I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine am 11. Mai 2000 gegründete GmbH. Die Gesellschaftsanteile an der Klägerin hielten in den Streitjahren 2000 und 2001 der Einzelunternehmer B zu 51 v.H. sowie zunächst die X-GmbH & Co. KG zu 49 v.H., die ihre Anteile an der Klägerin am 13. Dezember 2000 an die Z-Beteiligungsgesellschaft mbH veräußerte.
Die Satzung der Klägerin sah vor, dass Gesellschafterbeschlüsse mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden. Für eine Reihe von Beschlussgegenständen wie z.B. Entlastung, Abberufung und Bestellung von Geschäftsführern bestand demgegenüber ein Einstimmigkeitserfordernis.
Nach der Satzung der Klägerin waren beide Gesellschafter berechtigt, jeweils einen Geschäftsführer zu benennen. Einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Klägerin waren in den Streitjahren der Mehrheitsgesellschafter B und der von der Minderheitsgesellschafterin berufene MK.
Die Gesellschafterversammlung hatte am 11. Mai 2000 eine Geschäftsführerordnung beschlossen.
Die Klägerin erbrachte entgeltliche Dienstleistungen gegenüber einer auf das Einzelunternehmen des B mit Wirkung zum 1. Januar 2000 verschmolzenen Klinik, die zuvor in der Rechtsform einer GmbH geführt worden war, sowie gegenüber einer weiteren Klinik-GmbH, deren Geschäftsanteile in den Streitjahren von B zu 98 v.H. gehalten wurden. Die Klägerin ging davon aus, dass ihre Leistungen aufgrund einer Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) zu B als Organträger nichtsteuerbar seien.
Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung wurde dem Prüfer zunächst eine Fassung der Geschäftsführerordnung vorgelegt, die keine Regelung zum Vorgehen bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Geschäftsführern enthielt. Demgegenüber sah eine nachgereichte Fassung der Geschäftsführerordnung in § 5 Abs. 4 vor, dass der von B, dem Mehrheitsgesellschafter, eingesetzte Geschäftsführer allein entscheidet, wenn die Geschäftsführer keine Einigung erzielen können. Mit Schreiben vom 26. November 2002 erläuterte der damalige steuerliche Berater die unterschiedlichen Fassungen der Geschäftsführerordnung dahingehend, dass die in § 5 Abs. 4 enthaltene Regelung bereits am 11. Mai 2000 beschlossen worden sei. Diese Regelung sei später nochmals zwischen den beiden Geschäftsführern MK und B erörtert worden, wobei klargestellt worden sei, dass B bei der Entscheidungsfindung das letzte Wort habe. Man sei daher übereingekommen, die Geschäftsführerordnung in diesem Sinne zu ändern, wobei diese redaktionelle Anpassung zunächst versehentlich unterblieben sei. Erst anlässlich der Übersendung der Geschäftsführerordnung an den Sonderprüfer im September 2002 sei die Ergänzung wieder in Erinnerung geraten und die Geschäftsführerordnung auch schriftlich ergänzt worden.
Aufgrund der Umsatzsteuer-Sonderprüfung erließ der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) am 30. Januar 2003 für die beiden Streitjahre Umsatzsteuerbescheide, nach denen die von der Klägerin erbrachten Leistungen umsatzsteuerpflichtig sind. Der Einspruch der Klägerin wurde durch Einspruchsentscheidung vom 27. April 2004 als unbegründet zurückgewiesen.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit der Begründung statt, dass die Klägerin als Organgesellschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in das Unternehmen des B eingegliedert gewesen sei. B sei Mehrheitsgesellschafter der Klägerin gewesen. Einzelne Einstimmigkeitserfordernisse seien unbeachtlich, da B die Klägerin faktisch beherrscht habe. Die wirtschaftliche Eingliederung in das Einzelunternehmen des B ergebe sich daraus, dass die Klägerin entgeltliche Leistungen an die von B betriebene Klinik erbracht habe. Die organisatorische Eingliederung folge aus der finanziellen Eingliederung. B habe sich bereits durch seine Mehrheitsbeteiligung die Einflussnahme auf die Klägerin gesichert. Weitergehende organisatorische Maßnahmen seien nicht erforderlich. Eine faktische Beherrschung reiche aus. Hierfür spreche auch §
Das Urteil des FG ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2006, 1462 veröffentlicht.
Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG. Im Hinblick auf das Einstimmigkeitserfordernis bei Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern fehle es bereits an der "finanziellen Eingliederung". Es liege auch keine organisatorische Eingliederung vor, da es nicht auf §
Das FA beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Für die umsatzsteuerrechtliche Organschaft komme es auf das Gesamtbild der Verhältnisse an. Mehrheitsgesellschafter B sei in der Lage gewesen, seinen Willen bei der Klägerin nach Belieben durchzusetzen. Die organisatorische Eingliederung ergebe sich daraus, dass Mehrheitsgesellschafter B als Mitgeschäftsführer über eine Einzelvertretungsbefugnis verfügt habe.
II. Die Revision des FA ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§
1. Unter welchen Voraussetzungen eine juristische Person eine wirtschaftliche Tätigkeit für Zwecke der Umsatzsteuer nicht selbständig ausübt, ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG, nicht aber aus §
a) Nach §
Mit dem Erfordernis der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung entspricht die Vorschrift dem Gemeinschaftsrecht. Mit § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG hat der deutsche Gesetzgeber von der Ermächtigung des Art.
"Vorbehaltlich der Konsultation nach Artikel 29 steht es jedem Mitgliedstaat frei, im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln."
b) Für die Annahme einer Organschaft ist es nicht erforderlich, dass sich alle drei in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG genannten Merkmale einer Eingliederung gleichermaßen deutlich feststellen lassen; nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse kann die Selbständigkeit auch dann fehlen, wenn die Eingliederung auf einem der drei Gebiete nicht vollkommen ist. Allerdings reicht es nicht aus, dass eine Eingliederung nur in Bezug auf zwei der drei Merkmale besteht (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 20. Februar 1992 V R 80/85, BFH/NV 1993, 133; vom 25. Juni 1998 V R 76/97, BFH/NV 1998, 1534; vom 24. Februar 2003
c) Bei Anwendung von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG kommt §
2. Die organisatorische Eingliederung setzt voraus, dass die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Tochtergesellschaft durch die Muttergesellschaft in der laufenden Geschäftsführung wirklich wahrgenommen wird (BFH-Urteil vom 28. Januar 1999 V R 32/98, BFHE 187, 355, BStBl II 1999, 258). Es kommt darauf an, dass der Organträger die Organgesellschaft durch die Art und Weise der Geschäftsführung beherrscht (BFH-Urteil vom 9. Oktober 2002 V R 64/99, BFHE 200, 119, BStBl II 2003, 375) oder aber zumindest durch die Gestaltung der Beziehungen zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft sichergestellt ist, dass eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung bei der Organtochter nicht möglich ist (BFH-Urteile vom 13. März 1997 V R 96/96, BFHE 182, 426, BStBl II 1997, 580; in BFHE 187, 355, BStBl II 1999, 258; vom 16. August 2001
Das FG ist mit seiner Auffassung, die aktienrechtliche Konzernvermutung nach §
3. Die Sache ist spruchreif, so dass der Senat nach §
Im Streitfall liegt keine Personenidentität in den Vertretungsorganen vor, da die Klägerin über zwei Geschäftsführer verfügte. Im Hinblick auf die für beide Geschäftsführer bestehende Einzelvertretungsbefugnis war es dem Mehrheitsgesellschafter B auch nicht möglich, eine von seinem Willen abweichende Willensbildung in der Organgesellschaft zu verhindern (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 182, 426, BStBl II 1997, 580; in BFHE 187, 355, BStBl II 1999, 258; in BFH/NV 2002,
Die erforderliche organisatorische Eingliederung ergibt sich auch nicht aus den Regelungen der Geschäftsführerordnung der Klägerin. Der Senat braucht im vorliegenden Verfahren über die Bedeutung von Geschäftsführungsordnungen für die organisatorische Eingliederung nicht abschließend zu entscheiden. Der Geschäftsführerordnung kommt bereits aufgrund der im Streitfall bestehenden Besonderheiten keine Bedeutung zu. Im Hinblick auf die Einzelvertretungsbefugnis des MK konnte B eine von seinem Willen abweichende Willensbildung bei der Klägerin nur verhindern, wenn für ihn ein bei Meinungsverschiedenheiten eingreifendes Letztentscheidungsrecht bestand. In den Streitjahren lag insoweit aber nur eine mündliche Absprache vor, da die schriftliche Ergänzung in § 5 Abs. 4 der Geschäftsführerordnung erst im Jahr 2002 erfolgte. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Geschäftsführern wäre B daher nicht in der Lage gewesen, sein Letztentscheidungsrecht gegenüber Dritten nachzuweisen oder MK bei Verstößen gegen die in den Streitjahren nur mündlich getroffene Absprache haftbar zu machen. Dies reicht nicht aus, um eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung bei der Organtochter auszuschließen.