99 a UStR2000
Stand: 10.12.1999
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Zu § 4 Nr. 16 UStG

99 a UStR2000 Pflegeeinrichtungen nach § 4 Nr. 16 Buchstabe e UStG

99 a Pflegeeinrichtungen nach § 4 Nr. 16 Buchstabe e UStG

UStR2000 ( Umsatzsteuer-Richtlinien 2000 )

(1) 1Begünstigt sind Einrichtungen zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen und Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen.2Wohngemeinschaften fallen nicht hierunter.3Gleichartige Einrichtungen eines Unternehmens sind jeweils als eine Einrichtung anzusehen.4Einrichtungen zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen sind Einrichtungen, in denen pflegebedürftige Personen zeitweise vollstationär (ganztägig) oder teilstationär (tagsüber oder nachts) untergebracht und gepflegt werden (Kurzzeitpflegeeinrichtungen, Tages- und Nachteinrichtungen).5Ambulante Pflegeeinrichtungen sind Einrichtungen, die kranke und pflegebedürftige Personen in deren Wohnung pflegen. 6Begünstigt sind ferner unselbständige, wirtschaftlich und organisatorisch abgrenzbare Teilbereiche eines Unternehmens (z. B. Kurzzeitpflegeeinrichtung innerhalb eines Krankenhauses). (2) 1Die Pflegeleistungen begünstigter Einrichtungen sind nur dann von der Umsatzsteuer befreit, wenn die Einrichtungen selbst alle im Zusammenhang mit der Pflege anfallenden Pflegeleistungen erbringen können. 2Das gilt auch, wenn zur Erbringung der Pflegeleistung eine andere begünstigte Einrichtung eingeschaltet wird (Kooperation). (3) 1Pflegebedürftige Personen sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens der Hilfe bedürfen (vgl. § 68 Abs. 1 BSHG). 2Nicht pflegebedürftig ist, wer nur Hilfe im hauswirtschaftlichen Bereich benötigt. (4) 1Die Pflegekosten müssen im vorangegangenen Kalenderjahr in mindestens vierzig vom Hundert der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder überwiegend getragen worden sein. 2Für die Auslegung des Begriffs "Fälle" ist von der Anzahl der gepflegten Personen im Laufe eines Kalendermonats auszugehen. 3Bei der Unterbringung in einer Einrichtung zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen gilt daher die Aufnahme einer Person innerhalb eines Kalendermonats als ein Pflegefall.4Bei der Erbringung ambulanter Pflegeleistungen gelten alle Leistungen für eine Person in einem Kalendermonat als ein Pflegefall. 5Werden von einem Unternehmer mehrere verschiedenartige Einrichtungen im Sinne des Absatzes 1 betrieben, sind die im Laufe eines Kalendermonats gepflegten Personen zur Ermittlung der Gesamtzahl der Pflegefälle jeder Einrichtung gesondert zuzuordnen. Beispiel: 1In einer Kurzzeitpflegeeinrichtung werden vom 1. Januar bis 31. März je Kalendermonat 100 Personen und vom 1. Mai bis 31. Dezember je Kalendermonat 70 Personen vorübergehend aufgenommen. 2Vom 1. April bis 30. April ist das Heim wegen Umbau geschlossen. 3Die Zahl der Pflegefälle errechnet sich für das Jahr wie folgt:

Vom 1. Januar bis 31. März 3 Kalendermonate × 100 gepflegte Personen = 300 Pflegefälle
Vom 1. Mai bis 31. Dezember 8 Kalendermonate × 70 gepflegte Personen = 560 Pflegefälle
Insgesamt = 860 Pflegefälle

4Eine von einem Kooperationspartner teilweise oder vollständig gepflegte Person wird auch bei dem Kooperationspartner zum "Fall". (5) 1Zu den Kosten eines Pflegefalles gehören bei einer Unterbringung in einer Kurzzeitpflegeeinrichtung die in Rechnung gestellten Aufwendungen insbesondere für Unterkunft, Verpflegung, Betreuung, Grundpflege nach § 14 Abs. 4 Nr. 1 bis 3 Elftes Sozialgesetzbuch - SGB XI - und § 68 Abs. 5 Nr. 1 bis 3 BSHG und krankenpflegerische Versorgung. 2Bei der ambulanten Pflege gehören zu den Kosten die in Rechnung gestellten Aufwendungen für die häusliche Krankenpflege (Behandlungspflege, Grundpflege nach § 14 Abs. 4 Nr. 1 bis 3 SGB XI und § 68 Abs. 5 Nr. 1 bis 3 BSHG, hauswirtschaftliche Versorgung nach § 14 Abs. 4 Nr. 4 SGB XI und § 68 Abs. 5 Nr. 4 BSHG) oder für die häusliche Pflege (Grundpflege, hauswirtschaftliche Versorgung). (6) 1Die Kosten eines Pflegefalles werden von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe zum überwiegenden Teil getragen, wenn sie die Kosten des Pflegefalles allein oder gemeinsam zu mehr als 50 v. H. übernehmen. 2Der Zeitpunkt der Kostenerstattung ist dabei ohne Bedeutung. 3Kostenzuschüsse oder Kostenerstattungen anderer Einrichtungen (z. B. private Krankenkassen, Beihilfestellen für Beamte, Wohlfahrtsverbände) sind den eigenen Aufwendungen der gepflegten Person zuzurechnen. Beispiel 1: 1Eine pflegebedürftige Person wird 3 Stunden am Tag in der Zeit vom 17. bis zum 31. Januar (=15 Tage) ambulant gepflegt. 2Die Pflegekosten je Stunde umfassen die Behandlungspflege in Höhe von 30,- DM und die häusliche Pflege in Höhe von 20,- DM. 3Vom Träger der Sozialversicherung (gesetzliche Pflegekasse) werden die Kosten für die häusliche Pflege übernommen. 4Außerdem erhält die gepflegte Person von ihrer gesetzlichen Krankenkasse Kostenerstattung für die Behandlungspflege. Kosten des Pflegefalles:


