LAG Rheinland-Pfalz - Urteil vom 22.12.2022
5 Sa 408/21
Normen:
ZPO § 138 Abs. 2; BGB § 125; BGB § 130 Abs. 1; BGB § 140;
Vorinstanzen:
ArbG Trier, vom 15.09.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 5 Ca 46/21

Nichtige Kündigung per WhatsAppUnbeachtlichkeit eines Formmangels wegen des Grundsatzes von Treu und GlaubenWichtiger Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGBDarlegungs- und Beweislast nach Entkräftung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch den Arbeitgeber

LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22.12.2022 - Aktenzeichen 5 Sa 408/21

DRsp Nr. 2023/3474

Nichtige Kündigung per WhatsApp Unbeachtlichkeit eines Formmangels wegen des Grundsatzes von Treu und Glauben "Wichtiger Grund" i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB Darlegungs- und Beweislast nach Entkräftung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch den Arbeitgeber

1. Eine per WhatsApp übermittelte Eigenkündigung ist unwirksam und nach § 125 Satz 1 BGB nichtig, da sie nicht dem Schriftformerfordernis entspricht (§§ 623 i.V.m. 126 S. 1 BGB). 2. Die Formvorschrift des § 623 BGB darf im Hinblick auf ihren Sinn und Zweck nicht ausgehöhlt werden. Die Vorschrift soll den Arbeitnehmer vor einer unüberlegten und voreiligen Kündigung schützen. Hat eine Formvorschrift zudem auch eine Warnfunktion, darf sie nicht aus Billigkeitserwägungen außer Acht gelassen werden. Ein Formmangel kann deshalb nur ganz ausnahmsweise als unbeachtlich qualifiziert werden. 3. Bei einer fristlosen Kündigung ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände "an sich", d. h. typischerweise, als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der Umstände des Falls jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht. Unentschuldigtes Fehlen kann einen solchen "wichtigen Grund" darstellen.