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Keine doppelte Haushaltsführung bei neuem Lebensmittelpunkt

Wenn Eheleute am gemeinsamen Beschäftigungsort eine familiengerechte Wohnung haben, kann nach einem aktuellen Urteil des FG München steuerlich keine doppelte Haushaltsführung geltend gemacht werden. Dies gilt auch dann, wenn der ursprüngliche Wohnsitz beibehalten wird. Dass sich der tatsächliche Lebensmittelpunkt an den Beschäftigungsort verlagert hat, kann aus den Umständen geschlossen werden.

Das FG München hat entschieden, dass sich der steuerliche Lebensmittelpunkt bei Eheleuten, die beide am gleichen Beschäftigungsort arbeiten, vom ursprünglichen Wohnsitz an den gemeinsamen Beschäftigungsort verschieben kann. Das ist dann der Fall, wenn die beiden Wohnungen ungefähr gleichwertig sind und am ersten Wohnsitz keine minderjährigen Kinder wohnen. 

Im Streitfall war ein Ehepaar in den Jahren 2010 und 2011 insgesamt etwa 60 Mal zwischen dem gemeinsamen Haus im thüringischen Eisenach und der gemeinsam bewohnten Dreizimmerwohnung in Süddeutschland gependelt, wo beide Ehepartner berufstätig waren. Die Kosten für diese Fahrten wollten die Eheleute mit der Begründung als Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung geltend machen, dass auch der 1990 geborene Sohn im 500 km entfernten Eisenach wohnte. Die Eheleute gaben auch an, dort weiterhin ihren Freundes- und Verwandtenkreis zu haben und Freizeitaktivitäten nachzugehen. Das Finanzamt erkannte jedoch die doppelte Haushaltsführung nicht an, weil sich der Lebensmittelpunkt von Thüringen nach Bayern verlagert habe.

Das FG München wies die Klage dagegen mit der Begründung ab, dass erhöhte Werbungskosten aus beruflichem Anlass nur dann entstehen können, wenn eine doppelte Haushaltsführung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG vorliegt.
Ein Ersthausstand ist grundsätzlich der Ort, an dem sich der Arbeitnehmer - abgesehen von Zeiten der Arbeitstätigkeit und gegebenenfalls Urlaubsfahrten - hauptsächlich aufhält. Es reicht für einen Ersthausstand nicht aus, wenn eine Wohnung außerhalb des Beschäftigungsorts für gelegentliche Besuche oder Ferienaufenthalte vorgehalten wird.

Umstände des Einzelfalls entscheidend

Anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls ist der Ersthausstand dort, wo der Mittelpunkt des Lebensinteresses liegt. Dieser Lebensmittelpunkt ist bei verheirateten Arbeitnehmern dort, wo der Ehepartner und die minderjährigen Kinder wohnen. Er wird vom Ersthausstand wegverlagert, wenn der Arbeitnehmer am Beschäftigungsort eine familiengerechte Wohnung hat.

Das FG München begründete seine Überzeugung wie folgt:

  1. Mit der Dreizimmerwohnung in Lindau (Bayern) stand eine familiengerechte Wohnung zur Verfügung.
  2. Das Eheleben in Lindau orientierte sich nicht mehr an dem in Thüringen studierenden volljährigen Sohn, sondern am gemeinsamen Berufsleben in Bayern, da beide Ehepartner unbefristet angestellt waren und in Lindau ihren allgemeinen Wohnsitz angemeldet hatten.
  3. Von den geltend gemachten Familienheimfahrten wurde nur ein Teil detailliert anhand von Unterlagen nachgewiesen, der Rest stand zudem im Widerspruch zu der Gesamtfahrleistung des eigenen Kfz des Ehemanns.
  4. Die Eheleute konnten den Fortbestand des Ersthausstandes auch nicht durch Kontoauszüge oder Kreditkartenzahlungen belegen, weil der genaue Verwendungszweck geschwärzt war und Einsatztage der Karten nicht alle Wochenenden betrafen.

Praxishinweis

Die doppelte Haushaltsführung bei Eheleuten, die am gleichen auswärtigen Ort beschäftigt sind, ist nur in wenigen Ausnahmefällen möglich.
Der Beweis außergewöhnlicher Umstände, die eine doppelte Haushaltsführung begründen ist gegenüber dem Fiskus zwar möglich, die Beweisführung muss jedoch lückenlos und ohne innere Widersprüche sein. Verletzt der Steuerpflichtige dabei seine Mitwirkungspflicht, kann das Gericht eigene Wahrscheinlichkeitserwägungen anstellen.

FG München, Urt. v. 08.05.2014 - 15 K 2474/12

Quelle: Rechtsanwalt und Dipl.-Finanzwirt Horst Schirrmann