15 b UStR2000
Stand: 10.12.1999
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Zu § 1 a UStG

15 b UStR2000 Innergemeinschaftliches Verbringen

15 b Innergemeinschaftliches Verbringen

UStR2000 ( Umsatzsteuer-Richtlinien 2000 )

Allgemeines: (1) 1Das innergemeinschaftliche Verbringen eines Gegenstandes gilt unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 a UStG als Lieferung und unter den entsprechenden Voraussetzungen des § 1 a Abs. 2 UStG als innergemeinschaftlicher Erwerb gegen Entgelt. 2Ein innergemeinschaftliches Verbringen liegt vor, wenn ein Unternehmer - einen Gegenstand seines Unternehmens aus dem Gebiet eines EG-Mitgliedstaates (Ausgangsmitgliedstaat) zu seiner Verfügung in das Gebiet eines anderen EG-Mitgliedstaates (Bestimmungsmitgliedstaat) befördert oder versendet und - den Gegenstand im Bestimmungsmitgliedstaat nicht nur vorübergehend verwendet. 3Der Unternehmer gilt im Ausgangsmitgliedstaat als Lieferer, im Bestimmungsmitgliedstaat als Erwerber. (2) 1Ein innergemeinschaftliches Verbringen, bei dem der Gegenstand vom Inland in das Gebiet eines anderen EG-Mitgliedstaates gelangt, ist nach § 3 Abs. 1 a UStG einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt. 2Diese Lieferung gilt nach § 6 a Abs. 2 UStG als innergemeinschaftliche Lieferung, die unter den weiteren Voraussetzungen des § 6 a UStG nach § 4 Nr. 1 Buchstabe b UStG steuerfrei ist. 3Ein innergemeinschaftliches Verbringen, bei dem der Gegenstand aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland gelangt, gilt nach § 1 a Abs. 2 UStG als innergemeinschaftlicher Erwerb gegen Entgelt. 4Lieferung und innergemeinschaftlicher Erwerb sind nach dem Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten für den Gegenstand oder mangels eines Einkaufspreises nach den Selbstkosten, jeweils zum Zeitpunkt des Umsatzes und ohne Umsatzsteuer, zu bemessen (§ 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG). 5§ 3 c UStG ist bei einem innergemeinschaftlichen Verbringen nicht anzuwenden. Voraussetzungen (3) 1Ein Verbringen ist innergemeinschaftlich, wenn der Gegenstand auf Veranlassung des Unternehmers vom Ausgangsmitgliedstaat in den Bestimmungsmitgliedstaat gelangt. 2Es ist unerheblich, ob der Unternehmer den Gegenstand selbst befördert oder ob er die Beförderung durch einen selbständigen Beauftragten ausführen oder besorgen läßt. (4) 1Ein innergemeinschaftliches Verbringen setzt voraus, daß der Gegenstand im Ausgangsmitgliedstaat bereits dem Unternehmen zugeordnet war und sich bei Beendigung der Beförderung oder Versendung im Bestimmungsmitgliedstaat weiterhin in der Verfügungsmacht des Unternehmers befindet. 2Diese Voraussetzung ist insbesondere dann erfüllt, wenn der Gegenstand von dem im Ausgangsmitgliedstaat gelegenen Unternehmensteil erworben, hergestellt oder in diesen EG-Mitgliedstaat eingeführt, zur Verfügung des Unternehmers in den Bestimmungsmitgliedstaat verbracht und anschließend von dem dort gelegenen Unternehmensteil auf Dauer verwendet oder verbraucht wird. Beispiel: 1Der französische Unternehmer F verbringt eine Maschine aus seinem Unternehmen in Frankreich in seinen Zweigbetrieb nach Deutschland, um sie dort auf Dauer einzusetzen. 2Der deutsche Zweigbetrieb kauft in Deutschland Heizöl und verbringt es in die französische Zentrale, um damit das Bürogebäude zu beheizen. 3F bewirkt mit dem Verbringen der Maschine nach § 1 a Abs. 2 UStG einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Deutschland. 