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Vorsteuerabzug bei Betrugsabsicht: BMF ändert UStAE


Mit einem aktuellen Schreiben passt das BMF in Reaktion auf eine BFH-Entscheidung aus dem Jahr 2011 den Umsatzsteueranwendungserlass (UStAE) an. Der BFH hatte entschieden, dass ein Unternehmer auch dann zum Vorsteuerabzug berechtigt sein kann, wenn der Lieferant nicht Eigentümer des Liefergegenstands ist und diesen in betrügerischer Absicht nochmals einem anderen Erwerber liefern will.

Der BFH hatte mit Urteil vom 08.09.2011 den Vorsteuerabzug aus einer Lieferung zugelassen, obwohl der Lieferer zivilrechtlich nicht Eigentümer des Liefergegenstands war und darüber hinaus beabsichtigte, den gelieferten Gegenstand vertragswidrig nochmals an einen anderen Erwerber zu liefern. Zu dieser Fallkonstellation hat das BMF jetzt mit Schreiben vom 07.02.2014 Stellung genommen.

Umsatzsteuerrechtlich liegt eine Lieferung vor, wenn die Verfügungsmacht über einen Gegenstand verschafft wird (§ 3 Abs. 1 UStG). Ausschlaggebend ist dabei, dass der Lieferungssempfänger in die Lage versetzt wird, über den Gegenstand faktisch so verfügen zu können, als sei er Eigentümer, unabhängig davon, ob tatsächlich nach den zivilrechtlichen Vorschriften eine Eigentumsübertragung erfolgt.  Allein entscheidend für die Verschaffung der Verfügungsmacht ist der von den Beteiligten endgültig gewollte Übergang von wirtschaftlicher Substanz, Wert und Ertrag eines Gegenstands vom Leistenden auf den Leistungsempfänger.

Nach Ansicht des BMF hat der BFH in seinem Urteil einen besonders gelagerten Einzelfall entschieden. Dabei hatte der BFH das Vorliegen einer Lieferung auch bei Betrugsabsicht des Lieferers bejaht, wenn der Lieferungsempfänger gutgläubig war und derselbe Gegenstand durch den Lieferanten in betrügerischer Absicht mehrfach veräußert wurde.

Gleiches gilt nach BFH-Ansicht, wenn der Lieferer im Zeitpunkt der Übertragung des Gegenstands an den Erwerber die nicht erkannte Absicht hat, den Gegenstand durch Übereignung an weitere Erwerber zu unterschlagen. Denn die Absicht einer späteren Unterschlagung ist nach Meinung des BFH für die Beurteilung zum maßgeblichen Zeitpunkt der Lieferung unerheblich.



Nach Ansicht des BMF trägt aber der Unternehmer, der den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen will, die Feststellungslast für die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs. Dazu muss er die Feststellungen des Finanzamts durch substantiierte Argumente und Beweise entkräften. So muss er z.B. nachweisen, dass er alle Maßnahmen ergriffen hat, die vernünftigerweise verlangt werden können, um sicherzustellen, dass die Umsätze nicht Teil eines Betrugs sind.

Darüber hinaus muss sich der Unternehmer auch über die Unternehmereigenschaft des Leistenden vergewissern.

Zudem sollten unbedingt die Geräteidentifikationsnummern, die u.a. zur Identifizierung der Ware bei Rücklieferung und in Garantiefällen dienen, aufgezeichnet werden. Denn, wenn dies unterbleibt, sieht das BMF darin ein Indiz für eine nicht ausgeführte Lieferung. Das wiederum kann so gewertet werden, dass der Unternehmer wusste oder wissen konnte bzw. hätte wissen müssen, dass er mit seinem Erwerb an einem Geschäft beteiligt ist, das einen Umsatzsteuerbetrug oder einen sonstigen Betrug beinhaltet (vgl. insoweit auch BMF-Schreiben vom 01.04.2009).

Ein Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers kommt bei einer Lieferung, die der Lieferer in Betrugsabsicht veranlasst, nach Ansicht des BMF demnach lediglich ausnahmsweise und nach Prüfung des konkreten Einzelfalls in Betracht.

Mit seinem aktuellen Schreiben hat das BMF auch den UStAE geändert und Abschnitt  3.1 Abs.  2 durch einen Hinweis auf die vom BFH entschiedene Fallkonstellation aus dem Jahr 2011 ergänzt. Die Regelungen des Schreibens sollen von der Finanzverwaltung in allen noch offenen Fällen angewendet werden.

Praxishinweis

Das BMF schließt sich zwar grundsätzlich der Rechtsprechung des BFH an - was zu begrüßen ist -, stellt hinsichtlich der Beweispflicht aber sehr hohe Hürden auf. So ist zu befürchten, dass in vergleichbaren Fällen, in denen eine Betrugsabsicht des Lieferers vorliegt, in Zweifelsfällen ein Vorsteuerabzug versagt werden wird. Es bleibt daher abzuwarten, wie die Finanzverwaltung in derartigen Betrugsfällen mit dem vom Unternehmer begehrten Vorsteuerabzug verfahren wird.

BMF, Schreiben v. 07.02.2014 - IV D 2 - S-7100/12/10003

BFH, Urt. v. 08.09.2011 - V R 43/10, BFHE 235, 501, DB 2012, 442

BFH, Urt. v. 06.12.2007 - V R 61/05, BStBl 2008 II 695

BMF, Schreiben v. 01.04.2009 - IV B 8 - S-7280 a/07/10004, BStBl 2009 I 525

Quelle: StB und Fachanwalt für Steuerrecht Scholz