Steuerberatung -

Die Abgeltungssteuer für Anleger kommt

Künftig gibt es eine Pauschalsteuer auf Kapitalerträge und Kursgewinne. Die Auswirkungen fallen je nach Progression und Anlageverhalten unterschiedlich aus.

Das vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Unternehmensteuerreform 2008 beinhaltet auch konkret alle Pläne zur Abgeltungsteuer, die ab Neujahr 2009 mit pauschal 25 Prozent plus Solidaritätszuschlag an den Start gehen wird. Das bringt völlig neue Steuerregeln für die Geldanlage, da es gleichzeitig zu einem Wegfall der Spekulationsfrist kommt, sodass Verkaufsgewinne generell steuerpflichtig werden. Immerhin müssen Anleger ihre Wertpapiere Ende 2008 nicht fluchtartig aus dem Depot werfen, um die Spekulationsfrist zu retten. Denn vor 2009 erworbene Titel erhalten mit Ausnahme von Zertifikaten Bestandsschutz.

Durch dieses Gesetzesvorhaben wird es künftig für Anleihen attraktiver, bei Aktien deutlich ungünstiger und Zertifikate bleiben erstmalig nicht steuerfrei. Die Steuer auf Zinsen, Dividenden und Kursgewinne mit einem festen Satz von 25 Prozent bedeutet für Anleger mit hohem Einkommen eine deutliche Verbesserung. Der Steuerabzug wird direkt von der Bank vorgenommen. In der Steuererklärung tauchen diese Kapitalerträge dann nicht mehr auf. Liegen Sparer mit ihrer individuellen Progression unter den Pauschalsätzen, können sie die Einnahmen wie bisher auf Antrag in der Steuererklärung angeben.

Der Entwurf zum Unternehmensteuerreformgesetz 2008 (vom 27.5.2007, BT-Drs. 16/5452) beinhaltet auch konkret alle Pläne zur Abgeltungsteuer ab 2009. Der Steuerabzug wird von wenigen Ausnahmen (Verkauf GmbH-Beteiligung oder gebrauchte Lebensversicherung, Auslandsdepots) direkt vom inländischen Kreditinstitut oder einer anderen auszahlenden Stelle mit abgeltender Wirkung vorgenommen. Auf Antrag können Sparer mit einer Progression unter den Pauschalsätzen ihre Kapitaleinnahmen wie bisher in die Veranlagung einbeziehen. Dann wird die Abgeltungsteuer wie heute der Zinsabschlag im Rahmen einer Günstiger-Prüfung angerechnet.

  • Sparerfreibetrag und Werbungskosten-Pauschbetrag werden zum neuen Sparer-Pauschbetrag von 801 Euro pro Person zusammen gefasst. Bis zu dieser Höhe wird keine Abgeltungsteuer einbehalten.
  • Die Regelungen zu Freistellungsauftrag und NV-Bescheinigung bleiben unverändert.
  • Börsenverluste mit Ausnahme von Aktien mindern künftig sogar Zinseinnahmen. Da auch noch die Spekulationsfrist entfällt, zählen rote Zahlen unabhängig von der Haltefrist. Insoweit fallen dann keine Abgaben an.
  • Vor Einführung der Abgeltungsteuer aufgelaufenen Altverluste gehen nicht verloren, sie dürfen noch bis 2013 mindernd berücksichtigt werden.
  • Lediglich inländische Geldhäuser können zum Einbehalt verpflichtet werden, Auslandsbanken bleiben wie schon beim Zinsabschlag außen vor. Kapitaleinnahmen und Börsengeschäfte von jenseits der Grenze sind daher weiterhin zu deklarieren. Hier wirkt sich die Abgeltungsteuer ebenfalls aus, das Finanzamt besteuert sie dann pauschal mit 25 Prozent nach.
  • Da Kapitaleinnahmen und Börsengewinne nur noch der separaten Abgeltungsteuer unterliegen, fehlen sie künftig im Steuerbescheid, sofern Anleger keinen Ansatz wünschen. Das ergibt insgesamt geringere Gesamteinkünfte, was zu einer Minderung der Progression für Löhne, Mieten oder Gewinne führt.
  • Neue Regeln sind auch bei der Kirchensteuer geplant. Hier darf der Anleger entscheiden, ob die Abgabe bereits von der Bank oder später erst vom Finanzamt einbehalten wird. Da die im Rahmen der Abgeltungsteuer gezahlte Kirchenabgabe künftig nicht mehr als Sonderausgabe zählt, gewährt der Fiskus bereits vorab eine Ermäßigung. Der Abgeltungssatz sinkt für Anleger mit Konfession ein wenig nach einer komplizierten Formel.
  • Die Jahresbescheinigung wird künftig nicht mehr benötigt, da die Banken sich ab 2009 um die Steuererhebung kümmern.
  • Der Kontenabruf entfällt nur begrenzt. Da diese Kontrollmaßnahme auch für außersteuerliche Kontrollen verwendet wird, dürfen die Sozialbehörden unverändert weiter nach Konten forschen.
  • Wollen Anlegern die Option Steuererklärung weiter nutzen, erhalten sie eine Bescheinigung über ihre Kapitalerträge nebst einbehaltener Abzugsteuer.
  • Neben der Spekulationsfrist entfällt auch das Halbeinkünfteverfahren für Dividenden und Aktienverkäufe im privaten Bereich. Bei Personenunternehmen bleiben 40 Prozent der Gewinne und Ausschüttungen steuerfrei, 60 Prozent der hiermit zusammenhängenden Kosten gelten als Betriebsausgaben.
  • Im Rahmen der Ermittlung von Verkaufsgewinnen wirken sich sowohl Währungsverlust als auch Bankspesen mindernd aus.
  • Die Spekulationsfrist für Grundstücke wird in diesem Zusammenhang nicht gestrichen.


