Problem

Autor: Diplom-Finanzwirt Dieter Spangenberg

Das Inland i.S.d. UStG stellt den räumlichen Anwendungsbereich des UStG dar. Das Inland als räumlicher Anwendungsbereich des UStG umfasst im Wesentlichen das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland, denn nur hier besitzt die Bundesrepublik Deutschland die Verwaltungshoheit u.a. im Bereich der Besteuerung.

Nur hier können steuerbare Umsätze i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 und Nr. 5 UStG in Form von Lieferungen und sonstigen Leistungen bzw. innergemeinschaftlichen Erwerben ausgeführt werden. Insoweit gilt ein strenges Territorialitätsprinzip. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, kommt es für die Umsatzbesteuerung grundsätzlich nicht darauf an, ob der ausführende Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt (§ 1 Abs. 2 Satz 3 UStG). In bestimmten Fällen wird jedoch z.B. die Frage nach der Steuerschuldnerschaft in Abhängigkeit von der Ansässigkeit des leistenden Unternehmers beurteilt (§ 13b Abs. 1 UStG). Auch bei bestimmten Exportvorgängen ist die Ansässigkeit des Abnehmers für die Frage der Steuerbefreiung des Umsatzes entscheidend (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 2 UStG). Auf das gesonderte Stichwort "Ausfuhr" wird verwiesen.

Zusätzlich verhindert die Vorschrift des § 1 Abs. 3 UStG einen umsatzsteuerlich unbesteuerten Letztverbrauch in bestimmten, nicht zum Inland, aber zum Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland gehörenden Bereichen, denn die Vorschrift bestimmt, dass die in diesen Bereichen dort ausgeführten, bestimmten Umsätze wie Umsätze im Inland zu behandeln sind. Auf das gesonderte Stichwort "Freihafen" wird hingewiesen.

Das Inland ist zu definieren und abzugrenzen vom Ausland. Im Folgenden gilt es, Begriffe wie Gemeinschaftsgebiet und Drittlandsgebiet sowie weitere Begriffe zu bestimmen, die für die Anwendung des UStG von erheblicher Bedeutung sind insbesondere für die Anwendung der Vorschriften zum gemeinsamen Binnenmarkt der EU.

Inland

Das umsatzsteuerliche Inland ist nach § 1 Abs. 2 Satz 1 UStG definiert als das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit den nachfolgend dargestellten Ausnahmen:

- Gebiet der Gemeinde Büsingen
Es handelt sich um das von der Schweiz umgebene Gebiet der deutschen Gemeinde Büsingen am Hochrhein.

- Insel Helgoland

- Freihäfen
Freihäfen i.S.d. UStG sind Freizonen i.S.d. Art. 243 des Zollkodex der Union (Verordnung (EU) Nr. 952/2013). Sie werden umsatzsteuerlich als Drittland (siehe unten) behandelt. Es handelt sich um bestimmte, abgegrenzte Teile folgender Häfen:

Bremerhaven

Cuxhaven

Hinweis

Da § 1 Abs. 2 UStG den Begriff des Freihafens auf die Freizonen i.S.d. Art. 243 des Zollkodex der Union beschränkt, sind die im Binnenland liegenden Häfen Deggendorf (1992-2016) und Duisburg als Inland zu behandeln (ab dem 01.01.2004).

Nach § 1 Abs. 3 UStG sind bestimmte Umsätze, die in einem Freihafen bewirkt werden, wie Umsätze im Inland zu behandeln. Diese Fiktion wirkt sich jedoch nicht auf die Ansässigkeit des Leistungsempfängers aus (BFH, Urt. v. 22.02.2017 - XI R 13/15).

- Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie
Nicht zum Inland gehören die Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie im Bereich der Küstenmeere.

Hinweis

Die Hoheitsgrenze der Bundesrepublik Deutschland ist durch Proklamation der Bundesregierung mit Wirkung vom 01.01.1995 auf zwölf Seemeilen ausgedehnt worden (BGBl I 1994, 3428). Bis dahin galt eine Hoheitsgrenze von drei Seemeilen.

