Pflegekindverhältnis; Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Überraschungsentscheidung
BFH, Urteil vom 23.09.1999 - Aktenzeichen VI R 106/98
DRsp Nr. 2000/461
Pflegekindverhältnis; Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Überraschungsentscheidung
1. Aus Art. 103 Abs. 3GG sowie aus § 93 Abs. 1FGO folgt, dass die Beteiligten auch in rechtlicher Hinsicht von Überraschungen bewahrt werden sollen (sog. Verbot der Überraschungsentscheidung).2. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verlangt nicht, dass das Gericht die maßgebenden rechtlichen Gesichtspunkte mit den Beteiligten umfassend erörtert.3. Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird verletzt, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht hat und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten.4. Eine Überraschungsentscheidung kann vorliegen, wenn die Beteiligten in bezug auf ein Pflegekindverhältnis über das Merkmal des "familienähnlichen, auf Dauer berechneten Bandes" streiten und das FG seine Entscheidung auf zu niedrige Unterhaltsleistungen des Kl. stützt, obwohl diese zwischen den Beteiligten nicht im Streit waren.