Der steuerliche Hintergrund

Abgeltungsteuer auf sämtliche Kapitalerträge

Bis zu 400 Mrd. € haben die Deutschen im Ausland angelegt, so zumindest die Schätzung der Deutschen Steuergewerkschaft. Verschärfte Kontrollen scheinen nicht der richtige Weg zu sein, wurden doch dem Vernehmen nach vor Einführung des Kontenzugriffs der Finanzverwaltung nach § 93 AO noch massenweise Gelder über die Grenze gebracht. Ein Weg, Kapitalvermögen wieder zu legalisieren und zurück ins Heimatland zu bringen, scheint generell die Einführung einer Abgeltungsteuer zu sein. Ein Verfahren, mit dem Österreich bereits im Jahre 1993 große Erfolge vermelden konnte. In zehn der alten EU-Mitgliedsstaaten (Belgien, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, Österreich, Portugal, Schweden) wird bereits heute eine Abgeltungsteuer praktiziert. Auch vier neue Länder (Malta, Polen, Slowakei, Tschechien) haben sich dem angeschlossen.

Hierzulande war der Versuch erst einmal am politischen Willen gescheitert. Bereits im Zusammenhang mit der Brücke zur Steuerehrlichkeit hatte das BMF im Frühjahr 2003 einen Referentenentwurf für ein Zinsabgeltungssteuergesetz vorgelegt. Dieses wurde auf Eis gelegt, die Regelungen zur Steueramnestie wurden als eigenes Gesetz verabschiedet.
Grundsätzlich bietet eine Abgeltungsteuer auf den ersten Blick einige Vorteile:
  • Die Kapitalabgeltungssteuer ist eine Abzugsteuer, die von den Kreditinstituten pauschal einbehalten wird. Das Finanzamt bleibt daher erst einmal bei dieser Steuer außen vor.
  • Vereinfachung für Anleger und Finanzverwaltung.
  • Kreditinstitute erledigen alle Formalitäten.
  • Sparerfreibetrag und Freistellungsauftrag bleiben erhalten.
  • Der Sonderweg für Finanzinnovationen kann entfallen.
  • Die alljährliche Steuererklärung wird verringert.
  • Kapitalerträge belasten nicht die Progression für andere Einkunftsarten.
  • Es ergeben sich keine Nachteile mehr, wenn es wie etwa im Falle von Zerobonds zu einer Zusammenballung von Zinseinnahmen kommt. Der Satz bleibt immer gleich.


Steuer-Hinweis

In der vor rund vier Jahren geplanten Änderung im Rahmen der Steueramnestie war in Hinsicht auf § 23 EStG vorgesehen, sämtliche privaten Veräußerungen pauschal mit 15 % zu besteuern. Dabei war eine Übergangsregelung geplant, wonach vor einem bestimmten Stichtag erworbene Wirtschaftsgüter pauschal mit 1,5 % des Verkaufspreises besteuert werden sollten. Nicht in Erwägung gezogen wird wie im Modell Österreich, dass auch gleichzeitig die Erbschaftsteuer auf Kapitalvermögen abgegolten ist.

Ob es durch den anonymen und pauschalen Einbehalt zu einer Minderung von Kontrollen kommt, darf bezweifelt werden. Jahresbescheinigungen sind für die Option Veranlagung in veränderter Form weiterhin notwendig und der Kontenabruf dient auch der Vollstreckung und außersteuerlichen Maßnahmen. Auch Schwarzgeld wird angesichts des hohen Steuersatzes von 25 % plus Solidaritätszuschlag eher spärlich zurück auf heimische Konten fließen. Erschwerend kommt hinzu, dass das Halbeinkünfteverfahren bei Dividenden und Aktienverkäufen nicht mehr gelten soll. Werden derzeit Dividenden höchstens mit rund 22 % besteuert, 2009 sind es dann rund 28 %.

