19.4 Grunderwerbsteuer beim Share Deal

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19.4.8.1 Gestaltungsmöglichkeiten in Bezug auf das Immobilienvermögen der Zielgesellschaft

19.70

Anders als beim Asset Deal besteht beim Unternehmenskauf in Form des Share Deals weitaus größerer Gestaltungsspielraum, um Grunderwerbsteuer zu vermeiden. Zunächst besteht die Möglichkeit, dass die Zielgesellschaft den Grundbesitz vor dem Unternehmenskauf veräußert. Denn Anknüpfungspunkt für die Grunderwerbsteuer beim Share Deal ist bei sämtlichen Ergänzungstatbeständen (§ 1 Abs. 2a, Abs. 2b, Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG), dass zum Gesellschaftsvermögen inländischer Grundbesitz gehört. Für die Zugehörigkeit zum Gesellschaftsvermögen ist weder die zivilrechtliche Eigentumslage noch das wirtschaftliche Eigentum i.S.v. § 39 Abs. 2 AO entscheidend. Vielmehr gilt insoweit nach Auffassung des BFH eine eigenständige grunderwerbsteuerliche Zurechnung. Danach gehört ein Grundstück der Gesellschaft i.S.d. Ergänzungstatbestände, wenn es ihr im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen ist.8)

19.71

Der Gesellschaft ist ein Grundstück dann nicht mehr zuzurechnen, wenn es bereits Gegenstand eines - nicht unter einer aufschiebenden Bedingung stehenden - Grundstückskaufvertrags ist, auch wenn die Gesellschaft bis zur Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch nach wie vor zivilrechtliche Eigentümerin des Grundstücks ist.

19.72

Praxistipp

Soll eine Immobilie vor einem Unternehmenskauf veräußert werden, dann kann der Anfall von Grunderwerbsteuer beim Share Deal folglich durch einen zuvor abgeschlossenen Grundstückskaufvertrag vermieden werden. Allerdings ist bei der Ausgestaltung des Grundstückskaufvertrags darauf zu achten, dass dieser nicht unter aufschiebenden Bedingungen steht. Denn in diesen Fällen würde Grunderwerbsteuer erst mit Eintritt der Bedingung entstehen (vgl. § 14 Nr. 1 GrEStG). Bis zum Bedingungseintritt würde das Grundstück folglich noch der Gesellschaft zugerechnet werden. Um den berechtigten Interessen der Vertragsparteien Rechnung zu tragen, sollten in diesen Fällen daher unter grunderwerbsteuerlichen Aspekten auflösende Bedingungen oder Rücktrittsrechte anstelle von aufschiebenden Bedingungen vereinbart werden.

19.73

Eine vorherige Veräußerung des Grundstücks kann sich auch aus haftungsrechtlichen Gründen anbieten. Soll z.B. ein Produktionsunternehmen mit im Eigentum der Gesellschaft stehenden Immobilien erworben werden, dann kann es sich unter haftungsrechtlichen Gesichtspunkten anbieten, dass die Immobilien von einer gesonderten Erwerbergesellschaft erworben werden, um diese aus der Haftungsmasse des Produktionsbetriebs herauszulösen. Die vorstehend genannten Grundsätze sollten hierbei beachtet werden, damit es hierbei zu keinem doppelten Anfall von Grunderwerbsteuer kommt. Neben haftungsrechtlichen Gründen kann es bei bestimmten Konstellationen auch unter ertragsteuerlichen Gesichtspunkten vorteilhaft sein, wenn die Immobilie von einer Schwesterkapitalgesellschaft erworben wird, die sie unter Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung (§ 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG) an die Betriebs-GmbH vermietet.9)

19.74

Möchte der Erwerber die Immobilien der Gesellschaft aus Liquiditäts- und/oder grunderwerbsteuerlichen Gründen nicht miterwerben, sollen die Grundstücke aber weiterhin von der Gesellschaft genutzt werden, dann könnte sich die Veräußerung des Grundbesitzes an einen Dritten unter Abschluss eines langfristigen Mietvertrags mit der Zielgesellschaft anbieten (Sale-and-lease-back-Verfahren). Bei der Ausgestaltung des Miet- bzw. Leasingvertrags ist unter grunderwerbsteuerlichen Gesichtspunkten jedoch unbedingt darauf zu achten, dass dem Leasingnehmer kein außerordentliches Ankaufsrecht in Bezug auf die Immobilie eingeräumt wird, da hierdurch der Erwerbstatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG (Übergang der Verwertungsbefugnis an einem Grundstück) ausgelöst werden könnte.10)