Nach § 1 Abs. 3 UStG sind bestimmte Umsätze, die zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, wie Umsätze im Inland zu behandeln. Diese Fiktion wirkt sich jedoch nicht auf die Ansässigkeit des Leistungsempfängers aus (BFH, Urt. v. 22.02.2017 - XI R 13/15).

- Deutsche Schiffe und Luftfahrzeuge in bestimmten Gebieten
Die deutschen Schiffe sowie die deutschen Luftfahrzeuge gehören dann nicht zum Inland, wenn sie sich in Gebieten befinden, die zu keinem Zollgebiet (siehe unten) gehören. Auch zum Inland gehört der Transitbereich deutscher Flughäfen (BFH v. 03.11.2005, BStBl II 2006, 337).

- Botschaften, Konsulate, Einrichtungen von Truppen anderer Staaten
Nach Abschn. 1.9 Abs. 1 UStAE sind Botschaften, Gesandtschaften und Konsulate anderer Staaten selbst bei bestehender Exterritorialität dem Inland zugehörig. Das gilt auch für Einrichtungen, die von Truppen anderer Staaten im Inland unterhalten werden.

Ausland

Ausland i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 2 UStG ist das Gebiet, das nach der Definition nicht Inland ist. Somit umfasst der Begriff Ausland auch das übrige Gemeinschaftsgebiet (siehe unten) sowie das Drittlandsgebiet (siehe unten).

Hinweis

Eine Besonderheit gilt für die österreichischen Gemeinden Mittelberg (Kleines Walsertal) und Jungholz in Tirol. Sie gehören zum Ausland i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 2 UStG; die Einfuhr in diesen Gebieten unterliegt jedoch der deutschen Einfuhrumsatzsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG, Abschn. 1.9 Abs. 2 Satz 2 UStAE).

Gemeinschaftsgebiet

Nach § 1 Abs. 2a UStG ist das Gemeinschaftsgebiet i.S.d. UStG das Inland nach § 1 Abs. 2 Satz 1 UStG und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der EU, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten. Das Gemeinschaftsgebiet bestimmt sich nach den Gemeinschaftsverträgen. Aufgrund der verschiedenen völkerrechtlichen Besonderheiten ergeben sich hinsichtlich der Geltungsbereiche des Gemeinschaftsrechts in den einzelnen Mitgliedstaaten diverse Abweichungen. Dabei gilt für Deutschland:

Alle Hoheitsgebiete der Bundesrepublik Deutschland sind völkerrechtlich Gemeinschaftsgebiet.

Helgoland, die deutsche Exklave Büsingen am Hochrhein und die Freizonen i.S.d. Art. 243 des Zollkodex der Union zählen zollrechtlich nicht zum Gemeinschaftsgebiet.

Folgende 28 Staaten gehören derzeitig der EU an:

Belgien (Gründungsmitglied 1958)

Deutschland (Gründungsmitglied 1958)

Frankreich (Gründungsmitglied 1958)

Italien (Gründungsmitglied 1958)

Luxemburg (Gründungsmitglied 1958)

Niederlande (Gründungsmitglied 1958)

Dänemark (Beitritt 1973)

Irland (Beitritt 1973)

Griechenland (Beitritt 1981)

Portugal (Beitritt 1986)

Spanien (Beitritt 1986)

Finnland (Beitritt 1995)

Österreich (Beitritt 1995)

Schweden (Beitritt 1995)

Tschechische Republik (Beitritt 2004)

Estland (Beitritt 2004)

Zypern (Beitritt 2004, griechischer Teil)

Lettland (Beitritt 2004)

Litauen (Beitritt 2004)

Ungarn (Beitritt 2004)

Malta (Beitritt 2004)

Polen (Beitritt 2004)

Slowenien (Beitritt 2004)

Slowakische Republik (Beitritt 2004)

Bulgarien (Beitritt 2007)

Rumänien (Beitritt 2007)

Kroatien (Beitritt 2013)

Am 31.01.2020 ist das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland aus der EU ausgetreten.

Hinweis

Nach den Regelungen des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der EU und der Europäischen Atomgemeinschaft schloss sich ein Übergangszeitraum an. In dem Zeitraum findet das Mehrwertsteuerrecht der Union für das Vereinigte Königreich weiterhin Anwendung. Dieser Übergangszeitraum endete mit Ablauf des 31.12.2020, UTC+1 (24:00 Uhr Brüsseler Zeit).

