Rückwirkender Teilwertansatz bei Sperrfristverstoß

Wann ist ein Teilwertansatz bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern vorzunehmen? Der BFH hat die Anwendbarkeit der Sperrfristregelung des § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG eingeschränkt. Ein rückwirkender Ansatz des Teilwerts scheidet demnach aus, wenn die Anteilsübertragung innerhalb der Sperrfrist letztlich zu einer Aufdeckung der stillen Reserven in den zuvor eingebrachten Wirtschaftsgütern führt.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 18.08.2021 (XI R 43/20) entschieden, dass der rückwirkende Teilwertansatz aufgrund eines Sperrfristverstoßes nach § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG nicht vorzunehmen ist, wenn durch die Veräußerung der Anteile innerhalb der Sperrfrist die stillen Reserven an dem zuvor nach § 6 Abs. 5 EStG übertragenen Wirtschaftsgut ohnehin aufgedeckt werden.

Sachlage im Streitfall

Die Klägerin war als GmbH sowohl an der S-GmbH & Co. KG als auch an deren Komplementär-GmbH beteiligt. Im Jahr 2014 brachte die Klägerin mehrere Wirtschaftsgüter zu Buchwerten nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG zur Erbringung ihrer Kommanditeinlage in die S-GmbH & Co. KG ein.

Die Klägerin veräußerte einen Teil der Anteile an der S-GmbH & Co. KG im Folgejahr an die Z-KG.

Nach Abschluss einer Außenprüfung bei der S-GmbH & Co. KG war die Betriebsprüfung der Auffassung, dass durch die Weiterveräußerung der Anteile an der S-GmbH & Co. KG die Sperrfrist nach § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG verletzt worden sei und daher die anteiligen stillen Reserven in Höhe der übertragenen Anteile aufzudecken seien.

Dementsprechend seien die übertragenen Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert anzusetzen und ebenfalls in der entsprechenden Höhe auch die Anschaffungskosten der Klägerin zu erhöhen.

Die Klägerin wandte sich gegen die nach der Betriebsprüfung erlassenen Bescheide mit der Begründung, dass § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG in dem Zusammenhang teleologisch zu reduzieren sei, da eine Aufdeckung der stillen Reserven im Rahmen der entgeltlichen Veräußerung ohnehin erfolgt.

Diese Klage hatte vor dem Finanzgericht (FG) Erfolg. Auch der BFH wies die Revision des Finanzamts als unbegründet zurück.

Sperrfristverletzung nach § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG

Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG können Wirtschaftsgüter zu Buchwerten zwischen Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen übertragen werden, wenn die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist.

Dies gilt nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG entsprechend, wenn ein Wirtschaftsgut unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten aus einem Betriebsvermögen des Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft übertragen wird.

Wird jedoch das zuvor nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG übertragene Wirtschaftsgut innerhalb von sieben Jahren nach der Übertragung veräußert oder entnommen, so ist rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung statt dem bisherigen Buchwertansatz der Teilwert anzusetzen.

Der rückwirkende Teilwertansatz erfolgt zudem gem. § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG auch bei zuvor übertragenen Wirtschaftsgütern, wenn der Anteil einer anderen Körperschaft an dem Wirtschaftsgut begründet wird oder er sich erhöht.

Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall

Im Streitfall wurde das zuvor eingelegte Wirtschaftsgut weder veräußert noch entnommen. Dagegen wurde jedoch der mittelbare Anteil der Z-KG durch den Erwerb der Anteile an der S-GmbH & Co. KG begründet.

Die Voraussetzungen für den rückwirkenden Teilwertansatz nach § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG sind somit grundsätzlich nach der Auffassung des FG und des BFH erfüllt, da eine andere Körperschaft einen mittelbaren Anteil an den zuvor übertragenen Wirtschaftsgütern erlangt hat.

Nach Auffassung des BFH und des FG ist die Norm § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG jedoch insoweit nicht einschlägig, da der Erwerb der Anteile der Z-KG zu einem marktüblichen Preis erfolgte und somit die Anteile an den übertragenen Wirtschaftsgütern zum gemeinen Wert erworben wurden. Die Aufdeckung der anteiligen stillen Reserven erfolgte somit bereits über die Versteuerung des Kaufpreises.

Praxishinweis: Die teleologische Reduktion des BFH ist grundsätzlich nachvollziehbar. Die Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG in derartigen Situationen würde in solchen Fällen lediglich zu einer Periodenverschiebung führen, da bei dem rückwirkenden Teilwertansatz ebenfalls die Anschaffungskosten der Gesellschaft erhöht würden.

Es ist daher nachvollziehbar, dass eine Anwendung der Norm § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG lediglich in den Fällen in Betracht kommt, in denen die Erlangung eines mittelbaren Anteils nicht zum gemeinen Wert erfolgte.

BFH, Urt. v. 18.08.2021 - XI R 43/20

Quelle: Christian Kappelmann, StB, M.A., Dipl.-Finw. (FH)

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