Steuerberatung -

2009 kommt die Abgeltungsteuer auf alle Kapitalerträge

Künftig soll es eine Pauschalsteuer auf die Einkünfte nach §§ 20, 23 EStG geben. Die Auswirkungen fallen je nach Progressionshöhe und Anlageverhalten unterschiedlich aus.

Ein Jahr nach Einführung der Unternehmensteuerreform soll ab 2009 eine Abgeltungsteuer auf private Kapitalerträge in Höhe von 25 Prozent geben, die von den Banken anonym erhoben wird. Hinzu kommen SolZ sowie Kirchensteuer. Auf Antrag kann weiterhin eine Veranlagung durchgeführt werden. Gleichzeitig wird das Halbeinkünfteverfahren abgeschafft und die Spekulationsfrist für Wertpapiergeschäfte wird abgeschafft.

Der Sparerfreibetrag soll zusammen mit dem Werbungskostenpauschbetrag einen einheitlichen Sparer-Pauschbetrag von 801 Euro bilden. Die Verlustverrechnung wird auf die Einkünfte aus Kapitalanlagen begrenzt. Somit kann ein Minus aus Finanzinnovationen gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG nicht mehr mit anderen Einkunftsarten, der Aktienverlust jedoch erstmalig mit Zinsen verrechnet werden. Kirchensteuer wird erhoben, indem Kunden ihrer Bank mitteilen, welcher Konfession sie angehören.

Im Gegenzug soll der Kontenabruf entfallen, allerdings nur in Hinsicht auf Auskünfte der Finanzbehörden.

Im Rahmen der Reform der Unternehmensteuer kommt es nicht nur zur Senkung von Körperschaftsteuertarif, Gewerbesteuermesszahl und neuen Regeln zum Abzug von Finanzierungsaufwand. Ein Jahr später wird auch eine Abgeltungsteuer eingeführt. Diese neue Pauschalabgabe ist im Gesamtzusammenhang zu sehen, da als Gegenpol zur Reduzierung des Körperschaftsteuersatzes von 25 auf 15 Prozent das Halbeinkünfteverfahren auf Seiten der Gesellschafter wegfällt. Drei wichtige weitere Punkte lassen sich vorab aus dem Vorhaben erkennen:

  1. Die Vorschaltung einer Abgeltungsteuer mit 30 Prozent für 2008 ist erst einmal vom Tisch.
  2. Der Wegfall der Spekulationsfrist soll nur für nach dem 31.12.2008 erworbene Wertpapiere gelten, sodass es keiner komplizierten Übergangsregelungen bedarf.
  3. Anders als noch im Koalitionsvertrag vereinbart bleibt die Spekulationsfrist für Immobilien bestehen.

Die geplanten Punkte im Überblick:

