Betriebsprüfung (Teil 2): Handlungsmöglichkeiten, wenn der Prüfer erscheint

Betriebsprüfer sollen einerseits eine zutreffende Steuer festsetzen und sind andererseits nach § 10 BPO verpflichtet, bei zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Straftat die für die Bearbeitung dieser Straftat zuständige Stelle unverzüglich zu unterrichten.

Dies im Hinterkopf sollte überlegt werden, wie die optimale Kommunikation und das Verhalten dem Prüfer gegenüber ablaufen sollte, um steuerlich ein optimales Ergebnis zu erzielen.

Ferner sollten dem Steuerpflichtigen die strafrechtlichen Risiken bewusst sein und wie nach Einleitung eines Strafverfahrens weiter zu reagieren ist.

Rechte und Pflichten bei der Betriebsprüfung

Grundsätzlich sollte bereits im Vorfeld der Prüfung festgelegt werden, welche Person bzw. welche Personen die Anfragen des Prüfers bearbeiten und mit diesem kommunizieren. Andere Mitarbeiter sollten dann tunlichst auf diese Kollegen bei Rückfragen verweisen.

Den rechtlichen Rahmen einer Außenprüfung bilden die §§ 193 bis 207 AO sowie die Vorschriften der BPO, natürlich flankiert durch allgemeine steuerliche Pflichten, wie die Mitwirkungspflichten bzw. die erhöhten Mitwirkungspflichten bei Auslandssachverhalten nach § 90 Abs. 1 und Abs. 2 AO, die Buchführungs-/Aufzeichnungspflichten nach §§ 140 ff. AO sowie die Pflichten zur Abgabe von Steuererklärungen nach § 149 AO.

Kommt der Steuerpflichtige seinen Mitwirkungspflichten nicht nach, so kann das Finanzamt nach §§ 328, 329 AO beispielsweise ein Zwangsgeld oder Verzögerungsgeld nach § 146 Abs. 2b AO festsetzen, einen Verspätungszuschlag nach § 152 AO erheben, Betriebsausgaben steuerlich nicht anerkennen oder Besteuerungsgrundlagen schätzen, §§ 160, 162 AO.

Steuerpflichtige haben jedoch nicht nur Pflichten, sondern dürfen auch ihre Rechte geltend machen. Zu Beginn der Prüfung hat sich der Prüfer zunächst durch Vorlage seines Dienstausweises nach § 198 AO auszuweisen.

Darüber hinaus ist der Steuerpflichtige gem. § 199 Abs. 2 AO während der Außenprüfung über die festgestellten Sachverhalte und die möglichen steuerlichen Auswirkungen zu unterrichten, wenn dadurch Zweck und Ablauf der Prüfung nicht beeinträchtigt werden.

Tipp: Zwar sind Steuerpflichtige umfassend zur Mitwirkung verpflichtet. Diese Mitwirkungspflichten gelten nicht unbegrenzt, wie z.B. bei der Begrenzung des Betretungsrechts. Zwar ist der Prüfer ermächtigt, nach § 200 Abs. 2 AO Grundstücke und Betriebsräume zu betreten und zu besichtigen. Eine Durchsuchung der Geschäftsräume ist jedoch nicht davon gedeckt. Ebenfalls dürfen keine Privaträume ohne dessen Zustimmung betreten werden. Dazu benötigt der Prüfer eine richterliche Anordnung (vgl. Intemann in Koenig, AO, 3. Aufl., § 200 Rdnr. 55 ff.).

Verdacht der Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung

Ergibt sich für den Prüfer der Verdacht einer Steuerstraftat, so hat er unverzüglich die Bußgeld- und Strafsachenstelle (BuStra) zu unterrichten. Dabei besteht bei einem steuerlichen Mehrergebnis nicht automatisch der Anfangsverdacht einer Steuerhinterziehung (vgl. Webel/Wähnert, NWB 2014, 3324 ff.).

Wird der Anfangsverdacht bestätigt, so ist ein Strafverfahren einzuleiten. Auch falls eine Mitteilung unterbleiben sollte, zeigt sich spätestens anhand der eingeleiteten Maßnahmen wie Vernehmungen, Beschlagnahmungen, Durchsuchungen oder auch Haftbefehl, dass das Strafverfahren eingeleitet ist (vgl. Webel/Wähnert, NWB 2014, 3324 ff.).

Nach Einleitung des Strafverfahrens, welche dem Steuerpflichtigen mitzuteilen ist, ändern sich die Rechte und Pflichten der Beteiligten. Zwar ist der Steuerpflichtige immer noch zur Mitwirkung verpflichtet. Zwangsmittel zur Durchsetzung der Pflichten sind jedoch nach § 393 Abs. 1 Satz 2 AO unzulässig, wenn der Steuerpflichtige sich hierdurch belasten könnte.

