BGH - Beschluss vom 22.08.2023
AnwZ (Brfg) 7/23
Normen:
BRAO § 84; BRAO § 112c Abs. 1 S. 1; VwGO § 58 Abs. 2 S. 1 Hs. 2; VwGO § 101 Abs. 1; VwVfG § 44 Abs. 1;
Vorinstanzen:
AnwGH Hessen, vom 12.12.2022 - Vorinstanzaktenzeichen 1 AGH 6/22

Vollstreckung eines Säumniszuschlags für den Kammerbeitrag; Freiheit der Kammerversammlung bzgl. der Art und Weise der Beitragsgestaltung bis zur Grenze der Ermessensüberschreitung oder des Ermessensmissbrauchs

BGH, Beschluss vom 22.08.2023 - Aktenzeichen AnwZ (Brfg) 7/23

DRsp Nr. 2023/13348

Vollstreckung eines Säumniszuschlags für den Kammerbeitrag; Freiheit der Kammerversammlung bzgl. der Art und Weise der Beitragsgestaltung bis zur Grenze der Ermessensüberschreitung oder des Ermessensmissbrauchs

1. Soweit nach § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 101 Abs. 1 VwGO das Gericht seine Entscheidung grundsätzlich aufgrund mündlicher Verhandlung zu treffenhat, bedarf eine Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 101 Abs. 2 VwGO des Einverständnisses der Beteiligten. Dieses Einverständnis muss als Prozesshandlung mit Gestaltungswirkung grundsätzlich klar, eindeutig und unbedingt bzw. vorbehaltlos erklärt werden.2. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der mündlichen Verhandlung verletzt zugleich den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs.3. Eine erweiternde Auslegung oder analoge Anwendung des § 58 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 Fall 2 VwGO kommt nicht in Betracht. Die in der Vorschrift geregelten Ausnahmen stellen eine abschließende gesetzgeberische Entscheidung dar, so dass weitere Ausnahmen von der Ausschlussfrist unzulässig sind.4. Aus dem Zusammenspiel des § 89 Abs. 2 Nr. mit der Regelung über die Einziehung der Beiträge in § Abs. ergibt sich, dass bereits die Bestimmung des Beitrags durch die Kammerversammlung ohne gesonderten Umsetzungsakt der Kammer eine unmittelbare Zahlungspflicht der Kammermitglieder begründet.