Kostentragung durch Sozialversicherungsträger.
Beispiel 2: 1Eine pflegebedürftige Person wird im Monat Januar in eine Kurzzeitpflegeeinrichtung aufgenommen. 2Der Tagessatz für die Pflege beträgt 80, - DM und für die Unterbringung 50, - DM. 3Der Träger der Sozialversicherung (gesetzliche Pflegekasse) übernimmt die Kosten der Pflege (Behandlungs- und Grundpflege). Kosten des Pflegefalles:


Beispiel 3: 1Eine pflegebedürftige Person wird im Monat Januar in einer Kurzzeitpflegeeinrichtung aufgenommen. 2Der Tagessatz für die Pflege beträgt 80, - DM und für die Unterbringung 50, - DM. 3Der Träger der Sozialversicherung (gesetzliche Pflegekasse) und die Beihilfestelle übernehmen die Kosten der Pflege (Behandlungs- und Grundpflege) in Höhe von je 50 v. H. (vgl. § 28 Abs. 2 SGB XI). Kosten des Pflegefalles:


Keine überwiegende Kostentragung durch Sozialversicherungsträger.
(7) 1Für die Ermittlung der "Vierzig-vom-Hundert-Grenze" sind die Verhältnisse des Vorjahres maßgebend. 2Nimmt der Unternehmer seine Tätigkeit im Laufe eines Kalenderjahres neu auf, ist auf die voraussichtlichen Verhältnisse des laufenden Jahres abzustellen. Beispiel: 1Eine Kurzzeitpflegeeinrichtung wird am 1. September eröffnet. 2Der Betreiber der Einrichtung geht nach sorgfältiger Prüfung davon aus, daß in 50 v. H. der Pflegefälle die Kosten überwiegend von den Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe getragen werden.3Nach Ablauf des Jahres wird festgestellt, daß eine überwiegende Kostenübernahme nur in 35 v. H. der Fälle erfolgte.4Für dieses Jahr kann die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 16 Buchstabe e UStG in Anspruch genommen werden.5Für das Folgejahr besteht Umsatzsteuerpflicht. (8) 1Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung müssen für jede gepflegte Person einer Pflegeeinrichtung im Sinne von Absatz 1 beleg- und buchmäßig nachgewiesen werden. 2Hierzu gehören insbesondere der Nachweis der Pflegebedürftigkeit und ihrer voraussichtlichen Dauer durch eine Bestätigung der Krankenkasse, der Pflegekasse, des Sozialhilfeträgers, des Gesundheitsamtes oder durch ärztliche Verordnung, der Nachweis der Kosten des Pflegefalles durch Rechnungen und der Höhe der Kostenerstattung der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung oder Sozialhilfe durch entsprechende Abrechnungsunterlagen sowie die Aufzeichnung des Namens und der Anschrift der gepflegten Person, die Aufzeichnung des Entgelts für die gesamte Pflegeleistung und der Höhe des Kostenersatzes durch den Träger der Sozialversicherung oder Sozialhilfe für den einzelnen Pflegefall und der Summe der gesamten Pflegefälle eines Kalenderjahres und der Summe der Pflegefälle dieses Jahres mit überwiegender Kostentragung durch die Träger der Sozialversicherung oder Sozialhilfe.3Dies gilt auch für Kooperationspartner. (9) 1Schulungskurse und Pflegeberatungen, die Pflegeeinrichtungen im Auftrag der Pflegekassen durchführen, sowie Pflichtpflegeeinsätze nach § 37 Abs. 3 SGB XI sind eng mit den Pflegeleistungen verbundene Umsätze.2Sie werden grundsätzlich nicht als "Fall" angesehen und bei der Berechnung der 40-v. H.-Grenze außen vor gelassen. 3Diese Umsätze sind danach steuerfrei, wenn im vorangegangenen Kalenderjahr mindestens 40 v. H. der Fälle der Einrichtung ganz oder zum überwiegenden Teil von der Sozialversicherung getragen worden sind.