BFH - Urteil vom 03.11.2010
VII R 21/10
Normen:
RL 76/308/EWG ; Übereinkommen 72/454/EWG Art. 27 Nr. 1; FGO § 118 Abs. 1;
Vorinstanzen:
FG München, vom 25.06.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 14 K 3563/08

Übermittlung eines Vollstreckungstitels durch einen um Vollstreckung ersuchenden Mitgliedstaat der Europäischen Union; Auslegung und zum Anwendungsbereich von ordre public-Klauseln

BFH, Urteil vom 03.11.2010 - Aktenzeichen VII R 21/10

DRsp Nr. 2011/1889

Übermittlung eines Vollstreckungstitels durch einen um Vollstreckung ersuchenden Mitgliedstaat der Europäischen Union; Auslegung und zum Anwendungsbereich von ordre public-Klauseln

1. Die Übermittlung eines Vollstreckungstitels durch einen um Vollstreckung ersuchenden Mitgliedstaat der Europäischen Union nach den Bestimmungen der RL 76/308/EWG unter Beifügung einer deutschen Übersetzung des Vollstreckungstitels hindert das FG nicht an der Prüfung, ob die Vollstreckung des ausländischen Titels in Deutschland gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) verstieße.2. Das Gericht ist zu einer solchen Prüfung verpflichtet, wenn der in Deutschland ansässige Steuerpflichtige substantiiert besondere Umstände vorgetragen hat, die einen Verstoß gegen den ordre public zumindest möglich erscheinen lassen.3. Ein solcher Verstoß liegt vor, wenn ein Mitgliedstaat einem in Deutschland ansässigen Abgabenpflichtigen eine in ausländischer Sprache abgefasste Zahlungsaufforderung zustellen lässt, der mangels einer Rechtsbehelfsbelehrung nicht entnommen werden kann, dass die Rechtsbehelfsfrist lediglich 15 Tage beträgt, und eine Art Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entweder im ausländischen Recht nicht vorgesehen oder trotz Geltendmachung von Gründen, welche die Fristversäumnis entschuldigen könnten, nicht geprüft worden ist.