Grundsätzlich ist das Vereinigte Königreich, Großbritannien und Nordirland, für umsatzsteuerrechtliche Zwecke nach dem 31.12.2020 als Drittlandsgebiet i.S.d. § 1 Abs. 2a Satz 3 UStG anzusehen mit Ausnahme Nordirlands. Für Nordirland wurde jedoch im "Protokoll zu Irland/Nordirland" zum Austrittsabkommen ein besonderer Status vereinbart. Im Ergebnis ist bei der Umsatzbesteuerung des Warenverkehrs zwischen Großbritannien und Nordirland zu unterscheiden. Während Großbritannien auch insoweit als Drittlandsgebiet zu behandeln ist, wird Nordirland für die Umsatzbesteuerung des Warenverkehrs auch nach dem 31.12.2020 als zum Gemeinschaftsgebiet gehörig behandelt. Innerhalb des Vereinigten Königreichs sind dessen Behörden für die Anwendung und Durchführung der für Nordirland weiter geltenden Vorschriften des Mehrwertsteuerrechts der Union zuständig. Einzelheiten und Übergangsregelungen sind im BMF-Schreiben III C 1 - S 7050/19/10001 :002 vom 10.12.2020 dargestellt.

Besonderheiten hinsichtlich der Zugehörigkeit einzelner Inseln, Kolonien usw. ergeben sich aus Abschn. 1.10 Abs. 1 UStAE. Nach dem Vertragsrecht der EU gelten für bestimmte Gemeinden, Inseln und sonstige Gebiete Sonderregelungen:

Danach gehören zum EU-Gebiet oder werden wie EU-Gebiet behandelt:

Akrotiri und Dhekalia (Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern, Austritt 2020)

Azoren (Portugal)

Balearen (Spanien)

Fürstentum Monaco (Frankreich)

Insel Man (Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, Austritt 2020)

Madeira (Portugal)

Zum Drittlandsgebiet (siehe unten) gehören:

Åland-Inseln (Finnland)

Andorra

Berg Athos (Griechenland)

Büsingen (Deutschland)

Campione d′Italia (Italien)

Ceuta (Spanien)

Färöer (Dänemark)

Gibraltar (Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland)

Grönland (Dänemark)

Guadeloupe, Französisch-Guyana, Martinique, Mayotte, Réunion, Saint-Barthélemy und Saint-Martin (Frankreich)

Helgoland (Deutschland)

Kanalinseln Jersey und Guernsey (Vereinigtes Königsreich Großbritannien und Nordirland)

Kanarische Inseln (Spanien)

Livigno (Italien)

Luganer See (auch soweit er zum italienischen Hoheitsgebiet gehört)

Melilla (Spanien)

Niederländische Antillen

San Marino (Italien)

Vatikan

Zypern (türkischer Teil)

Das übrige Gemeinschaftsgebiet ist nach § 1 Abs. 2a UStG das Gemeinschaftsgebiet ohne das Inland.

Drittlandsgebiet

Nach § 1 Abs. 2a Satz 3 ist Drittlandsgebiet i.S.d. UStG das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist. Das Drittlandsgebiet umfasst dabei u.a. auch Andorra, Gibraltar und den Vatikan (vgl. Abschn. 1.10 Abs. 2 UStAE). Soweit die Regierung der Republik Zypern keine tatsächliche Kontrolle ausübt, werden auch bestimmte Teile der Insel Zypern als Drittlandsgebiet behandelt. Zur näheren Bestimmung des Begriffs vgl. auch EuGH, Urt. v. 07.06.2007 - Rs. C-335/05.

Drittstaat

Als Drittstaat wird ein Staat bezeichnet, der nicht zur EU gehört und auf den nach Art. 5 Abs. 4 MwStSystRL die MwStSystRL keine Anwendung findet.

