Kapitalertragsteuer bei zwischengeschalteter GbR

Unter welchen Voraussetzungen kann für die Kapitalertragsteuer eine Freistellung und Erstattung beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) erreicht werden? Der BFH hat die Folgen der „Mutter-Tochter-Richtlinie“ der EU näher bestimmt. Demnach kann eine unmittelbare Beteiligung gemäß § 43b Abs. 2 EStG auch bei Zwischenschaltung einer vermögensverwaltenden, nicht gewerblich geprägten GbR vorliegen.

Mit Beschluss vom 18.05.2021 (I R 77/17) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass eine unmittelbare Beteiligung i.S.d. § 43b Abs. 2 Satz 1 EStG auch dann vorliegt, wenn die Anteile an einer Kapitalgesellschaft über eine vermögensverwaltende GbR gehalten werden. In diesen Fällen ist für die Höhe der Beteiligung die Bruchteilsbetrachtung gem. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO maßgeblich.

Sachlage im Streitfall

Eine in den Niederlanden ansässige Genossenschaft war zu mindestens 10 % an einer vermögensverwaltenden GbR beteiligt. Diese hielt wiederum sämtliche Anteile an einer in Deutschland ansässigen Kapitalgesellschaft. Die Kapitalgesellschaft nahm im Jahr 2014 eine Gewinnausschüttung vor, von der sie die Kapitalertragsteuer und den Solidaritätszuschlag einbehielt.

Die Klägerin stellte daraufhin beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) einen Antrag auf vollständige Freistellung und Erstattung gem. § 50d Abs. 1 i.V.m. § 43b EStG und hilfsweise einen Antrag auf Freistellung und Erstattung gem. § 50d Abs. 1 EStG i.V.m. Art. 13 Abs. 4 DBA-Niederlande, wonach maximal Kapitalertragsteuer i.H.v. 10 % auf eine Ausschüttung an niederländische Anteilseigner einbehalten werden darf.

Das BZSt erstattete daraufhin die Kapitalertragsteuer lediglich in Höhe der Differenz zu 10 % und lehnte den Antrag auf vollständige Erstattung der Kapitalertragsteuer und des Solidaritätszuschlags ab.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren legte die Genossenschaft beim Finanzgericht (FG) erfolgreich Klage ein. Das FG sah trotz der Zwischenschaltung der GbR die Beteiligung der Genossenschaft als unmittelbar an, weswegen die Kapitalertragsteuer vollständig zu erstatten sei. Die vom BZSt eingelegte Revision wies der BFH als unbegründet zurück.

Erstattung der Kapitalertragsteuer

Gemäß § 43b Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 EStG wird für Kapitalerträge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG auf Antrag keine Kapitalertragsteuer erhoben, wenn diese Kapitalerträge einer Muttergesellschaft, welche weder ihren Sitz noch ihre Geschäftsleitung im Inland hat, aus Ausschüttungen einer unbeschränkt steuerpflichtigen Tochtergesellschaft zufließen.

Dazu muss die Muttergesellschaft mindestens 10 % der Anteile an der Tochtergesellschaft für einen Zeitraum von über zwölf Monaten unmittelbar halten und eine einer inländischen Kapitalgesellschaft vergleichbare Rechtsform innehaben.

Eine unmittelbare Beteiligung i.S.d. § 43b Abs. 2 Satz 1 EStG liegt nach der Auffassung des BFH auch vor, wenn die Beteiligung unter Zwischenschaltung einer vermögensverwaltenden nicht gewerblich tätigen GbR gehalten wird.

Aufgrund der Bruchteilsbetrachtung gem. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO sind die im Eigentum der GbR stehenden Vermögensgegenstände anteilig den Anteilseignern zuzurechnen, soweit die GbR vermögensverwaltend und nicht gewerblich tätig ist.

Dies ist im Streitfall erfüllt, weshalb sowohl das FG als auch der BFH die Voraussetzungen für die vollständige Entlastung mit Kapitalertragsteuer als gegeben ansehen.

Praxishinweis

Die Mutter-Tochter-Richtlinie soll in der EU für eine einheitliche Behandlung von Ausschüttungen von Kapitalgesellschaften garantieren. Steuerpflichtige können sich daher auf diese Richtlinie unabhängig von den nationalen Gesetzen berufen.

Daher sollten Steuerpflichtige einen Antrag auf Freistellung von der Kapitalertragsteuer stellen, um nicht bei jeder Ausschüttung die Erstattung der Kapitalertragsteuer beim BZSt in einem langwierigen Verfahren beantragen zu müssen. Durch das Freistellungsverfahren kann eine einheitliche Entscheidung getroffen werden, die in der Zukunft beibehalten wird, wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben.

BFH, Beschl. v. 18.05.2021 - I R 77/17

Quelle: Christian Kappelmann, Steuerberater, M.A. und Diplom-Finanzwirt (FH)

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