Grundsätzlich besteht bei der Besteuerung von Kapitaleinkünften ein außerordentlich großes Vereinfachungsbedürfnis, so Untersuchungen durch hessische Finanzämter. Selbst sachkundigen Steuerzahlern gelingt es heute nur noch in wenigen glücklichen Stunden, die Anlage KAP fehlerfrei auszufüllen. Intransparente Regelungen sind neben dem hohen Steuersatz Auslöser für die mangelnde Akzeptanz der Kapitalertragsbesteuerung.

Primäres Ziel einer Abgeltungssteuer muss deshalb eine wirkliche Steuervereinfachung sein, mit attraktiven Steuersätzen ohne nachfolgende Veranlagung. Die Besteuerung inländischer Kapitalerträge wird vollständig in die Kreditinstitute verlagert, da dort auch das nötige Know-how zur Verfügung steht. Eine Steuererklärung sollte daher in den meisten Fällen überflüssig werden. Zudem stößt die Besteuerung der Kapitalerträge traditionsgemäß auf Widerstand. Viele Bürger akzeptieren nicht, dass Zinsen voll besteuert werden, obwohl die Inflation im Regelfall fast die Hälfte der Einnahmen auf-zehrt. Das reale Zinseinkommen wird im Ergebnis zweifach besteuert. Entsprechend hoch sind der Steuerwiderstand und das Hinterziehungs- und Steuerfluchtpotential.

Der Gesetzgeber wiederum ist aus Verfassungsgründen gezwungen, bestehende Kontrolldefizite zu vermindern. Der Fiskus reagiert deshalb mit umfangreichen Kontrollmaßnahmen. Eine möglichst lückenlose Erfassung von privaten Zinsen und Dividenden zwingt andererseits die Finanzbehörden zu hohem Personal- und Sachaufwand. Zudem stößt das Kontrollsystem schnell an seine Grenzen. Bei einer Geldanlage im Ausland hat der Wohnsitzstaat große Probleme, sein Besteuerungsrecht durchzusetzen. Er verfügt über keine direkten Informationsmöglichkeiten, die Zusammenarbeit der Finanzbehörden funktioniert meist nur schleppend und viele Steueroasen bewahren den Anleger vollständig vor dem Zugriff des Wohnsitzstaates. Auch die am 01.07.2005 in Kraft getretene EU-Zinsrichtlinie und die darin verankerten Kontrollmechanismen bieten nur eine Scheinlösung. Moderne Anlageformen sind vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausdrücklich ausgenommen. Daneben werden Dividenden und ähnliche Erträge sowie alle Erträge aus Aktienfonds nicht erfasst. Daher gibt es eine ganze Reihe von Anlagemöglichkeiten, die aus dem Zielbereich der Richtlinie von vornherein herausfallen.

Steuer-Hinweis

Das BVerfG hat bereits im seinem ehemaligen Zinsurteil (v. 27.06.1991 - 2 BvR 1493/89, BStBl II, 6542, BVR 1493/89) die Höhe des Abgeltungsteuersatzes vorgezeichnet. Demnach wäre es verfassungsrechtlich unbedenklich, die gesteigerte Inflationsanfälligkeit der Einkunftsart Kapitalvermögen bei der Besteuerung zu berücksichtigen, indem der Gesetzgeber alle Kapitaleinkünfte an der Quelle besteuert und mit einer Definitivsteuer belastet, die in einem linearen Satz den absetzbaren Aufwand und den Progressionssatz in Durchschnittswerten typisiert.

Fazit: Es gibt eine Vielzahl von Argumenten für eine Abgeltungsteuer. Das Modell kann Charme für Kapitalanleger entwickeln, wenn es sowohl für weniger Belastung sorgt als auch Vereinfachung bringt. Dies ist aber leider nicht in Sicht. Zumindest für konservative Anleger mit hoher Progression sind Verbesserungen in Sicht, sofern sie ihr Depot vorwiegend mit Festverzinslichen, Renten- und Geldmarktfonds oder Zerobonds bestückt haben. Für Aktionäre sieht es hingegen düster aus. Hier hilft auch das Argument wenig, dass die AG aufgrund sinkender Unternehmensteuer mehr ausschütten kann. Für ausländische Aktien im Depot ist dies keine Hilfe.

Der Auszug zu "Der steuerliche Hintergrund" ist dem 510 Seiten starken Ratgeber „Kapitalanlage und Steuern 2007“ entnommen.

Quelle: Deubner Redaktion - Kapitalanlage und Steuern 2007 vom 29.05.07