  • Der geplante Satz für die Abgeltungsteuer beträgt 25 Prozent plus Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. Das bedeutet für Anleger mit hohem Einkommen eine deutliche Verbesserung.
  • Der Steuerabzug wird direkt von der Bank vorgenommen und anonym ans Finanzamt abgeführt. In der Steuererklärung tauchen diese Kapitalerträge dann nicht mehr auf. Gleiches gilt für Spekulationsgewinne, unabhängig von Haltefristen.
  • Liegen Sparer mit ihrer individuellen Progression unter den Pauschalsätzen, können sie die Einnahmen wie bisher auf Antrag in der Steuererklärung angeben. Dann wird die Abgeltungsteuer wie heute der Zinsabschlag angerechnet.
  • Die einjährige Spekulationsfrist entfällt, sodass Verkaufsgewinne generell steuerpflichtig und Verluste länger verrechnet werden.
  • Die Pauschalabgabe bringt völlig neue Steuerregeln für die private Kapitalanlage. Anleihen werden per Saldo künftig attraktiver, Aktien deutlich ungünstiger und Zertifikate bleiben erstmalig nicht steuerfrei.
  • Sparerfreibetrag und Werbungskosten-Pauschbetrag bleiben in der Summe erhalten und werden zum neuen Sparer-Pauschbetrag zusammen gefasst. Bis zu dieser Höhe wird keine Abgeltungsteuer einbehalten.
  • Börsenverluste werden künftig auf einer Stufe mit Zinsen gestellt, ein realisiertes Kursminus kann damit auch bei § 20 EStG mindernd berücksichtigt werden. Da auch noch die Spekulationsfrist entfällt, zählen rote Zahlen steuerlich künftig unabhängig von der Haltefrist. Insoweit fallen dann keine Abgaben an.
  • Noch unsicher ist, ob die vor Einführung der Abgeltungsteuer aufgelaufenen Minusbeträge nach der Systemumstellung mindernd berücksichtigt werden dürfen. Einen kompletten Wegfall wird es aber wohl nicht geben.
  • Auslandsbanken bleiben wie schon beim Zinsabschlag außen vor. Kapitaleinnahmen und Börsengeschäfte von jenseits der Grenze sind daher weiterhin zu deklarieren. Eine höhere Besteuerung als zum Pauschalsatz verstößt allerdings gegen die Kapitalverkehrsfreiheit. Damit wirkt hier die Abgeltungsteuer ebenfalls, aber erst über die Angabe der Einnahmen in der Erklärung.
  • Da Kapitaleinnahmen und Börsengewinne nur noch der separaten Abgeltungsteuer unterliegen, fehlen sie künftig im Steuerbescheid, sofern Anleger keinen Ansatz wünschen. Das ergibt insgesamt geringere Gesamteinkünfte, was zu einer Minderung der Progression für Löhne, Mieten oder Gewinne führt. Steuerzahler werden also beim Finanzamt ab Neujahr 2009 über Nacht ärmer.
  • Die Jahresbescheinigung wird künftig weiterhin benötigt, da Anlegern die Option Steuererklärung offen steht. Dafür soll der Kontenabruf entfallen, sofern es um die Finanzämter geht. Da diese Maßnahme auch für außersteuerliche Kontrollen verwendet wird, dürfen die Sozialbehörden und über die Bafin auch die Steuerfahndung unverändert weiter nach Konten forschen.

Fazit: Für Erträge aus Anleihen und Rentenfonds müssen Anleger mit hoher Progression über die Abgeltungsteuer weniger zahlen, dafür erhöhen sich die Abgaben bei Aktien und Zertifikaten. Das liegt vor allem am Wegfall der Spekulationsfrist und dem gestrichenen Halbeinkünfteverfahren für Dividenden und Aktienverkäufe. In schlechten Börsenzeiten profitieren Sparer allerdings über die bessere Verrechnungsmöglichkeit von Verlusten. Die können dann nicht nur entsprechende Gewinne binnen Jahresfrist, sondern unabhängig von der Haltedauer auch Zinserträge mindern. Das gilt dann auch für einen Währungsverlust, der derzeit nur im Rahmen des § 23 EStG mindernd berücksichtigt wird.

Ein großes Fragezeichen steht noch hinter Investmentfonds. Im Fonds realisierte Kurserträge sind derzeit unabhängig von Haltefristen steuerfrei. Sollte dies entfallen, werden insbesondere Aktienfonds für die langfristige Altersvorsorge unattraktiver. Da die Spekulationsfrist für Grundstücke in diesem Zusammenhang nicht gestrichen wird, können offene Immobilienfonds ihre Vorteile ausspielen.

Der steuerliche Hintergrund

Grundsätzlich besteht bei der Besteuerung von Kapitaleinkünften ein außerordentlich großes Vereinfachungsbedürfnis, so Untersuchungen durch hessische Finanzämter. Selbst sachkundigen Steuerzahlern gelingt es heute nur noch in wenigen glücklichen Stunden, die Anlage KAP fehlerfrei auszufüllen. Intransparente Regelungen sind neben dem hohen Steuersatz Auslöser für die mangelnde Akzeptanz der Kapitalertragsbesteuerung.

Primäres Ziel einer Abgeltungssteuer muss deshalb eine wirkliche Steuervereinfachung sein, mit attraktiven Steuersätzen ohne nachfolgende Veranlagung. Die Besteuerung inländischer Kapitalerträge wird vollständig in die Kreditinstitute verlagert, da dort auch das nötige Know-how zur Verfügung steht. Eine Steuererklärung sollte daher in den meisten Fällen überflüssig werden. Zudem stößt die Besteuerung der Kapitalerträge traditionsgemäß auf Widerstand. Viele Bürger akzeptieren nicht, dass Zinsen voll besteuert werden, obwohl die Inflation im Regelfall fast die Hälfte der Einnahmen aufzehrt. Das reale Zinseinkommen wird im Ergebnis zweifach besteuert. Entsprechend hoch sind der Steuerwiderstand und das Hinterziehungs- und Steuerfluchtpotential.

