Unternehmensnachfolge bei einer Erbengemeinschaft

Wann liegt beim Tod eines Unternehmers eine Betriebsaufgabe vor? Und wann eine Betriebsunterbrechung? Der BFH hat entschieden, dass eine Betriebsunterbrechung auch bei sehr langer Zeitdauer möglich ist - ebenso in Fällen, wo wesentliche Betriebsgrundlagen von einer Erbengemeinschaft gehalten werden. Die Erbengemeinschaft gilt mit Übertragung aller ihrer Anteile auf eine Person als „vollbeendet“.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner aktuellen Entscheidung vom 21.12.2021 (IV R 13/19) seine Grundsätze zur Betriebsunterbrechung beim Tod eines Unternehmers weiterentwickelt.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Der Unternehmer W gründete bereits in den 1930er-Jahren einen Brotgroßhandel und erwarb dazu mehrere Immobilien. Nach dem Verkauf des Brotgroßhandels verpachtete W die Immobilien an andere Unternehmen.

W erklärte seit dem Verkauf des Brothandels Einkünfte aus der Vermietung der Immobilien als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Nach dem Tod des W erbte dessen Ehefrau L die Immobilien, nach deren Tod wurden ihre Kinder Erben.

Im Streitzeitraum bestand die Erbengemeinschaft nach L aus sechs Mitgliedern. Die Erbengemeinschaft nach L erklärte gegenüber dem Finanzamt (FA) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und schließlich die Aufgabe der Betriebsverpachtung.

Etwas später wurden die Anteile an der Erbengemeinschaft nach L veräußert. Das FA ging von gewerblichen Einkünften der Erbengemeinschaft und einem Veräußerungsgewinn aus. Einspruch und Klage der Erben blieben erfolglos. Der BFH folgte dem.

Die Frage der Betriebsunterbrechung

Die Einstellung des Betriebs kann als Betriebsunterbrechung zu beurteilen sein, die den Fortbestand des Betriebs unberührt lässt. Wird in diesen Fällen die Betriebsaufgabe nicht eindeutig gegenüber dem FA erklärt, so ist von der Absicht auszugehen, den unterbrochenen Betrieb künftig wieder aufzunehmen, sofern die Fortsetzung des Betriebs mit den zurückbehaltenen Wirtschaftsgütern objektiv möglich ist.

Für die Annahme eines ruhenden Gewerbebetriebs müssen demnach sämtliche für die Fortsetzung wesentlichen Betriebsgrundlagen zurückbehalten werden und dürfen nicht entscheidend umgestaltet worden sein.

Werden nur Betriebsgrundstücke zurückbehalten, liegt eine Betriebsunterbrechung nur dann vor, wenn die Grundstücke die alleinige wesentliche Betriebsgrundlage darstellen.

Dies kann für Betriebe des Groß- und Einzelhandels bejaht werden, da das jederzeit wieder zu beschaffende Inventar und andere Gegenstände des Anlagevermögens nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören. Ein Ruhen des Betriebs im Sinne einer Unterbrechung des Betriebs setzt voraus, dass dieser Zustand zeitlich begrenzt ist.

Für die Frage, innerhalb welchen Zeitraums der Betrieb wieder aufzunehmen ist, kann keine feste zeitliche Grenze festgelegt werden. Abzustellen ist auf die Umstände des Einzelfalls.

Es steht der Annahme einer Betriebsunterbrechung nicht entgegen, dass der bisherige Betriebsinhaber verstorben ist, wenn die wesentlichen Betriebsgrundlagen von einem Erben oder einer Erbengemeinschaft gehalten werden.

Der Tod eines Einzelunternehmers alleine führt weder zu einer Betriebsaufgabe noch geht sein Betriebsvermögen durch den Erbfall in das Privatvermögen der Erben(-gemeinschaft) über.

Unschädlich für die Annahme einer Betriebsunterbrechung in Gestalt eines ruhenden Gewerbebetriebs ist es auch, wenn der Pächter eines verpachteten Grundstücks dieses aus Sicht des ruhenden Betriebs branchenfremd nutzt.

Nach Ansicht des BFH erlaubten die von W und der Erbengemeinschaft nach L gehaltenen Immobilien aufgrund ihrer Gestaltung, identitätswahrend einem Betrieb des Brothandels zu dienen.

Auch die Tatsache, dass ein außergewöhnlich langer Zeitraum von über 60 Jahren zwischen dem Verkauf durch W und dem durch die Erbengemeinschaft liegt, sieht der BFH nicht als hinderlich an, um eine bloße Betriebsunterbrechung anzunehmen. Da die Erbengemeinschaft selbst die Betriebsaufgabe erklärt hatte, führte dies im Streitzeitraum zu einem Veräußerungsgewinn.

Praxishinweis: Mit dieser Entscheidung hat der BFH festgestellt, dass eine Erbengemeinschaft mit Übertragung ihrer gesamten Anteile auf eine einzige Person vollbeendet ist. Dabei steht ein außergewöhnlich langer Zeitraum der Annahme einer Betriebsunterbrechung nicht entgegen. Ebenso wenig steht es der Annahme einer Betriebsunterbrechung entgegen, dass der bisherige Betriebsinhaber verstorben ist, wenn die wesentlichen Betriebsgrundlagen von den Erben gehalten werden.

 

BFH, Urt. v. 21.12.2021 - IV R 13/19

Erstellt von Axel Scholz, RA und StB, FA für Steuerrecht

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