BVerfG - Beschluß vom 02.09.2002
1 BvR 476/01
Normen:
GG Art. 19 Abs. 4 Art. 20 Abs. 3 ; AO § 110 Abs. 1 ;
Fundstellen:
BStBl II 2002, 835
NJW 2002, 3692
Vorinstanzen:
BFH, vom 19.12.2000 - Vorinstanzaktenzeichen VII R 7/99

Einreichung einer Einspruchsschrift bei einer unzuständigen Behörde

BVerfG, Beschluß vom 02.09.2002 - Aktenzeichen 1 BvR 476/01

DRsp Nr. 2002/14021

Einreichung einer Einspruchsschrift bei einer unzuständigen Behörde

Zwar begründet es regelmäßig die Annahme subjektiv vorwerfbarer Außerachtlassung der zumutbaren Sorgfalt, wenn der Rechtsbehelfsführer die Behörde, bei der der Rechtsbehelf anzubringen ist, fehlerhaft angibt. Jedoch besteht für die Behörden grundsätzlich die Verpflichtung, leicht und einwandfrei als fehlgeleitete fristwahrende Einspruchsschreiben erkennbare Schriftstücke im Zuge des ordnungsgemäßen Geschäftsgangs ohne schuldhaftes Zögern an die zuständige Behörde weiterzuleiten. Hat die unzuständige Behörde die Übermittlung schuldhaft verzögert oder überhaupt unterlassen, so kommt im Falle willkürlichen, offenkundig nachlässigen und nachgewiesenen Fehlverhaltens der Behörde die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht.

Normenkette:

GG Art. 19 Abs. 4 Art. 20 Abs. 3 ; AO § 110 Abs. 1 ;

Gründe:

I. Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Auslegung und Anwendung der Wiedereinsetzungsvorschrift des § 110 Abs. 1 AO 1977.