Zurechnung eines Grundstücks bei der Grunderwerbsteuer

Wann gehört ein Grundstück zum Vemögen einer Gesellschaft? Und wann wird beim Anteilskauf Grunderwerbsteuer fällig? Der BFH hat das für eine sog. Vereinbarungstreuhand geklärt. Demnach richtet sich die Steuerfestsetzung in diesen Fällen ausschließlich nach den Erwerbsvorgängen in § 1 GrEStG. Nicht relevant ist dann eine abweichende Zurechnung des wirtschaftlichen oder zivilrechtlichen Eigentums.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 14.12.2022 (II R 40/20) entschieden, dass bei der Veräußerung oder Übertragung von Grundstücken die Festsetzung der Grunderwerbsteuer ausschließlich von der Zurechnung des Grundstücks nach den Tatbeständen des § 1 Abs. 1–3a GrEStG abhängig ist. 

Eine abweichende Zurechnung des wirtschaftlichen oder des zivilrechtlichen Eigentums ist diesbezüglich nicht maßgeblich.

Sachlage im Streitfall

Die Klägerin ist eine GmbH, welche 100 % der Anteile an einer Gesellschaft DN erwarb, die jeweils selbst mittelbar und unmittelbar an drei GmbHs beteiligt war. 

Die Verkäuferin MG hatte eine Vereinbarungstreuhand mit den GmbHs begründet, nach der die GmbHs einen hohen Anteil der bisher zu ihrem Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter einschließlich des Grundbesitzes für Rechnung und auf Gefahr der MG als Treugeber hielten. 

Für diese Übertragung wurde Grunderwerbsteuer festgesetzt. Mit der Veräußerung der Anteile an der Gesellschaft von MG an DN wurden ebenfalls die Treuhandvereinbarungen auf die Klägerin übertragen.

Das zuständige Finanzamt stellte für die im Eigentum der GmbHs stehenden Grundstücke und Gebäude die Grundstückswerte fest. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Finanzgericht (FG) beantragte die Klägerin die Festsetzung von Grunderwerbsteuer lediglich für die Gebäude. 

Das FG gab der Klage statt, da durch die Kaufvereinbarung grundsätzlich ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG verwirklicht wurde, die Zurechnung jedoch vor dem Veräußerungsstichtag endete, da durch die Treuhandvereinbarungen bereits die Grundstücke übertragen wurden. 

Die Zurechnung der Grundstücke erfolgte somit für grunderwerbsteuerliche Zwecke nicht zu den mittelbar erworbenen GmbHs. Der BFH sah die gegen das Urteil des FG eingelegte Revision als begründet an und hob dieses Urteil auf.

Grunderwerbsteuerliche Zurechnung von Grundstücken

Neben dem „regulären“ Tatbestand für eine Grunderwerbsteuerfestsetzung, nämlich der Veräußerung oder Übertragung eines Grundstücks oder Gebäudes gem. § 1 Abs. 1 GrEStG, wird Grunderwerbsteuer bei den sogenannten Ersatztatbeständen des § 1 Abs. 2a bis Abs. 3a GrEStG beim Übergang von Anteilen an Personen- oder Kapitalgesellschaften für Grundstücke festgesetzt, die im Eigentum der jeweiligen übertragenen Gesellschaften stehen. 

Hat ein Dritter einen Erwerbsvorgang i.S.d. § 1 Abs. 1–3a GrEStG zuvor auf sich verwirklicht, so ist der jeweiligen Gesellschaft, in deren Eigentum das Grundstück zuvor stand, dieses nicht mehr zuzurechnen.

Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall

Nach diesen Grundsätzen war der Klägerin im Streitfall das Grundstück bereits zuzurechnen, da sie zuvor einen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 oder Abs. 2 GrEStG verwirklicht hatte. Es ist in diesem Fall nicht mehr maßgeblich, wem das zivilrechtliche oder wirtschaftliche Eigentum an dem Grundstück zuzurechnen ist. 

Im vorliegenden Fall hat die MG nach den Feststellungen des BFH bereits einen Erwerbsvorgang i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 oder Abs. 2 GrEStG verwirklicht, so dass ihr die Grundstücke für die Zwecke des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG zuzurechnen waren. 

Der DN, von der die Gesellschaftsanteile erworben wurden, waren im Erwerbszeitpunkt die Grundstücke nicht mehr zuzurechnen, so dass auch kein entsprechender Erwerbsvorgang verwirklicht werden konnte.

Praxishinweis

Die Anwendung der Ersatztatbestände des § 1 Abs. 2a–3a GrEStG insbesondere in mehrstufigen Beteiligungsstrukturen kann schnell zu einer entsprechenden Grunderwerbsteuerfestsetzung führen. Das gilt vor allem, wenn in höheren Beteiligungsstufen Anteile an Gesellschaften übertragen werden. 

Steuerpflichtige sollten daher stets auch die mittelbaren Beteiligungsverhältnisse an den Grundstücksgesellschaften überwachen und die Beteiligung an diesen Gesellschaften so strukturieren, dass nicht stets eine Übertragung von über 90 % der Gesellschaftsanteile erfolgt.

BFH, Urt. v. 14.12.2022 - II R 40/20

Erstellt von Christian Kappelmann, StB, M.A., Dipl.-Finw. (FH)

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