4Das Verbringen des Heizöls ist in Deutschland eine innergemeinschaftliche Lieferung im Sinne des § 3 Abs. 1 a i. V. m. § 6 a Abs. 2 UStG. (5) 1Weitere Voraussetzung ist, daß der Gegenstand zu einer nicht nur vorübergehenden Verwendung durch den Unternehmer in den Bestimmungsmitgliedstaat gelangt. 2Diese Voraussetzung ist immer dann erfüllt, wenn der Gegenstand in dem im Bestimmungsmitgliedstaat gelegenen Unternehmensteil dem Anlagevermögen zugeführt oder dort als Roh-, Hilfs- oder Betriebsstoff verarbeitet oder verbraucht wird. (6) 1Eine nicht nur vorübergehende Verwendung liegt auch dann vor, wenn der Unternehmer den Gegenstand mit der konkreten Absicht in den Bestimmungsmitgliedstaat verbringt, ihn dort (unverändert) weiterzuliefern (z. B. Verbringen auf ein Auslieferungslager). 2Es ist in diesen Fällen nicht erforderlich, daß der Unternehmensteil im Bestimmungsmitgliedstaat die abgabenrechtlichen Voraussetzungen einer Betriebsstätte (§ 12 AO) erfüllt. 3Verbringt der Unternehmer Gegenstände zum Zwecke des Verkaufs außerhalb einer Betriebsstätte in den Bestimmungsmitgliedstaat und gelangen die nichtverkauften Waren unmittelbar anschließend wieder in den Ausgangsmitgliedstaat zurück, kann das innergemeinschaftliche Verbringen aus Vereinfachungsgründen auf die tatsächlich verkaufte Warenmenge beschränkt werden. Beispiel: 1Der niederländische Blumenhändler N befördert im eigenen LKW Blumen nach Köln, um sie dort auf dem Wochenmarkt zu verkaufen. 2Die nicht verkauften Blumen nimmt er am selben Tag wieder mit zurück in die Niederlande. 3N bewirkt in bezug auf die verkauften Blumen einen innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 1 a Abs. 2 UStG in Deutschland. 4Er hat den Verkauf der Blumen als Inlandslieferung zu versteuern. 5Das Verbringen der nicht verkauften Blumen ins Inland muß nicht als innergemeinschaftlicher Erwerb im Sinne des § 1 a Abs. 2 UStG, das Zurückverbringen der nicht verkauften Blumen muß nicht als innergemeinschaftliche Lieferung im Sinne des § 3 Abs. 1 a i. V. m. § 6 a Abs. 2 UStG behandelt werden. (7) 1Bei der Verkaufskommission liegt zwar eine Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär erst im Zeitpunkt der Lieferung des Kommissionsgutes an den Abnehmer vor (vgl. BFH-Urteil vom 25. 11. 1986 - BStBl 1987 II S. 278). 2Gelangt das Kommissionsgut bei der Zurverfügungstellung an den Kommissionär vom Ausgangs- in den Bestimmungsmitgliedstaat, kann die Lieferung jedoch nach dem Sinn und Zweck der Regelung bereits zu diesem Zeitpunkt als erbracht angesehen werden, dementsprechend ist der innergemeinschaftliche Erwerb beim Kommissionär der Besteuerung zu unterwerfen. (8) Bei einer grenzüberschreitenden Organschaft sind Warenbewegungen zwischen den im Inland und den im übrigen Gemeinschaftsgebiet gelegenen Unternehmensteilen Lieferungen, die beim liefernden inländischen Unternehmensteil nach § 3 Abs. 1 i. V. m. § 6 a Abs. 1 UStG, beim erwerbenden inländischen Unternehmensteil nach § 1 a Abs. 1 Nr. 1 UStG zu beurteilen sind. Ausnahmen (9) 1Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Vorschriften ist das Verbringen zu einer nur vorübergehenden Verwendung von der Lieferungs- und Erwerbsfiktion ausgenommen. 2Diese Ausnahmeregelung ist unter Beachtung von Artikel 28 a Abs. 5 Buchstabe b und Abs. 7 der 6. EG-Richtlinie auszulegen. 3Danach liegt kein innergemeinschaftliches Verbringen vor, wenn die Verwendung des Gegenstandes im Bestimmungsmitgliedstaat - ihrer Art nach nur vorübergehend ist (vgl. Absatz 10 und 11) oder - befristet ist (vgl. Absatz 12 und 13). Der Art nach vorübergehende Verwendung (10) Eine ihrer Art nach vorübergehende Verwendung liegt in folgenden Fällen vor: 1. 