Nachlassinsolvenz: Zahlungen als Sonderbetriebsausgaben?

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Wie sind Zahlungen an einen Nachlassinsolvenzverwalter steuerlich einzuordnen, wenn damit die Freigabe vererbter Gesellschaftsanteile erreicht werden soll? Der BFH hat Zahlungen für einen Kommanditanteil als privat veranlasste Aufwendungen eingestuft und Sonderbetriebsausgaben abgelehnt. Die Aufwendungen sind demnach nicht mit Abfindungszahlungen an einen „lästigen Gesellschafter“ vergleichbar. 

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 27.07.2023 (IV R 10/20) seine Grundsätze für die Einordnung von Zahlungen als Sonderbetriebsausgaben weiter konkretisiert.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Nach dem Tod der S wurde über ihren Nachlass das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet. Ihre Erben B und D leisteten an den Insolvenzverwalter eine Zahlung, um den zum Nachlass gehörenden Kommanditanteil an der A-KG zu erhalten. 

Mit dem Finanzamt entstand Streit darüber, ob die Zahlungen zu einem Veräußerungsgewinn der S führten oder steuerlich abzugsfähig sind. Das Finanzgericht urteilte zuungunsten der Erben, der BFH sah dies anders.

Entscheidung im Besprechungsfall

Der BFH sieht in dem Übergang des Kommanditanteils gegen Zahlung in das Nachlassinsolvenzverfahren keine Veräußerung. Denn die Kommanditgesellschaft wird beim Tod eines Kommanditisten mit den Erben fortgesetzt. 

Dabei geht der Kommanditanteil nicht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erbengemeinschaft über. Vielmehr erwerben die zur Nachfolge des Kommanditisten bestimmten Erben im Wege der Sonderrechtsnachfolge jeweils eigenständige Gesellschaftsanteile im Umfang ihrer Erbquoten. 

Das Nachlassinsolvenzverfahren führt dazu, dass der Gesellschaftsanteil in der alleinigen Sachbefugnis des Gesellschaftererben verbleibt. Folglich haben B und D die Kommanditanteile unmittelbar von S erworben und waren im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung mit dem Insolvenzverwalter bereits Kommanditisten der KG. 

Aus diesem Grund konnte der Insolvenzverwalter die Kommanditanteile der S nicht (wirksam) auf D und B übertragen, so dass die Zahlung in die Insolvenzmasse nicht zu einem Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmerteilanteils mangels entgeltlicher Übertragung geführt hat.

Nach Ansicht des BFH stellen die Zahlungen an den Nachlassinsolvenzverwalter auch keine Sonderbetriebsausgaben der Erben dar. 

Die Zahlung an den Insolvenzverwalter diente nicht der Stärkung der Kommanditbeteiligungen. Die Erben wollten mit der Zahlung in die Insolvenzmasse die mit der Nachlassinsolvenz verbundenen Einschränkungen beseitigen. 

Zudem sind der Erbfall als solcher und auch die Nachlassinsolvenz private Vorgänge. Verwendet der Gesellschaftererbe seinen Gewinnanteil, um (private) Nachlassverbindlichkeiten zu begleichen, so handelt es sich dabei um privat veranlasste Aufwendungen. Diese sind der Ebene der (steuerlich unbeachtlichen) Einkommensverwendung zuzurechnen.

Entsprechendes gilt, wenn der Nachlassinsolvenzverwalter Gewinnanteile zur Masse zieht. Im Fall einer entgeltlichen Freigabe kann nichts anderes gelten. 

Es handelt sich um eine Einmalzahlung zur „Ablösung“ der mit der Nachlassinsolvenz verbundenen Einschränkungen des Gesellschafters, die ertragsteuerlich genauso zu behandeln ist wie die laufende Abführung des Gewinnanteils an den Nachlassinsolvenzverwalter (Einkommensverwendung). 

Diese private Veranlassung überlagert eine mit der Zahlung eventuell verbundene Förderung des Beteiligungsverhältnisses. Die Aufwendungen sind auch nicht mit Abfindungszahlungen an einen „lästigen Gesellschafter“ (welche dann Sonderbetriebsausgaben darstellen können) vergleichbar. 

Solche Zahlungen dienen der Stärkung der eigenen Beteiligung des leistenden Gesellschafters und betreffen damit unmittelbar das Beteiligungsverhältnis. 

Vorliegend ging es aber allein darum, den eigenen Gewinnanteil als mit der Beteiligung verbundenes Vermögensrecht behalten zu dürfen, eine zusätzliche Stärkung der Beteiligung wird damit also nicht erreicht.

Praxishinweis: Der BFH hat seine Grundsätze zu den Sonderbetriebsausgaben wie folgt weiterentwickelt: Leistet der Gesellschaftererbe eine Zahlung an den Nachlassinsolvenzverwalter zur Freigabe des von ihm geerbten Kommanditanteils, so handelt es sich um eine nach § 12 Nr. 1 EStG privat veranlasste Aufwendung und nicht um eine Sonderbetriebsausgabe.

 

BFH, Urt. v. 27.07.2023 - IV R 10/20

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