwenden. Erhält das Kind Leistungen nach SGB XII und ggf. der Eingliederungshilfenach SGB IX zur Unterbringung, sind die Abs. 6 und 7 zu beachten. (5) Neben dem nach Abs. 4 ermittelten behinderungsbedingten Mehrbedarf (einschließlich Eingliederungshilfe nach SGB IX und Kosten der Unterbringung nach SGB XII) kann ein weiterer behinderungsbedingter Mehrbedarf angesetzt werden. Hierzu gehören alle übrigen durch die Behinderung bedingten Aufwendungen wie z. B. Operationskosten und Heilbehandlungen, Kuren, Arzt- und Arzneikosten; bestehen Zweifel darüber, ob die Aufwendungen durch die Behinderung bedingt sind, ist eine ärztliche Bescheinigung hierüber vorzulegen. Zum weiteren behinderungsbedingten Mehrbedarf zählen bei allen Kindern mit Behinderung auch Betreuungsleistungen, soweit sie nach Bescheinigung des Amtsarztes oder des behandelnden Arztes unbedingt erforderlich sind. Der hierfür anzusetzende Stundensatz beträgt 9 Euro; der sich daraus ergebende Betrag ist nur zu berücksichtigen, soweit er das nach Abs. 4 Satz 3 anzusetzende Pflegegeld übersteigt. Für die Bescheinigung des behandelnden Arztes steht der Vordruck "Ärztliche Bescheinigung über unbedingt erforderliche Betreuungsleistungen" zur Verfügung. Aufwendungen für durch die Behinderung veranlasste unvermeidbare Fahrten sind anzuerkennen, soweit sie nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden und angemessen sind; ein Aufwand für Fahrten bis zu 3 000 km im Jahr kann als angemessen angesehen werden. Dies gilt über H 33.1-H 33.4 (Fahrtkosten behinderter Menschen) EStH 2019) hinaus auch in Fällen, in denen kein GdB von mindestens 80 oder GdB von mindestens 70 und Merkzeichen G vorliegen. Liegen die Merkzeichen aG, Bl oder H vor, dürfen nicht nur die Aufwendungen für durch die Behinderung veranlasste unvermeidbare Fahrten, sondern auch für Freizeit-, Erholungs- und Besuchsfahrten abgezogen werden. In Fällen des Satzes 8 ist ein Aufwand für Fahrten bis zu 15 000 km im Jahr angemessen; die tatsächliche Fahrtleistung ist nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. Mehraufwendungen, die einem Kind mit Behinderung anlässlich einer Urlaubsreise durch Kosten für Fahrten, Unterbringung und Verpflegung einer Begleitperson entstehen und nachgewiesen werden, können ebenfalls i. H. v. bis zu 767 Euro pro Kalenderjahr als behinderungsbedingter Mehrbedarf berücksichtigt werden, sofern die Notwendigkeit ständiger Begleitung durch das Merkzeichen B im Ausweis nach SGB IX, den Vermerk "Die Notwendigkeit ständiger Begleitung ist nachgewiesen" im Feststellungsbescheid der nach § 152 Abs. 1 SGB IX zuständigen Behörde (vgl. BFH vom 4. 7. 2002, III R 58/98, BStBl II S. 765) oder durch Bescheinigung des behandelnden Arztes nachgewiesen ist. Wurden für nachgewiesenen bzw. glaubhaft gemachten behinderungsbedingten Mehrbedarf Leistungen durch einen Sozialleistungsträger erbracht, ist darauf zu achten, dass der Mehrbedarf nur einmal berücksichtigt wird. Die kindeseigenen Mittel, die an einen Sozialleistungsträger abgezweigt, übergeleitet oder diesem erstattet werden, mindern nicht den behinderungsbedingten Mehrbedarf des Kindes, sondern die Leistungen des Sozialleistungsträgers in entsprechender Höhe. Dies gilt auch für einen Kostenbeitrag der Eltern. (6) Ein Kind ist vollstationär oder auf vergleichbare Weise untergebracht, wenn es nicht im Haushalt der Eltern lebt, sondern anderweitig auf Kosten eines Dritten untergebracht ist. Dies ist z. B. der Fall, wenn Leistungen nach SGB XII erbracht werden, beispielsweise existenzsichernde Leistungen der Grundsicherung für die Unterbringung oder Leistungen der Eingliederungshilfe für die Betreuung, nicht aber bei Leistungen nach SGB II. Dabei ist es unerheblich, ob das Kind vollstationär versorgt wird, in einer eigenen Wohnung oder in sonstigen Wohneinrichtungen (z. B. betreutes Wohnen) lebt. Vollstationäre oder vergleichbare Unterbringung liegt auch dann vor, wenn sich das Kind zwar zeitweise (z. B. am Wochenende oder in den Ferien) im Haushalt der Eltern aufhält, der Platz in der Einrichtung für Menschen mit Behinderung , im Rahmen des betreuten Wohnens usw. aber durchgehend auch während dieser Zeit zur Verfügung steht. Die Ermittlung des behinderungsbedingten Mehrbedarfs erfolgt regelmäßig durch Einzelnachweis der Aufwendungen, indem die z. B. im Wege der Grundsicherung nach SGB XII und ggf. durch die Eingliederungshilfe nach