BFH - Urteil vom 16.11.2005
VI R 71/99
Normen:
AO § 367 Abs. 2 S. 2 ; FGO § 76 § 155 ; ZPO § 295 ;
Fundstellen:
BFH/NV 2006, 753
NVwZ-RR 2008, 71
Vorinstanzen:
FG Hessen, vom 13.11.1998 - Vorinstanzaktenzeichen 10 K 5253/96

Übergehen von Beweisanträgen; vorweggenommene Beweiswürdigung

BFH, Urteil vom 16.11.2005 - Aktenzeichen VI R 71/99

DRsp Nr. 2006/6597

Übergehen von Beweisanträgen; vorweggenommene Beweiswürdigung

1. Das FG darf auf die von einem Beteiligten beantragte Beweiserhebung nur verzichten, wenn das Beweismittel für die zu treffende Entscheidung unerheblich ist, die infrage stehende Tatsache zu Gunsten des Beweisführenden als wahr unterstellt werden kann, das Beweismittel unerreichbar ist oder unzulässig bzw. absolut untauglich ist.2. Eine sog. "Wahr-Unterstellung" ist nur zulässig, wenn das FG nicht lediglich die erwartete Aussage, sondern die behauptete Tatsache als wahr unterstellt. Es ist eine unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung, wenn das FG von einer Zeugenvernehmung absieht, weil es aufgrund bestimmter Tatsachen schon zuvor zu dem Schluss kommt, die unterstellte Aussage des Zeugen sei nicht als glaubhaft anzusehen.

Normenkette:

AO § 367 Abs. 2 S. 2 ; FGO § 76 § 155 ; ZPO § 295 ;

Gründe:

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Ehegatten. Sie legten, vertreten durch ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten (A), gegen den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 1993 Einspruch ein. Mit einem an A adressierten Schreiben vom 7. August 1996 wies der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) auf die Möglichkeit einer verbösernden Einspruchsentscheidung hin. In dieser erhöhte das FA die Einkommensteuer von ... DM auf ... DM.