Zollgebiet

Als Zollgebiet wird ein Gebiet bezeichnet, an dessen Grenzen Zölle und u.U. weitere Abgaben für eingeführte Waren erhoben werden, und an denen deshalb Zoll- und Grenzkontrollen durchgeführt werden. Häufig ist das Zollgebiet mit dem Hoheitsgebiet eines Staates identisch. Historische, wirtschaftliche oder geographische Besonderheiten führen jedoch bei einigen der Staaten zu Abweichungen. Deshalb ist die Zollgrenze nicht immer identisch mit der Staatsgrenze. So kann beispielsweise ein Freihafen zum Wirtschaftsgebiet und Steuergebiet eines Landes gehören, vom Zollgebiet aber ausgenommen sein. Neben den Landgebieten und dem technisch nutzbaren Erduntergrund gehören auch die Küstengewässer bis zu einer Ausdehnung von zwölf Seemeilen (entspricht 22,22 km) von der Basislinie aus sowie der Luftraum in der durch konventionelle Flugzeuge erreichbaren Flughöhe i.d.R. zum Zollgebiet. Botschaften, Gesandtschaften und Konsulate anderer Staaten gehören ebenso zum Zollgebiet, wie auch Einrichtungen, die von Truppen anderer Staaten unterhalten werden. Freizonen und Freilager gehören trotz ihres Sonderstatus regelmäßig ebenfalls zum Zollgebiet. Die Zollbehörde (in Deutschland die Bundeszollverwaltung) überwacht die Zollgrenze.

Die EU hat einen gemeinsamen Binnenmarkt und infolgedessen ein gemeinsames Zollgebiet (Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 09.10.2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union) mit einer gemeinsamen Außengrenze. Innerhalb der EU sind die Staatsgrenzen deshalb keine Zollgrenzen mehr. Mit der Festlegung eines gemeinschaftlichen Zollgebiets wird der geographische Raum abgegrenzt, in dem das gesamte Zollrecht der EU einheitlich Anwendung findet. Art. 6 MwStSystRL grenzt insoweit das Zollgebiet vom Gemeinschaftsgebiet ab. Aufgrund der Zugehörigkeit bestimmter nichtkontinentaler oder überseeischer Gebiete zum Zollgebiet kommt es dazu, dass die Gemeinschaft z.B. in Guayana eine gemeinsame Außengrenze mit Brasilien hat.

Im Europäischen Binnenmarkt wird der Warenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht mehr von den Zollbehörden überwacht, weshalb auch Einfuhrabgaben wie Zölle, Einfuhrumsatzsteueroder die besonderen Verbrauchsteuern auf beispielsweise Zigaretten, Spirituosen oder Mineralöl an den Binnengrenzen nicht mehr erhoben werden. Gegenüber Drittländern wenden alle Mitgliedstaaten im Rahmen der sogenannten Zollunion gemeinsame Zollvorschriften an und erheben einheitliche Außenzölle.

Freizonen

Die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft können bestimmte Teile des Zollgebiets zu Freizonen erklären oder Freilager bewilligen. Freizonen sind damit Zollgebiet der Gemeinschaft. Es handelt sich um vom übrigen Zollgebiet abgegrenzte Flächen, in denen sogenannte Nichtunionswaren für die Erhebung von Abgaben und die Anwendung von handelspolitischen Maßnahmen als noch nicht im Zollgebiet befindlich angesehen werden, solange sie dort nicht bereits in den freien Verkehr oder ein anderes Zollverfahren überführt wurden. Im Unterschied zu Freilagern, die aus einem einzelnen Gebäude oder Gebäudeteil bestehen können, erstrecken sich Freizonen über ein zusammenhängendes Gebiet.

Hinweis

In Deutschland sind bislang keine Freilager, sondern nur Freizonen eingerichtet worden, bei denen es sich bislang ausschließlich um abgrenzbare Teile von Freihäfen handelt, weshalb sie traditionell als Freihäfen bezeichnet werden.

Freizonen dienen in erster Linie dem Außenhandel und der Lagerung von Waren, die von Zollformalitäten zunächst möglichst wenig behindert werden sollen. Deshalb werden Einfuhrabgaben grundsätzlich erst erhoben, wenn die Waren in den Wirtschaftskreislauf des Binnenmarkts gelangen.

Im Amtsblatt der Europäischen Union, Reihe C, werden die in der Gemeinschaft bestehenden Freizonen veröffentlicht.