Problem

Autor: Prof. Dr. Peter Mann

Bei § 15a UStG handelt es sich um eine sehr komplexe Vorschrift. Sie ist im Gesamtzusammenhang der Vorschriften über den Vorsteuerabzug zu sehen. Der Gesetzgeber ist bestrebt, im Gesamtzusammenhang der Vorschriften des UStG nur den Vorsteuerabzug zu gewähren, der im Zusammenhang mit einer steuerbaren und steuerpflichtigen unternehmerischen Tätigkeit steht. Abgesehen von einigen Ausnahmen (vgl. § 15 Abs. 3 UStG) soll bei der Ausführung von steuerfreien Umsätzen ein Vorsteuerabzug ausgeschlossen sein.

Wegen des Prinzips des Sofortabzugs ist über den Vorsteuerabzug direkt bei Leistungsbezug zu entscheiden. Der Vorsteuerabzug kann entsprechend der beabsichtigten Verwendung gewährt werden. Bei einem Leistungsbezug, der sowohl für die Ausführung von steuerpflichtigen als auch für steuerfreie Ausgangsumsätze verwendet wird, wird der Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 4 UStG in einen abzugsfähigen und einen nichtabzugsfähigen Anteil aufgeteilt. Diese Aufteilung erfolgt im Zeitpunkt des Leistungsbezugs anhand der durch den Unternehmer beabsichtigten Verwendung, sofern keine sofortige Verwendung erfolgt. Das Problem ist, dass durch diese sofortige Entscheidung über den Vorsteuerabzug spätere Änderungen nicht mehr berücksichtigt werden könnten. Beabsichtigt beispielsweise ein Unternehmer, ein angeschafftes Wirtschaftsgut ausschließlich für steuerfreie Ausgangsumsätze zu verwenden, die einen Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 2 UStG ausschließen, kann kein Vorsteuerabzug gewährt werden. Wird der Gegenstand später bei der erstmaligen Verwendung nunmehr doch für steuerpflichtige Ausgangsumsätze verwendet, wäre der Vorsteuerabzug für immer verloren. Hier greift § 15a UStG regulierend ein. Die Vorschrift stellt sicher, dass der Vorsteuerabzug in diesem Fall noch nachträglich gewährt werden kann. Umgekehrt wird der Vorsteuerabzug auch gekürzt, wenn eine spätere Nutzungsänderung zugunsten von steuerfreien Umsätzen erfolgt.

Mit Wirkung zum 01.01.2011 ist ein weiteres Anwendungsfeld des § 15a UStG hinzugekommen. Der Gesetzgeber hat einen § 15a Abs. 6a UStG in das Gesetz eingefügt. Die Änderung steht im Zusammenhang mit der Einführung des § 15 Abs. 1b UStG. Nach dieser Vorschrift ist für gemischt genutzte Grundstücke (Nutzung für Zwecke außerhalb des Unternehmens [private Nutzung] und unternehmerische Nutzung) der Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit die Nutzung in den privaten Bereich fällt. Mit der Vorschrift wurde das sogenannte Seeling-Modell abgeschafft. Bislang konnte ein Unternehmer die gesamte Vorsteuer aus den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten eines Grundstücks bzw. Gebäudes abziehen, sofern die unternehmerische Nutzung mindestens 10 % betrug. Da mit der Neuregelung nur noch die Vorsteuer abziehbar ist, die auf den unternehmerischen Nutzungsanteil entfällt, hat der Gesetzgeber § 15a Abs. 6a UStG geschaffen. Danach liegt eine Änderung der Verhältnisse i.S.d. § 15a UStG auch dann vor, wenn sich die unternehmerische Nutzung eines gemischt genutzten Grundstücks ausweitet. Es erfolgt somit bei Nutzungsänderung eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG. Die Vorsteuer, die wegen § 15 Abs. 1b UStG ursprünglich nicht abzugsfähig war, kann damit im Wege der Vorsteuerkorrektur anteilig geltend gemacht werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass § 15a UStG alle Fälle später erfolgender Verwendungsänderungen eines Leistungsbezugs erfassen soll. Diese Änderungen wirken sich zugunsten und zuungunsten des Vorsteuerabzugsberechtigten aus. § 15a UStG stellt damit sicher, dass während der Nutzungsdauer eines Wirtschaftsguts die Änderungen in der Verwendung Auswirkungen auf den ursprünglichen Vorsteuerabzug haben. Ohne die Vorschrift wäre durch das Prinzip des Sofortabzugs die Gewährung des Vorsteuerabzugs allein vom Zeitpunkt der beabsichtigten oder tatsächlichen ersten Verwendung abhängig. Spätere Veränderungen fänden keine Berücksichtigung. Dies würde zu zufälligen Ergebnissen führen.