Erwerb eines Familienheims und Bewertung durchs Finanzamt

Wann liegt im Erbfall ein steuerfreier Erwerb eines Familienheims vor? Wann werden Grundstücke als wirtschaftliche Einheit bewertet? Soweit das Finanzamt hierüber einen Feststellungsbescheid erlässt, muss nach dem BFH auch dieser Bescheid angefochten werden. Ansonsten ist die Feststellung bindend und kann im Verfahren gegen den Erbschaftsteuerbescheid nicht erfolgreich angegriffen werden.

Mit Urteil vom 23.02.2021 (II R 29/19) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Zuteilung, ob mehrere Flurstücke als wirtschaftliche Einheit zu werten sind, im Feststellungsbescheid des Belegenheitsfinanzamts zu treffen ist. Das Festsetzungsfinanzamt ist an die Entscheidung des Belegenheitsfinanzamts gebunden.

Sachlage im Streitfall

Eine Erblasserin hatte bis zu ihrem Tod in einer Eigentumswohnung in einem Zweifamilienhaus gewohnt. Nach dem Tod der Erblasserin nutzte die Klägerin die Eigentumswohnung zu eigenen Wohnzwecken.

An dieses Grundstück angrenzend lag ein weiteres Flurstück, das ebenfalls im Eigentum der Erblasserin stand. Das Belegenheitsfinanzamt bewertete diese Grundstücke jeweils in getrennten Feststellungsbescheiden.

Das Finanzamt gewährte eine Steuerbefreiung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG jedoch nur für das bebaute Grundstück und setzte die Erbschaftsteuer u.a. auch für das unbebaute Grundstück fest.

In ihrem Einspruch machte die Klägerin geltend, dass das unbebaute Grundstück von der Steuerbefreiung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG umfasst sei. Jedoch hatte der Einspruch ebenso wie die vor dem Finanzgericht eingelegte Klage keinen Erfolg. Die Revision der Klägerin wies der BFH ebenfalls als unbegründet zurück.

Grundstück als Familienheim

Nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG ist der Erwerb eines bebauten Grundstücks von Todes wegen i.S.d. § 181 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 5 BewG durch Kinder, soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert war, steuerfrei, wenn die Wohnung vom Erben unverzüglich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird und die Wohnfläche der Wohnung 200 qm nicht übersteigt.

Für die Feststellung des Grundbesitzwerts sind nach § 152 Nr. 1 BewG die Belegenheitsfinanzämter zuständig. Diese stellen nicht nur den Grundbesitzwert des jeweiligen Grundstücks fest, sondern sie treffen auch die Feststellung, ob ein Grundstück mit einem anderen eine wirtschaftliche Einheit bildet.

Da das Belegenheitsfinanzamt im Streitfall keine wirtschaftliche Einheit zwischen den Grundstücken festgestellt hatte, konnte das Festsetzungsfinanzamt auch nur für das bebaute Grundstück die Steuerbefreiung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG gewähren. An die Feststellung, dass zwei wirtschaftliche Einheiten vorliegen, war das Festsetzungsfinanzamt gem. § 351 AO gebunden.

Praxishinweis

Steuerpflichtige und Steuerberater sollten bei der Festsetzung des Bedarfswerts beachten, dass in diesem Bescheid nicht nur über den Bedarfswert von Grundstücken, sondern auch darüber entschieden wird, inwieweit einzelne Flurstücke als wirtschaftliche Einheit gelten.

Sollten Steuerbefreiungen für das Grundstück einschlägig sein, können diese auch nur für das als Familienheim festgestellte Grundstück und nicht für mehrere Grundstücke angesetzt werden. Falls möglich, sollten Steuerpflichtige bereits im Vorhinein zivilrechtlich eine Zusammenlegung von einzelnen Flurstücken erwägen, damit eine Diskussion mit dem Finanzamt vermieden werden kann.

BFH, Urt. v. 23.02.2021 - II R 29/19


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