Der Gesetzgeber wiederum ist aus Verfassungsgründen gezwungen bestehende Kontrolldefizite zu vermindern. Der Fiskus reagiert deshalb mit umfangreichen Kontrollmaßnahmen. Eine möglichst lückenlose Erfassung von privaten Zinsen und Dividenden zwingt andererseits die Finanzbehörden zu hohem Personal- und Sachaufwand. Zudem stößt das Kontrollsystem schnell an seine Grenzen. Bei einer Geldanlage im Ausland hat der Wohnsitzstaat große Probleme, sein Besteuerungsrecht durchzusetzen. Er verfügt über keine direkten Informationsmöglichkeiten, die Zusammenarbeit der Finanzbehörden funktioniert meist nur schleppend und viele Steueroasen bewahren den Anleger vollständig vor dem Zugriff des Wohnsitzstaates. Auch die am 1. Juli 2005 in Kraft getretene EU-Zinsrichtlinie und die darin verankerten Kontrollmechanismen bieten nur eine Scheinlösung. Moderne Anlageformen sind vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausdrücklich ausgenommen. Daneben werden Dividenden und ähnliche Erträge sowie alle Erträge aus Aktienfonds nicht erfasst. Daher gibt es eine ganze Reihe von Anlagemöglichkeiten, die aus dem Zielbereich der Richtlinie von vornherein herausfallen.

15 der 25 EU-Staaten praktizieren bereits Abgeltungssteuersysteme, die den Bürokratieaufwand und die Steuerlast klein halten. Die großen Vorteile liegen in der Einfachheit (Kein Unterschied in der Besteuerung von Zinsen, Dividenden und Veräußerungsgewinnen), keiner Steuererklärungspflicht sowie der Anonymität. Von Verfassung wegen muss sichergestellt sein, dass das Existenzminimum freigestellt bleibt und die Abgeltungssteuer nicht zu einer höheren Steuer führt als eine reguläre Besteuerung im Veranlagungsverfahren. Deshalb sollte der Abgeltungssteuersatz nicht höher sein, als der Einkommensteuer-Eingangssatz zuzüglich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag.

Steuer-Hinweis

Das BVerfG hat bereits im seinem ehemaligen Zinsurteil (27.6.1991, 2 BvR 1493/89, BStBl 1991 II S. 6542 BVR 1493/89) die Höhe des Abgeltungssteuersatzes vorgezeichnet. Demnach wäre es verfassungsrechtlich unbedenklich, die gesteigerte Inflationsanfälligkeit der Einkunftsart Kapitalvermögen bei der Besteuerung zu berücksichtigen, indem der Gesetzgeber alle Kapitaleinkünfte an der Quelle besteuert und mit einer Definitivsteuer belastet, die in einem linearen Satz den absetzbaren Aufwand und den Progressionssatz in Durchschnittswerten typisiert.

Fazit: Es gibt eine Vielzahl von Argumenten für eine Abgeltungsteuer. Das Modell kann Charme für Kapitalanleger entwickeln, wenn es sowohl für weniger Belastung sorgt, als auch Vereinfachung bringt. Dies ist aber leider nicht in Sicht. Zumindest für konservative Anleger mit hoher Progression sind Verbesserungen in Sicht, sofern sie ihr Depot vorwiegend mit Festverzinslichen, Renten- und Geldmarktfonds oder Zerobonds bestückt haben. Für Aktionäre sieht es hingegen düster aus. Hier hilft auch das Argument wenig, dass die AG auf Grund sinkender Unternehmensteuer mehr ausschütten kann. Für ausländische Aktien im Depot ist dies keine Hilfe.

Der Auszug ist dem Ratgeber „Kapitalanlage und Steuern 2007“ entnommen

Quelle: Redaktion Steuern - Kapitalanlage und Steuern 2007 vom 11.12.06