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Vorsteuerabzug: Regeln des Hauptgebäudes gelten auch für den Anbau

Die Umsatzsteuer aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Hauses lässt sich selbst dann in voller Höhe und sofort als Vorsteuer vom Finanzamt erstatten, wenn bis zu 90 % der Fläche privat genutzt werden. Denn solche teils unternehmerisch, teils privat genutzten Gebäude lassen sich insgesamt dem Unternehmensvermögen zuordnen. Das ist beispielsweise für Selbständige interessant, die in einer Immobilie sowohl Geschäfts- als auch Wohnräume haben oder neben der Privatnutzung eine Teilfläche umsatzsteuerpflichtig vermieten.

Im Gegenzug zum sofortigen Vorsteuerabzug müssen sie dann für die Nutzung zu Wohnzwecken als Eigenverbrauch Umsatzsteuer bezahlen. Die zunächst erhaltene Vorsteuer müssen sie der Finanzkasse über zehn Jahre hinweg zurückzahlen. Der Reiz dieses Modells liegt im Liquiditäts- und Zinseszinsvorteil, weil der Bauherr bzw. Hauskäufer die anfallende Umsatzsteuer zunächst nicht bezahlen muss: ein nicht unwichtiger Entlastungsfaktor in der Investitionsphase.

Die Entscheidung über die volle oder anteilige Zuordnung eines gemischtgenutzten Gebäudes zum Unternehmen ist dem Finanzamt allerdings rechtzeitig - bei Anschaffung oder Herstellung - mitzuteilen. Aufgrund dieser zügigen Zuordnungsentscheidung ist der vollständige Vorsteuerabzug aus den Kosten eines nachträglich errichteten Anbaus nur dann möglich, wenn auch das Altgebäude vollständig dem Unternehmensvermögen zugeordnet ist. Denn für den neuen, ebenfalls gemischtgenutzten Gebäudeteil kann lediglich entsprechend der unternehmerischen Nutzung die Vorsteuer geltend gemacht werden. Wurden bei Erwerb oder Herstellung des Altbaus nur die unternehmerisch genutzten Gebäudeteile dem Unternehmensvermögen zugeordnet, ist diese einmal getroffene Entscheidung für das Wirtschaftsgut bindend und umfasst auch die anschließend errichteten - räumlich nicht voneinander abgrenzbaren - Flächen.

Beispiel: 2005 erbaute ein Unternehmer ein Gebäude, das er zu 60 % als Werkstatt nutzt. Im oberen Stock liegt die Wohnung seiner Familie. 2010 errichtete er einen Anbau, von dem 70 % auf die Werkstatt und der Rest als Erweiterung auf die Wohnung entfällt.

  • Hat er den Altbau damals komplett dem Unternehmen zugeordnet (voller Vorsteuerabzug), muss er dies nun auch für den Anbau vornehmen und bekommt sofort die gesamte Umsatzsteuer aus den Umbaukosten erstattet.
  • Hat er den Altbau dagegen nur zu 60 % dem Unternehmen zugeordnet, kann er jetzt aus den Aufwendungen für den Anbau lediglich 70 % der Umsatzsteuer absetzen. Denn nur dieser Anteil gehört zu seinem notwendigen Unternehmensvermögen.

Hinweis: Bei Kauf oder Bauantrag ab 2011 ist die Vorsteuer aus der Investition nur noch insoweit abzugsfähig, als sie auf die Verwendung des Grundstücks für unternehmerische Zwecke entfällt. Dafür ist auf den Eigenverbrauch keine Umsatzsteuer mehr abzuführen. Wollen Sie den Liquiditäts- und Zinseszinsvorteil noch nutzen, sollten Sie bei geplanten Bauvorhaben noch im laufenden Jahr den Bauantrag stellen.

FG Niedersachsen, Urt. v. 10.05.2010 – 16 K 11384/08

Quelle: Redaktion Steuern - vom 24.11.10