LSG Schleswig-Holstein - Beschluss vom 15.03.2021
L 9 AY 14/21 B ER
Normen:
AsylbLG § 2 Abs. 1 S. 1; AsylbLG a.F. § 2 Abs. 3; BGB § 242; VO (EU) 604/2013 Art. 29 Abs. 2 S. 1-2; SGG § 86b Abs. 2;
Vorinstanzen:
SG Schleswig, vom 08.01.2021 - Vorinstanzaktenzeichen S 15 AY 55/20 ER

Anspruch auf AsylbewerberleistungenAnforderungen an das Vorliegen einer rechtsmissbräuchlichen Beeinflussung der Aufenthaltsdauer durch die Inanspruchnahme von Kirchenasyl

LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 15.03.2021 - Aktenzeichen L 9 AY 14/21 B ER

DRsp Nr. 2021/4965

Anspruch auf Asylbewerberleistungen Anforderungen an das Vorliegen einer rechtsmissbräuchlichen Beeinflussung der Aufenthaltsdauer durch die Inanspruchnahme von Kirchenasyl

1. Begeben sich Ausländer in ein offenes Kirchenasyl, um auf diese Weise das Verstreichen der sechsmonatigen Überstellungsfrist nach der Dublin-III-Verordnung zu bewirken (dolus directus ersten Grades), liegt darin regelmäßig eine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer i.S des § 2 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG.2. Dass die Ausländerbehörde das Kirchenasyl respektiert und währenddessen keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen vollzieht, steht der Rechtsmissbräuchlichkeit des Handeln der Zufluchtsuchenden nicht prinzipiell entgegen.3. Zwischen den Kirchen und dem BAMF getroffene Vereinbarungen zu Zielen und Modalitäten des offenen Kirchenasyls vermögen für sich genommen die Rechtsmissbräuchlichkeit des Handelns allenfalls so lange auszuschließen, wie sich die Zufluchtsuchenden innerhalb des durch die Vereinbarungen vorgegebenen Rahmens bewegen.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Schleswig vom 8. Januar 2021 dahingehend geändert, dass der Antrag der Antragstellerin zu 1. auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt wird.