1Der Unternehmer verwendet den Gegenstand bei einer Werklieferung, die im Bestimmungsmitgliedstaat steuerbar ist. 2Es ist gleichgültig, ob der Gegenstand Bestandteil der Lieferung wird und im Bestimmungsmitgliedstaat verbleibt oder ob er als Hilfsmittel verwendet wird und später wieder in den Ausgangsmitgliedstaat zurückgelangt. Beispiel 1: 1Der deutsche Bauunternehmer D errichtet in Frankreich ein Hotel. 2Er verbringt zu diesem Zwecke Baumaterial und einen Baukran an die Baustelle. 3Der Baukran gelangt nach Fertigstellung des Hotels nach Deutschland zurück. 4Das Verbringen des Baumaterials und des Baukrans ist keine innergemeinschaftliche Lieferung im Sinne des § 3 Abs. 1 a und § 6 a Abs. 2 UStG. 5Beim Zurückgelangen des Baukrans in das Inland liegt ein innergemeinschaftlicher Erwerb im Sinne des § 1 a Abs. 2 UStG nicht vor. 2. Der Unternehmer verbringt den Gegenstand im Rahmen oder in unmittelbarem Zusammenhang mit einer sonstigen Leistung in den Bestimmungsmitgliedstaat. Beispiel 2: a) Der deutsche Unternehmer D vermietet eine Baumaschine an den niederländischen Bauunternehmer N und verbringt die Maschine zu diesem Zweck in die Niederlande. b) Der französische Bauunternehmer F führt im Inland Malerarbeiten aus und verbringt zu diesem Zweck Farbe, Arbeitsmaterial und Leitern in das Inland. In beiden Fällen ist ein innergemeinschaftliches Verbringen nicht anzunehmen. 3. Der Unternehmer tätigt eine Materialbeistellung zu einer an ihn ausgeführten Werklieferung. 4. Der Unternehmer läßt an dem Gegenstand im Bestimmungsmitgliedstaat eine sonstige Leistung (z. B. Reparatur) ausführen. 5. Der Unternehmer überläßt einen Gegenstand an eine Arbeitsgemeinschaft als Gesellschafterbeitrag und verbringt den Gegenstand dazu in den Bestimmungsmitgliedstaat. (11) 1Bei einer ihrer Art nach vorübergehenden Verwendung kommt es auf die Dauer der tatsächlichen Verwendung des Gegenstandes im Bestimmungsmitgliedstaat nicht an. 2Geht der Gegenstand unter, nachdem er in den Bestimmungsmitgliedstaat gelangt ist, gilt er in diesem Zeitpunkt als geliefert. 3Das gleiche gilt, wenn zunächst eine ihrer Art nach vorübergehende Verwendung vorlag, der Gegenstand aber dann im Bestimmungsmitgliedstaat veräußert wird (z. B. wenn ein Gegenstand zunächst vermietet und dann verkauft wird). Befristete Verwendung (12) 1Von einer befristeten Verwendung ist auszugehen, wenn der Unternehmer einen Gegenstand in den Bestimmungsmitgliedstaat im Rahmen eines Vorgangs verbringt, für den bei einer entsprechenden Einfuhr aus dem Drittlandsgebiet wegen vorübergehender Verwendung eine vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben bestehen würde. 2Die zu der zoll- und einfuhrumsatzsteuerrechtlichen Abgabenbefreiung erlassenen Rechts- und Verwaltungsvorschriften sind entsprechend anzuwenden. 3Dies gilt ab 1. 1. 1994 insbesondere für die Artikel - 137 bis 144 ZK und - 670 bis 747 ZK-DVO. 4Die Höchstdauer der Verwendung (Verwendungsfrist) ist danach grundsätzlich auf 24 Monate festgelegt (Artikel 140 Abs. 2 ZK); für bestimmte Gegenstände gelten kürzere Verwendungsfristen. 5Fälle der vorübergehenden Verwendung mit einer Verwendungsfrist von 24 Monaten sind z. B. die Verwendung von - Berufsausrüstung (Artikel 671 und 672 ZK-DVO), - Waren, die auf Ausstellungen, Messen, Kongressen und ähnlichen Veranstaltungen ausgestellt oder verwendet werden sollen (Artikel 673 ZK-DVO), - medizinisch-chirurgischem Material und Labormaterial (Artikel 677 ZK-DVO), - Modellen, Meßgeräten, Spezialwerkzeugen, Vorführwaren, Mustern usw. (Artikel 680 ZK-DVO), - Filmen und anderen Ton- oder Bildträgern zur Betrachtung vor ihrer kommerziellen Verwendung bzw. für bestimmte Verwendungen (Artikel 683 ZK-DVO), - Werbematerial für den Fremdenverkehr (Artikel 684 a ZK-DVO). 