19.4 Grunderwerbsteuer beim Share Deal

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19.4.2 Anteilserwerb an immobilienhaltenden Gesellschaften (§ 1 Abs. 2a, 2b GrEStG)

19.4.2.1 Erwerb von Anteilen an einer immobilienhaltenden Personengesellschaft (§ 1 Abs. 2a GrEStG)

19.50

§ 1 Abs. 2a GrEStG findet ausschließlich auf den Erwerb von Anteilen an einer Personengesellschaft Anwendung. Danach liegt ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang vor, wenn innerhalb von zehn Jahren mindestens 90 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen unmittelbar oder mittelbar auf neue Gesellschafter übergehen. Ist ein Gesellschafter mindestens zehn Jahre an der Gesellschaft beteiligt, dann handelt es sich um einen (begünstigten) "Altgesellschafter" im Sinne dieser Vorschrift.

19.51

Beispiel

An der AB-OHG sind die Gesellschafter A und B zu gleichen Teilen beteiligt. Im August 2022 veräußert A seine gesamte Beteiligung an den C, und im Jahr 2023 veräußert B seine gesamte Beteiligung an den D.

Lösung

Innerhalb von zehn Jahren sind sämtliche Anteile an der OHG an bislang noch nicht an der Gesellschaft beteiligte Gesellschafter (= neue Gesellschafter) übergegangen, so dass der Erwerbstatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG erfüllt ist. Der Grundbesitzwert der von der OHG gehaltenen Grundstücke ist die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG). Der anwendbare Grunderwerbsteuersatz ist davon abhängig, in welchem Bundesland die Immobilien belegen sind. Steuerschuldner ist nach § 13 Nr. 6 GrEStG die OHG.

Hätte B seine Beteiligung erst im Jahr 2033 an den D veräußert, wäre § 1 Abs. 2a GrEStG nicht erfüllt gewesen, da der C zu diesem Zeitpunkt bereits Altgesellschafter gewesen wäre und somit innerhalb des maßgeblichen Zehnjahreszeitraums des § 1 Abs. 2a GrEStG nicht mindestens 90 % der Anteile an der OHG auf neue Gesellschafter übergegangen wären.

19.4.2.2 Erwerb von Anteilen an einer immobilienhaltenden Kapitalgesellschaft (§ 1 Abs. 2b GrEStG)

19.52

Mit Wirkung zum 01.07.2021 ist die ausschließlich für Kapitalgesellschaften geltende Vorschrift des § 1 Abs. 2b GrEStG ins Gesetz aufgenommen worden, der dem für Personengesellschaften geltenden § 1 Abs. 2a GrEStG nachgebildet ist. Nach dieser Regelung liegt ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang vor, wenn innerhalb von zehn Jahren mindestens 90 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar auf neue Gesellschafter übergehen. Ist ein Gesellschafter mindestens zehn Jahre an der Gesellschaft beteiligt, dann handelt es sich um einen (begünstigten) "Altgesellschafter" im Sinne dieser Vorschrift.

19.53

Diese Vorschrift wurde in das Gesetz aufgenommen, damit es Investoren zukünftig nicht mehr möglich ist, in einem Akt sämtliche Anteile an einer Immobilienobjektgesellschaft in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft ohne Anfall von Grunderwerbsteuer zu erwerben, indem sie selbst max. 94,9 %/89,9 % der Anteile und ein Co-Investor die übrigen Anteile erwerben.2)


2)

Vgl. zu den in der Vergangenheit üblichen Gestaltungen Schley, GmbHR 2019, 645.