Im Strafverfahren gilt, dass sich der Steuerpflichtige nicht selbst belasten darf.

Tipp: Macht der Steuerpflichtige Angaben, ohne zuvor über die Einleitung des Strafverfahrens belehrt worden zu sein, so sind die von ihm gemachten Angaben im Strafverfahren unverwertbar. Dabei ist der Steuerpflichtige so lange in Unkenntnis der Einleitung des Strafverfahrens, wie diese nicht positiv bekannt geworden ist, beispielsweise durch eine Mitteilung nach § 397 Abs. 3 AO (Joecks in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, Rdnr. 151 ff.). Auch wenn noch kein Anfangsverdacht vorliegt, sich aber während einer Außenprüfung zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat ergeben, deren Ermittlung der Finanzbehörde obliegt, so ist nach § 10 BPO die für die Bearbeitung dieser Straftat zuständige Stelle unverzüglich zu unterrichten. Dies gilt auch, wenn lediglich die Möglichkeit besteht, dass ein Strafverfahren durchgeführt werden muss. In der Praxis relevant ist somit die Frage, ab wann ein Strafverfahren einzuleiten ist. Ist eine Einleitung unterblieben, so können die erlangten Informationen zu einem strafprozessualen Verwertungsverbot führen.

Das Ende der Betriebsprüfung

Grundsätzlich ist das Ergebnis einer Außenprüfung mit dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer Schlussbesprechung nach § 201 Abs. 1 AO zu erörtern. Unter Umständen ist nach § 201 Abs. 2 AO darauf hinzuweisen, dass aufgrund der Beurteilung der Prüfungsfeststellungen ein eigenständiges Straf- oder Bußgeldverfahren durchgeführt werden kann.

Tipp: Die Schlussbesprechung dient zum einen dazu, eine einvernehmliche Beurteilung der getroffenen Feststellung zu erreichen. Sie bietet aber auch für den Steuerpflichtigen oder den steuerlichen Berater die Chance, etwaige aufgetretene steuerstrafrechtliche Probleme gleich mit zu diskutieren. Deswegen sollte darauf hingewirkt werden, dass neben dem Sachgebietsleiter der Betriebsprüfung und dem Veranlagungsbeamten auch ein Vertreter der BuStra teilnimmt. Besteht Ungewissheit über einen verwirklichten Sachverhalt, so kann der Abschluss einer tatsächlichen Verständigung in Betracht kommen. Dabei kommt es zu einer Vereinbarung zwischen dem zuständigen Finanzamt und dem Steuerpflichtigen über Tatsachen, die hinsichtlich eines bereits verwirklichten Sachverhalts Grundlage der zu zahlenden Steuer sind und deren Verwirklichung für wahrscheinlich gehalten wird (Randt in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, Rdnr. 151 ff.). Wichtig ist, dass eine tatsächliche Verständigung für das Strafverfahren kein Geständnis darstellt, da in beiden Verfahren unterschiedliche Beweislastregeln gelten (Randt in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, Rdnr. 151 ff.). Hier sollte zeitgleich versucht werden, im Rahmen einer Gesamtlösung eine Einigung mit dem Vertreter der BuStra zu erzielen. Regelmäßig kann im Rahmen der Schlussbesprechung auch die Einstellung des Verfahrens erreicht werden. Beispielsweise kann bei Geringfügigkeit von der Verfolgung nach § 153 Abs. 1 StPO abgesehen werden oder eine Einstellung des Verfahrens unter Auflagen und Weisungen nach § 153a Abs. 1 StPO erfolgen (ausführlich dazu: Wilke, DStR 2018, 108 ff.).

Fazit:

Einvernehmliche Beendigung von Verfahren als Lösungsversuch Die Betriebsprüfungspraxis zeigt, dass es häufig zu unklaren Sachverhalten im Besteuerungsverfahren und einem (zumindest teilweise) vorwerfbaren Verhalten im Steuerstrafverfahren kommen kann.

Hier sollten Sie versuchen, beide Verfahren zeitgleich beizulegen. Zwar gilt der Grundsatz, dass sich Straffreiheit in unserem Rechtsstaat nicht kaufen lässt, allerdings können im Rahmen der rechtlichen Grenzen häufig unklare Sachverhalte aufgrund von Effizienzüberlegungen und der Aussicht auf mögliche langwierige Verfahren einvernehmlich beendet werden.

Volker Küpper, Steuerberater, Dipl.-Volkswirt

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