6Eine Verwendungsfrist von grundsätzlich 12 Monaten gilt u. a. für - pädagogisches Material und wissenschaftliches Gerät (Artikel 674 bis 676 ZK-DVO), - Eisenbahnfahrzeuge (Artikel 721 ZK-DVO), - Paletten, deren Nämlichkeit festgestellt werden kann (Artikel 724 ZK-DVO), - Behälter (Artikel 725 ZK-DVO). 7Eine Verwendungsfrist von 6 Monaten gilt u. a. für - Umschließungen (Artikel 679 ZK-DVO), - Austauschproduktionsmittel (Artikel 681 ZK-DVO), - Straßenfahrzeuge, zivile Luftfahrzeuge und Wasserfahrzeuge zum privaten Gebrauch innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten (Artikel 719, 722 und 723 ZK-DVO), - Paletten, deren Nämlichkeit nicht festgestellt werden kann (Artikel 724 ZK-DVO). (13) 1Werden die in Absatz 12 bezeichneten Verwendungsfristen überschritten, ist im Zeitpunkt des Überschreitens ein innergemeinschaftliches Verbringen mit den sich aus § 1 a Abs. 2 und § 3 Abs. 1 a UStG ergebenden Wirkungen anzunehmen. 2Entsprechendes gilt, wenn der Gegenstand innerhalb der Verwendungsfrist untergeht oder veräußert (geliefert) wird. 3Das Zurückgelangen des Gegenstandes in den Ausgangsmitgliedstaat nach einer befristeten Verwendung ist umsatzsteuerlich unbeachtlich. Entsprechende Anwendung des § 3 Abs. 8 UStG (14) 1§ 1 a Abs. 2 und § 3 Abs. 1 a UStG sind grundsätzlich nicht anzuwenden, wenn der Gegenstand im Rahmen einer im Ausgangsmitgliedstaat steuerbaren Lieferung in den Bestimmungsmitgliedstaat gelangt, d. h. wenn der Abnehmer bei Beginn des Transports im Ausgangsmitgliedstaat feststeht und der Gegenstand an ihn unmittelbar ausgeliefert wird. 2Aus Vereinfachungsgründen kann in diesen Fällen jedoch unter folgenden Voraussetzungen ein innergemeinschaftliches Verbringen angenommen werden: 1. Die Lieferungen werden regelmäßig an eine größere Zahl von Abnehmern im Bestimmungsland ausgeführt. 2. Bei entsprechenden Lieferungen aus dem Drittlandsgebiet wären die Voraussetzungen für eine Verlagerung des Ortes der Lieferung in das Gemeinschaftsgebiet nach § 3 Abs. 8 UStG erfüllt. 3. 1Der liefernde Unternehmer behandelt die Lieferung im Bestimmungsmitgliedstaat als steuerbar. 2Er wird bei einem Finanzamt des Bestimmungsmitgliedstaates für Umsatzsteuerzwecke geführt. 3Er gibt in den Rechnungen seine USt-IdNr. des Bestimmungsmitgliedstaates an. 4. Die beteiligten Steuerbehörden im Ausgangs- und Bestimmungsmitgliedstaat sind mit dieser Behandlung einverstanden. Beispiel: 1Der niederländische Großhändler N in Venlo beliefert im grenznahen deutschen Raum eine Vielzahl von Kleinabnehmern (z. B. Imbißbuden, Gaststätten und Kasinos) mit Pommes frites. 2N verpackt und portioniert die Waren bereits in Venlo nach den Bestellungen der Abnehmer und liefert sie an diese mit eigenem LKW aus. 3N kann die Gesamtsendung als innergemeinschaftliches Verbringen (innergemeinschaftlicher Erwerb nach § 1 a Abs. 2 UStG) behandeln und alle Lieferungen als Inlandslieferungen bei dem zuständigen inländischen Finanzamt versteuern, sofern er in den Rechnungen seine deutsche USt-IdNr. angibt und seine örtlich zuständige niederländische Steuerbehörde diesem Verfahren zustimmt. Belegaustausch und Aufzeichnungspflichten (15) Wegen des Belegaustauschs und der Aufzeichnungspflichten bei innergemeinschaftlichen Verbringensfällen vgl. Abschnitte 190 a Abs. 3 und 256 a Abs. 1.