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Ausbildung und Werbungskosten

Wem innerhalb eines Dienstverhältnisses Kosten für eine Ausbildung entstehen, kann diese Aufwendungen als vorweggenommene Werbungskosten geltend machen. Nach einem aktuellen Urteil des FG Münster steht dem in diesem Fall nicht das Abzugsverbot für Kosten einer Erstausbildung entgegen. Im entschiedenen Fall ging es um Aufwendungen im Rahmen der Pilotenausbildung einer Fluggesellschaft.

Aufgrund eines Schulungsvertrages absolvierte der Kläger von 2005 bis 2007 eine Flugzeugführer-Ausbildung nach dem Standard der M-AG bei der im gleichen Konzern befindlichen M-GmbH. Während der Ausbildungszeit erhielt der Kläger keine steuerpflichtigen Geldleistungen, vielmehr musste er einen Eigenanteil von ca. 40.000 €, zwölf Monate nach Ausbildungsbeginn an die GmbH zahlen. Den Rest übernahm die M-AG und gewährte dem Kläger zudem ein zins- und tilgungslos Darlehen in Höhe seines Eigenanteils bis zum tatsächlichen Ausbildungsabschluss.

Der Kläger beantragte beim Finanzamt für seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für 2005 und 2006 die Anerkennung von insgesamt ca. 70.000 € als vorweggenommene Werbungskosten inklusive eines entsprechenden Verlustvortrags. Nach Ablehnung des Finanzamts und erfolglosem Einspruchsverfahren legte der Pilot Klage vor dem FG Münster ein.

Das FG gab der Klage statt, weil die geltend gemachten Aufwendungen vorab entstandene Werbungskosten darstellen. Derartige Werbungskosten sind dann anzuerkennen, wenn sie in einem hinreichend konkreten objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen. Aufgrund des  Schulungsvertrags  mit der M-GmbH erhielt der Pilot die Berechtigung, mit dem M-Konzern ein Beschäftigungsverhältnis einzugehen und somit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erzielen.

Der Schulungsvertrag gilt als Arbeitsvertrag

Auch wird die Geltendmachung der vom Piloten selbst getragenen Ausbildungskosten weder durch die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG noch durch § 12 Nr. 5 EStG verhindert. Nach der Rechtsprechung des BFH vom 28.07.2011 ist ein Werbungskostenabzug vorrangig gegenüber den Aufwendungen als Sonderausgaben.

Die Sperrwirkung des § 9 Abs. 6 EStG greift nicht, weil der Schulungsvertrag als Arbeitsvertrag anzusehen ist und die Aufwendungen für die Erstausbildung somit im Rahmen eines Dienstverhältnisses entstanden sind. Derartige Aufwendungen sind in Verbindung mit Dienstverhältnissen typischerweise Werbungskosten. Das Vorliegen eines Dienstverhältnisses steht deshalb unzweifelhaft fest, weil nach dem Schulungsvertrag der Kläger auch gewisse arbeitsrechtliche Pflichten wie z.B. die Teilnahme an Ausbildungsmaßnahmen und Prüfungen hatte.

Zudem ist nach § 1 Abs. 2 LStDV die Zahlung eines Entgelts durch den Arbeitgeber nicht begriffsnotwendig. Selbst wenn man davon ausginge, dass die teilweise Kostentragung durch die M-AG der vollen Abzugsfähigkeit der eigenen Kosten als Werbungskosten durch Gegenrechnung von Sachbezügen entgegenstünde, ist im vorliegenden Fall ein Sachbezug von diesem Dritten nicht gegeben. Für die M-AG ist diese Kostenbeteiligung nämlich objektiv und überwiegend eine Akquisitionsmaßnahme zur Sicherung ihres eigenen Pilotennachwuchses.

Aktuelle FG-Rechtsprechung

Diese Rechtsprechung des FG Münster bestätigt auch die entsprechenden Rechtsauffassung der FG Berlin-Brandenburg vom 14.05.2014 und Baden-Württemberg vom 26.11.2012, die zusätzlich die Verfassungsmäßigkeit des § 9 Abs. 6 EStG hinsichtlich  der Abzugsfähigkeit nur innerhalb eines Dienstverhältnisses aussprechen.

Praxishinweis

Endlich scheint Rechtssicherheit im Bereich der Erstausbildung innerhalb eines Dienstverhältnisses einzukehren. Insbesondere wenn der Auszubildende die Kosten selbst trägt, empfiehlt sich private Erstausbildungen in ein Dienstverhältnis einzubinden, um die Abzugsfähigkeit aus den einkunftslosen Ausbildungszeiten über den Verlustvortrag in die Zeiten der Einnahmeerzielung überzuleiten.

FG Münster, Urt. v. 04.04.2014 – 14 K 4281/11 F
FG Baden-Württemberg, Urt. v. 26.11.2012 – 10 K 4245/22
FG Berlin-Brandenburg, Urt. v.14.05.2014 – 1 K 1287/11
BFH, Urt. v. 28.07.2011 – VI R 8/09

Quelle: Rechtsanwalt und Dipl.-Finanzwirt Horst Schirrmann