BFH - Urteil vom 02.09.2021
VI R 47/18
Normen:
FGO § 135 Abs. 1;
Fundstellen:
BB 2022, 22
BFH/NV 2022, 99
Vorinstanzen:
FG Berlin-Brandenburg, vom 11.10.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 4 K 4263/17

Inhaltliche Bestimmtheit eines Lohnsteuer-HaftungsbescheidsPflicht eines Finanzamtes zur Ausübung des eingeräumten Auswahlermessens

BFH, Urteil vom 02.09.2021 - Aktenzeichen VI R 47/18

DRsp Nr. 2021/18807

Inhaltliche Bestimmtheit eines Lohnsteuer-Haftungsbescheids Pflicht eines Finanzamtes zur Ausübung des eingeräumten Auswahlermessens

NV: Die Finanzbehörde übt ihr Auswahlermessen fehlerhaft aus, wenn sie ohne nähere Begründung nur den Arbeitgeber für die Lohnsteuer in Haftung nimmt, obwohl nach den im Streitfall gegebenen Umständen eine Haftung des Geschäftsführers i.S. der §§ 34, 35, 69 AO in Betracht kommt.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 11.10.2018 – 4 K 4263/17 und die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 25.08.2017 sowie der Haftungsbescheid des Beklagten vom 20.08.2015, zuletzt vom 15.05.2019 aufgehoben.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Normenkette:

FGO § 135 Abs. 1;

Gründe

I. Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Lohnsteuer-Haftungsbescheids.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt ein … in der Rechtsform einer GmbH. Im Streitzeitraum (Januar 2011 bis April 2014) beschäftigte sie ca. 200 Angestellte mit überwiegend ausländischer Herkunft, die in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) weder über einen Wohnsitz (§ 8 der Abgabenordnung —AO—) noch einen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) verfügten. Für den Streitzeitraum reichte die Klägerin monatliche Lohnsteuer-Anmeldungen ein.