Mandanteninformation -

Grundsatz der Schuldenberichtigung hat Vorrang!

Tragen Sie sich mit dem Gedanken, Ihre Arztpraxis zu veräußern oder aufzugeben? Dann sollten Sie sich insbesondere dann, wenn die Praxis noch verschuldet ist, der einkommensteuerlichen Konsequenzen bewusst sein. Denn ob die nach der Veräußerung oder Aufgabe anfallenden Schuldzinsen als nachträgliche Betriebsausgaben oder als nichtabziehbare private Schuldzinsen zu qualifizieren sind, hängt davon ab, ob die Verbindlichkeiten ganz oder teilweise durch den Veräußerungserlös oder die Verwertung der zurückbehaltenen aktiven Wirtschaftsgüter (z.B. Praxisinventar) hätten getilgt werden können. Schuldzinsen, die aus den Restdarlehen resultieren, können dann als nachträgliche Betriebsausgaben abgezogen werden. 

Aber wie liegt der Fall, wenn sich die Tilgung der Verbindlichkeiten hinauszögert? In einem Rechtsstreit hatte eine Chefärztin wegen der Aufgabe ihrer freiberuflichen Praxis eine Abfindungszahlung erhalten, die sie zunächst in Wertpapieren anlegte. Erst nachdem sie sich mit der Bank über die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung einigte, tilgte sie das betriebliche Darlehen.

Die Richter versagten den Betriebsausgabenabzug für die Vorfälligkeitsentschädigung und die nach der Betriebsaufgabe angefallenen Schuldzinsen und verwiesen auf den Grundsatz des Vorrangs der Schuldenberichtigung. Zwar bestünden Ausnahmen von diesem Grundsatz beim Vorliegen von

  • Auszahlungshindernissen hinsichtlich des Veräußerungserlöses,
  • Verwertungshindernissen hinsichtlich des zurückbehaltenen Aktivvermögens,
  • Rückzahlungshindernissen hinsichtlich des zurückbehaltenen Aktivvermögens oder
  • ungewissen Verbindlichkeiten.

Rein wirtschaftliche Überlegungen wie die Minderung des Vorfälligkeitsentgelts und die auf diese Weise hinausgezögerte Darlehenstilgung seien nicht geeignet, eine Abweichung vom Grundsatz des Vorrangs der Schuldenberichtigung bei ausreichendem Aktivvermögen ohne entgegenstehende tatsächliche und/oder rechtliche Hindernisse zu rechtfertigen.

FG Niedersachsen, Urt. v. 16.03.2010 – 12 K 10235/07

Quelle: Redaktion Steuern - vom 11.10.10