BFH - Beschluss vom 03.11.2010
II B 55/10
Normen:
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3; FGO § 116 Abs. 6; AO § 236; AO § 367 Abs. 1;
Vorinstanzen:
FG Niedersachsen, vom 15.04.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 10 K 22213/07

Klageabweisung durch Prozessurteil wegen der nicht erfolgten Auslegung eines als Einspruch zu verstehenden Schreibens gegen ein ablehnendes Finanzamtschreiben

BFH, Beschluss vom 03.11.2010 - Aktenzeichen II B 55/10

DRsp Nr. 2010/20949

Klageabweisung durch Prozessurteil wegen der nicht erfolgten Auslegung eines als Einspruch zu verstehenden Schreibens gegen ein ablehnendes Finanzamtschreiben

1. NV: Ein Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO liegt vor, wenn über eine zulässige Klage nicht zur Sache, sondern durch Prozessurteil entschieden wird. 2. NV: Außerprozessuale Verfahrenserklärungen --auch von rechtskundigen Personen-- sind entsprechend § 133 BGB auszulegen. Lässt die Äußerung eines rechtskundig vertretenen Steuerpflichtigen ungewiss, ob er einen Rechtsbehelf einlegen will, so ist die Erklärung im Allgemeinen als Rechtsbehelf zu betrachten, um zugunsten des Steuerpflichtigen den Eintritt der Bestandskraft zu verhindern.

Normenkette:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3; FGO § 116 Abs. 6; AO § 236; AO § 367 Abs. 1;

Gründe

I.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte gegenüber dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) mit Bescheid vom 9. September 1994 Schenkungsteuer in Höhe von 40.451 DM fest. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein und beantragte eine Aussetzung der Vollziehung (AdV), die das FA ablehnte. Die nach einer Teilzahlung verbliebene Schenkungsteuerforderung in Höhe von 29.796 DM wurde zum 4. Juli 1995 mit dem Einkommensteuerguthaben 1993 verrechnet.