SGB IX übernommenen Kosten für die vollstationäre oder vergleichbare Unterbringung ggf. abzüglich des Taschengeldes und des nach der SvEV zu ermittelnden Wertes der Verpflegung angesetzt werden. Der Pauschbetrag für behinderte Menschen ist nicht neben den Kosten der Unterbringung zu berücksichtigen, da deren Ansatz einem Einzelnachweis entspricht. Liegt eine vollstationäre Unterbringung in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung vor, kann evtl. gezahltes Pflege- oder Blindengeld nicht neben der Eingliederungshilfe als behinderungsbedingter Mehrbedarf berücksichtigt werden. Der Berechtigte kann weiteren behinderungsbedingten Mehrbedarf glaubhaft machen (vgl. Abs. 5). Beispiel Die 27-jährige Tochter (Grad der Behinderung 100 seit Geburt, Merkzeichen "H" ) eines Berechtigten ist 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche (vollstationär) in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung untergebracht; dort erhält sie täglich drei Mahlzeiten. An zwei Wochenenden im Monat und während des Urlaubs hält sie sich im Haushalt des Berechtigten auf. Die Kosten der Unterbringung und Betreuung in der Einrichtung von jährlich 40 000 Euro tragen der Träger der Eingliederungshilfe (Betreuung) sowie der Sozialleistungsträger (notwendiger Lebensunterhalt) i. H. v. 34 300 Euro (Unterbringung Grundsicherung nach SGB XII) und die Pflegeversicherung i. H. v. 5 700 Euro. Die Tochter bezieht eine private Rente von monatlich 850 Euro (ohne Abzüge). Unterbringung Diese rechnet der Sozialleistungsträger auf den notwendigen Lebensunterhalt an. Die Tochter erhält neben ihrer Rente vom Sozialleistungsträger ergänzend den Betrag, der für den notwendigen Lebensbedarf erforderlich ist und nicht aus der Rente gedeckt werden kann, hier 150 Euro monatlich. Der Berechtigte macht Fahrtkosten (2 000 km im Jahr) glaubhaft, für die kein Kostenersatz geleistet wird. Lösung: vereinfachte Berechnung für 2020
Brutto-Renteneinnahmen (850 Euro × 12) 10 200 Euro Werbungskosten-Pauschbetrag (§ 9 a Satz 1 Nr. 3 EStG) − 102 Euro Kostenpauschale − 180 Euro Summe 9 918 Euro
allgemeiner Lebensbedarf in Höhe des Grundfreibetrags | 9 408 Euro |
behinderungsbedingter Mehrbedarf* | |
Kosten der vollstationären Unterbringung | + 40 000 Euro |
Verpflegungsanteil (SvEV; 258 Euro × 12) | −3 096 Euro |
glaubhaft gemachte Fahrtkosten (2 000 km × 0,30 Euro) | + 600 Euro |
Summe | 46 912 Euro |
Brutto-Renteneinnahmen (850 Euro × 12) | 10 200 Euro | |
Werbungskosten-Pauschbetrag (§ 9 a Satz 1 Nr. 3 EStG) | − 102 Euro | |
Kostenpauschale | − 180 Euro | |
Eingliederungshilfe und Grundsicherung | 34 300 Euro | |
abzüglich angerechnete Rente 850 Euro × 12 | 10 200 Euro | |
zuzüglich Ergänzungsbetrag 150 Euro × 12 | 1 800 Euro | |
Zwischensumme | 25 900 Euro | + 25 900 Euro |
Pflegegeld | + 5 700 Euro | |
Summe | 41 518 Euro |
Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit § 19 EStG (250 Euro × 12) | 3 000 Euro |
Arbeitnehmer-Pauschbetrag (§ 9 a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG) | − 1 000 Euro |
Brutto-Renteneinnahmen (300 Euro × 12 und 520 Euro × 12) | + 9 840 Euro |
Werbungskosten-Pauschbetrag (§ 9 a Satz 1 Nr. 3 EStG) | − 102 Euro |
Kostenpauschale | − 180 Euro |
Sozialversicherungsbeiträge (29 Euro × 12) | − 348 Euro |
Summe | 11 210 Euro |
allgemeiner Lebensbedarf in Höhe des Grundfreibetrags | 9 408 Euro |
behinderungsbedingter Mehrbedarf Pauschbetrag für behinderte Menschen (§ 33 b Abs. 3 EStG) | + 3 700 Euro |
Kosten der Beschäftigung in der Werkstatt (1 250 Euro × 12) | + 15 000 Euro |
Verpflegungsanteil (SvEV für Mittag; 102 Euro × 12) | − 1 224 Euro |
Fahrtkosten zur Werkstatt (100 Euro × 12) | + 1 200 Euro |
Aufwendungen für Begleitperson anlässlich einer Urlaubsreise | + 767 Euro |
Summe | 28 851 Euro |
Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit § 19 EStG (250 Euro × 12) | 3 000 Euro |
Arbeitnehmer-Pauschbetrag (§ 9 a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG) | − 1 000 Euro |
Brutto-Renteneinnahmen (300 Euro × 12 und 520 Euro × 12) | + 9 840 Euro |
Werbungskosten-Pauschbetrag § 9 a Satz 1 Nr. 3 EStG) | − 102 Euro |
Kostenpauschale | − 180 Euro |
Eingliederungshilfe für Werkstatt (1 250 Euro × 12) | + 15 000 Euro |
Leistungen der Eingliederungshilfe für Fahrten zur Werkstatt (100 Euro × 12) | + 1 200 Euro |
Sozialversicherungsbeiträge (29 Euro × 12) | − 348 Euro |
Summe | 27 410 Euro |