Der Gesetzgeber17) hat mit § 8d KStG 18) eine Regelung eingeführt, die im Fall eines schädlichen Beteiligungserwerbs gem. § 8c KStG die weitere Nutzung bestehender Verluste ermöglichen soll, sofern der Geschäftsbetrieb der Körperschaft erhalten bleibt und eine anderweitige Nutzung der Verluste ausgeschlossen ist.
Zweck der Regelung ist die Vermeidung des Verlustuntergangs für solche Körperschaften, die durch die bisherigen Verschonungsregelungen (Konzernklausel, Stille-Reserven-Klausel, Sanierungsklausel) nicht erfasst wurden, aber gleichwohl keine missbräuchliche Veränderung des Gesellschafterbestands vorgenommen haben, sondern vielmehr auf die Neuaufnahme oder den Wechsel von Anteilseignern zur weiteren Finanzierung des Unternehmens angewiesen sind.19) Die Neuregelung kommt damit insbesondere Krisenunternehmen, deren stille Reserven durch Verluste aufgebraucht sind und jungen Gründungsunternehmen (Start-ups), deren Potential sich noch nicht in einer belastbaren Unternehmensbewertung manifestiert hat, zugute.20)
Die Körperschaft muss seit ihrer Gründung oder seit dem Beginn des dritten Veranlagungszeitraums, der dem Veranlagungszeitraum des schädlichen Beteiligungserwerbs vorausgeht, ausschließlich denselben Geschäftsbetrieb (zur Definition siehe § 8d Abs. 1 Satz 3 und 4 KStG) unterhalten haben. Der Begriff des "Geschäftsbetriebes" ist tätigkeitsbezogen und anhand qualitativer Merkmale zu bestimmen, die in § 8d Abs. 1 Satz 4 KStG nicht abschließend aufgelistet sind. Maßgeblich ist eine Gesamtbetrachtung im Einzelfall; nicht alle Merkmale müssen vorliegen oder in gleicher Form ausgeprägt sein. Auch ist eine Veränderung der qualitativen Merkmale unschädlich, sofern sie den wesentlichen Kern der Betätigung nicht verändern.21)
BeispielDie V-GmbH wird 2020 mit dem Ziel gegründet, ein Kosmetikprodukt zu entwickeln. Zu diesem Zweck beschäftigt sie zunächst größtenteils Wissenschaftler des jeweiligen Fachgebietes. Nach der Fertigstellung des Produkts eröffnet die V-GmbH 2022 Produktionsstätten und stellt Arbeitnehmer für die Bereiche Vertrieb und Marketing ein. Sowohl im Jahr 2020 als auch im Jahr 2022 handelt es sich um denselben Geschäftsbetrieb i.S.d. § 8d KStG. Der Kern der Betätigung besteht in dem entwickelten Kosmetikprodukt, sodass eine veränderte Gewichtung der qualitativen Merkmale unschädlich ist. Erst bei einer grundlegenden Anpassung des Geschäftsmodells, welche die Veränderung nahezu sämtlicher qualitativer Merkmale zur Folge hat, handelt es sich nicht mehr um denselben Geschäftsbetrieb. |
Liegen mehrere Geschäftsbetriebe vor, ist der Anwendungsbereich von § 8d KStG grundsätzlich nicht eröffnet. Das ist der Fall, wenn eine Körperschaft mehreren selbständigen Betätigungen nachgeht, die sich unter Berücksichtigung der qualitativen Merkmale des § 8d Abs. 1 Satz 4 KStG voneinander abheben. Eine Ausnahme besteht dann, wenn zwischen ihnen ein gegenseitiger Förder- und Sachzusammenhang gegeben ist (Synergieeffekt). Um einen selbständigen weiteren Geschäftsbetrieb handelt es sich auch dann nicht, wenn die zusätzlich ausgeübte Tätigkeit eine geringfügige Betätigung ist. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass sie 3 % der Gesamtnettoumsatzerlöse der Verlustkörperschaft und den Betrag von 24.500 € im Veranlagungszeitraum nicht übersteigt.22).
Gleichzeitig darf in diesem Zeitraum bis zum Schluss des Veranlagungszeitraums des schädlichen Beteiligungserwerbs kein schädliches Ereignis nach § 8d Abs. 2 KStG stattfinden.
Schädliche Ereignisse nach § 8d Abs. 2 KStG sind:23)
Die Einstellung des Geschäftsbetriebs, die nach den Grundsätzen der Betriebsaufgabe beurteilt wird | |
Die Einstellung oder Ruhendstellung des Geschäftsbetriebs | |
Die Aufnahme eines zusätzlichen Geschäftsbetriebs | |
Die Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft | |
Der Erhalt einer Organträgerstellung i.S.d. § 14 Abs. 1 KStG | |
Die Übertragung von Wirtschaftsgütern auf die Verlustkapitalgesellschaft mit Ansatz unter dem gemeinen Wert. |
Die neue Verschonungsregel ist erstmals anwendbar auf schädliche Beteiligungserwerbe, die nach dem 31.12.2015 erfolgen, wenn der Geschäftsbetrieb der Körperschaft vor dem 01.01.2016 weder eingestellt noch ruhend gestellt war (§ 34 Abs. 6a Satz 1 KStG).
Eine Anwendung von § 8d KStG erfolgt nur auf Antrag seitens der vom Verlustuntergang betroffenen Körperschaft. Ein solcher Antrag ist nach § 8d Abs. 1 Satz 5 KStG für den Veranlagungszeitraum zu stellen, in den der schädliche Beteiligungserwerb fällt. Er kann bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bzw. der Feststellung über den Verlustvortrag nachgeholt werden25).
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