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Denkmalimmobilien: FG Sachsen stellt sich gegen die Finanzverwaltung

Seit Wegfall von Eigenheimzulage, degressiver Gebäude-Abschreibung und Verlustzuweisungen bei geschlossenen Immobilienfonds sind denkmalgeschützte und sanierungsbedürftige Objekte eine der letzten Geldanlagen, mit denen man noch Steuern sparen kann. Beim herkömmlichen Hauskauf oder Neubau können Vermieter grundsätzlich nur noch zwei Prozent AfA pro Jahr absetzen. Wird die Immobilie selbst bewohnt, fällt die Förderung sogar vollständig weg, sofern nicht die komplizierten Regeln über Wohn-Riester in Anspruch genommen werden, bei denen es erst zu einer nachgelagerten Besteuerung im Alter kommt. Anleger können zudem Anfangsverluste aus Immobilienfonds erst mit späteren Überschüssen aus demselben Modell verrechnen.

Bei Baudenkmälern oder Sanierungsobjekten existiert hingegen weiterhin hohes Abschreibungspotential, sowohl bei Vermietung als auch bei Eigennutzung. Hier lassen sich beim Eigenheim laufende Renovierungskosten innerhalb kurzer Zeit sogar fast vollständig von der Steuer absetzen. Die Aufwendungen für selbstgenutzte Eigentumswohnungen oder Einfamilienhäuser, die anerkannte Baudenkmäler sind, dürfen zehn Jahre lang jeweils mit 9 % als Sonderausgaben abgezogen werden. Darüber hinaus sind bei solchen begünstigten Häusern auch noch die laufenden Erhaltungsaufwendungen absetzbar. Auch wenn Denkmalgebäude von Bauträgern angeboten werden, die das Objekt nach dem Kauf erst renovieren und dann den neuen Eigentümern im fertigen Zustand übergeben, ist der Sonderausgabenabzug möglich. Entscheidend ist nur, dass die einzelnen Baumaßnahmen mit der zuständigen Behörde abgestimmt werden müssen. Denn erst wenn die Behörde eine Bescheinigung über die begünstigten Aufwendungen ausgestellt hat, können diese beim Finanzamt geltend gemacht werden.

FG Sachsen zweifelt an Verwaltungsauffassung

Dieses Erfordernis hat nun das FG Sachsen in Zweifel gezogen: Sind begünstigte Baumaßnahmen bereits abgeschlossen, so ist es nach Auffasung des FG ernstlich zweifelhaft, ob das Finanzamt - etwa im Lohnsteuerermäßigungsverfahren, bei den Vorauszahlungen oder der Veranlagung - die Berücksichtigung der Steuerbegünstigungen für denkmalgeschützte und sanierungsbedürftige Objekte mit der Begründung ablehnen darf, dass bisher keine Bescheinigung der Denkmalschutzbehörde vorliegt. Mit diesem Beschluss wendet sich das FG gegen die Verwaltungsauffassung, wonach

  • die Bescheinigung der zuständigen Behörde eine materiell-rechtliche Tatbestandsvoraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung ist und
  • bis zur Vorlage der Bescheinigung kein Anspruch auf die Steuervergünstigung besteht.

Eine Berücksichtigung scheidet daher auch bei einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen aus. Ebenso wenig können die erhöhten Absetzungen im Lohnsteuerermäßigungsverfahren bzw. bei der Festsetzung von Vorauszahlungen berücksichtigt werden.

Nichtanwendungserlass behindert eigene Ermessensentscheidung

Nach Ansicht des FG können negative Einkünfte aus der Vermietung oder Verpachtung eines Gebäudes bei der Festsetzung der Vorauszahlungen für Kalenderjahre berücksichtigt werden, die nach der Anschaffung oder Fertigstellung dieses Gebäudes beginnen. Das Finanzamt kann die Vorauszahlungen anpassen, die sich für den Veranlagungszeitraum voraussichtlich ergeben werden. Ob es eine solche Anpassung vornimmt, ist eine Ermessensentscheidung, bei der das Finanzamt alle rechtlichen Gesichtspunkte berücksichtigen muss.

Laut FG hat das Finanzamt im Streitfall aber keine eigene Ermessensentscheidung getroffen, da es daran gehindert war. Es hat vielmehr nach einem Nichtanwendungserlass der Finanzverwaltung gehandelt, ohne alle rechtlichen Gesichtspunkte des konkreten Falles zu würdigen.
Nach diesem Nichtanwendungserlass sind die Steuerbegünstigungen im Lohnsteuerermäßigungsverfahren und bei der Festsetzung von Vorauszahlungen nur zu berücksichtigen, wenn die Bescheinigung der Denkmalbehörde vorliegt. In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass vorläufige Bescheinigungen für die Anerkennung der erhöhten Absetzungen nicht ausreichen.
Der BFH hingegen hatte entschieden, dass in solchen Fällen eine vorläufige Schätzung erfolgen kann, bis die endgültige Bescheinigung ausgestellt worden ist.

Praxishinweis

Der Bundesrat bemüht sich über das Jahressteuergesetz 2013 um eine Klarstellung zur erhöhten Denkmal- und Sanierungs-AfA. Danach kann der Steuerpflichtige die erhöhten Absetzungen nur und erstmals dann in Anspruch nehmen, wenn er durch eine Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde die Voraussetzungen für das Gebäude, die Maßnahmen und die Erforderlichkeit der Aufwendungen nachweist. Nach Einschätzung des BFH darf das Finanzamt einen Einkommensteuerbescheid auch ohne Vorlage der Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde als Grundlagenbescheid erlassen (Ermessensentscheidung). Sofern es entsprechend verfährt, muss es aber alle geltend gemachten Besteuerungsgrundlagen berücksichtigen und prüfen. Gegebenenfalls hat ein Abzugsbetrag nach Auffassung des BFH durch eine ermessensgerechte Schätzung zu erfolgen.

Die Finanzbehörden müssten demnach Einiges prüfen. Die Prüfung dieser Voraussetzungen kann den Finanzbehörden nach Ansicht des Bundesrates mangels Kompetenz nicht zugemutet werden. Die vorgeschlagene Änderung stellt, so der Bundesrat, vielmehr den ursprünglichen gesetzgeberischen Willen dar, wonach die Vorlage der Bescheinigung zwingende materiell-rechtliche Abzugsvoraussetzung ist.

Sächsisches FG, Beschl. v. 05.06.2012 - 1 V 262/12
BFH, Beschl. v. 20.07.2010 - X B 70/10
BayLfSt, Verf. v. 22.07.2011 - S-2198b 2.1-9/9 St 32
Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2013, Stellungnahme des Bundesrats v. 06.07.2012, BR-Drs. 302/12 (B)

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 14.08.12