3.19 Nießbrauch als erbrechtliche Gestaltungsoption

Autor: Christ

3.19.1 Beratungssituation

Frau Ute Schneider, 55 Jahre, ist in zweiter Ehe mit Stefan Mauser verheiratet und hat eine erwachsene Tochter. Die Eheleute haben einen notariell beurkundeten Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag geschlossen. Frau Schneider hat verfügt, dass sie von ihrem einzigen Kind, ihrer Tochter Silke, beerbt werden soll. Frau Schneider verfügt über eine fremdvermietete Gewerbeeinheit im Wert von 500.000 €, ein Aktiendepot von 600.000 € und eine selbst bewohnte Doppelhaushälfte mit einem Wert von 400.000 €; ihr derzeitiges Gesamtvermögen beträgt also 1,5 Mio. €. Würde sie aktuell von ihrer Tochter beerbt, würden, grob gerechnet, 1,1 Mio. € mit 19 % besteuert werden; ihre Tochter müsste also ca. 209.000 € Erbschaftsteuer zahlen. Die Steuerberaterin von Frau Schneider rät ihr daher, bereits jetzt einen Teil ihres Vermögens auf die Tochter schenkweise zu übertragen, damit der persönliche Freibetrag ggf. mehrfach in Anspruch genommen werden kann; bekanntermaßen lebt er alle zehn Jahre neu auf. Frau Schneider steht einer solchen Idee grundsätzlich offen gegenüber, kann sich aber nicht vorstellen, auf die Mieteinnahmen aus der Gewerbeeinheit, die Zinserträge aus dem Aktiendepot und die Selbstnutzung der Doppelhaushälfte zu verzichten. Hier bietet sich die schenkweise Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt an.

3.19.2 Rechtliche Einordnung