Steuerberatung -

Keine Rentenversicherungsfreiheit für Vorstände einer nicht eingetragenen Aktiengesellschaft

Bis zu einer Rechtsänderung mit Wirkung vom 1.Januar 2004 waren Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft in sämtlichen Beschäftigungsverhältnissen versicherungsfrei.

Dem lag nach der oberstgerichtlichen Rechtsprechung die Erwägung zu Grunde, dass bei diesem Personen­kreis wegen seiner herausragenden und starken wirtschaftlichen Stellung Schutz und Sicherheit durch die gesetzliche Rentenversicherung entbehrlich erscheint

Mit Wirkung vom 1. Januar 2004 ist eine Rechtsänderung insofern eingetreten, dass die vorher um­fassende Versicherungsfreiheit auf Erwerbstätigkeiten in dem Unternehmen beschränkt wurde, des­sen Vorstand der Betreffende angehört. Sozialpolitisch sollte mit der Einschränkung Missbrauchsfällen begegnet werden, in denen Aktiengesellschaften nur zu dem Zweck gegründet werden, eine Renten­versicherungspflicht von Vorstandsmitgliedern in weiteren Beschäftigungen und selbständigen Tätig­keiten zu vermeiden. Aus Gründen des Vertrauensschutzes bleiben allerdings Vorstandsmitglieder, die am 6. November 2003, dem Tag der zweiten und dritten Lesung des Gesetzentwurfs im Deut­schen Bundestag, in einer weiteren Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit rentenversicherungs­frei waren, in dieser Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit weiterhin versicherungsfrei. In der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherheit wurde dabei davon ausgegangen, dass eine Berufung auf diese Übergangsregelung ausgeschlossen sein sollte, wenn es schon nach dem vor dem Stichtag anzuwendenden Recht rechtsmissbräuchlich war, einen Aus­schluss von der Rentenversicherungspflicht anzunehmen.

Im Blick auf die anstehende Rechtsänderung ist es in erheblichem Umfang zur Gründung von Aktien­gesellschaften gekommen. Im Zusammenhang hiermit ist bei den Instanzgerichten eine Vielzahl ein­schlägiger Verfahren anhängig.

In den entschiedenen vier Verfahren sind Aktiengesellschaften noch vor bzw.- in drei Fällen - am Stich­tag selbst durch notariellen Vertrag errichtet worden. Gegenstand des Unternehmens sollte in allen Fällen die Verwaltung eigener Vermögenswerte sein. Das Grundkapital betrug jeweils 50.000 €. Eine Vergütung der Kläger für ihre Vorstandstätigkeit war jeweils nicht vorgesehen. In allen Fällen ist strei­tig, ob die Kläger entgegen anders lautenden Entscheidungen der zuständigen Einzugsstellen in ihrer neben der Vorstandstätigkeit ausgeübten Hauptbeschäftigung der Rentenversicherungspflicht unter­liegen, obwohl die Aktiengesellschaften jeweils erst nach dem Stichtag in das Handelsregister einge­tragen worden sind.

Nachdem Widersprüche und Klagen erfolglos geblieben waren, hatten auch die Revisionen keinen Erfolg. Die Kläger können die Übergangsregelung nicht für sich in Anspruch nehmen, weil sie bis zum Stichtag nicht Vorstandsmitglieder einer in das Handelsregister eingetragenen Aktiengesellschaft waren. Sie waren nur Vorstandsmitglieder einer sog Vor-Aktiengesellschaft, dh einer Aktiengesell­schaft, die gegründet, aber noch nicht eingetragen war. Die Rechtsprechung der Zivilgerichte, die die Vor-Aktiengesellschaft im Rechtsverkehr weitgehend der Aktiengesellschaft gleichstellt, ist für die Belange der Rentenversicherung ohne Bedeutung. Für Arbeitgeber und Versicherungsträger muss das Bestehen der Aktiengesellschaft leicht und sicher erkennbar sein. Das ist nur dann gewährleistet, wenn die Eintragung in das Handelsregister maßgeblich ist. Weil die Übergangsregelung bereits nicht zur Anwendung gelangt, war nicht zu entscheiden, ob eine Berufung auf die Übergangsregelung im Einzelfall rechtsmissbräuchlich sein könnte.

Quelle: BSG - Urteil vom 10.08.06