LAG Baden-Württemberg - Urteil vom 01.12.2021
4 Sa 32/21
Normen:
KSchG § 1 Abs. 1; ZPO § 97 Abs. 1;
Vorinstanzen:
ArbG Heilbronn, vom 15.04.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 8 Ca 527/20

Herleitung des Schwangerschaftsbeginns durch statistische WahrscheinlichkeitRückrechnung von 266 Tagen vom ärztlich angenommenen Entbindungstermin280 Tage Rückrechnung für Schwangerschaftsbeginn unzulässig

LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 01.12.2021 - Aktenzeichen 4 Sa 32/21

DRsp Nr. 2022/667

Herleitung des Schwangerschaftsbeginns durch statistische Wahrscheinlichkeit Rückrechnung von 266 Tagen vom ärztlich angenommenen Entbindungstermin 280 Tage Rückrechnung für Schwangerschaftsbeginn unzulässig

Der Sonderkündigungsschutz für schwangere Arbeitnehmerinnen gem. § 17 Abs. 1 Nr. 1 MuSchG knüpft am tatsächlichen Vorliegen einer Schwangerschaft zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung an. Will die Arbeitnehmerin das Vorliegen der Schwangerschaft über eine statistische Wahrscheinlichkeit herleiten, ist dies über einen Anscheinsbeweis möglich, der aber nur bei typischen Geschehensabläufen greifen kann. Ausgehend von einem typischen Geschehensablauf können zur Ermittlung des Zeitpunkts der Konzeption vom ärztlich festgestellten voraussichtlichen Entbindungstermin nur 266 Tage zurückgerechnet werden. Die vom BAG in ständiger Rechtsprechung angewandte Rückrechnung um 280 Tage führt zu Ergebnissen, die mit typischen Schwangerschaftsverläufen nicht in Deckung zu bringen sind. (Abweichung von BAG 26. März 2015 - 2 AZR 237/14 -).

Tenor

1

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 15.04.2021 (8 Ca 527/20) wird zurückgewiesen.

2

Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.

3

Die Revision wird zugelassen.

Normenkette:

KSchG § 1 Abs. 1; ZPO § 97 Abs. 1;

Tatbestand

1. 2. 3. 1. 2.